Culture eats Scrum for breakfast, SAFe for lunch and DevOps for dinner [1]

Agile Methoden verhalten sich wie Saatkörner. Fallen sie auf fruchtbare Erde – eine gute Unternehmenskultur – entfalten sie ihre Wirkung. Handkehrum verdorrt in einem kargen Boden das beste Saatgut.

Warum «passiert» bei einer Scrum oder SAFe Einführung der kulturelle Wandel nicht von selbst? Schliesslich sind Dailys, Retros und PI-Planings für Organisationswandel gemacht. Schliesslkich geht es darum, dass sich Teams selbst organisieren, schnell Feedback geben und sich reflektieren. Liegt es daran, dass wir die agilen Methoden nicht richtig anwendet? Oder gibt es andere Gründe, warum agil in verschiedenen Organisationen unterschiedlich gut funktioniert?

Ich bin der Ansicht, dass die 10-Regel für Fehlerkosten [2] auch für die Unternehmenskultur gilt. Fehleinschätzungen am Anfang potenzieren sich und verhindern, dass sich das agile Mindset entfaltet.

Meine drei «Lieblings-Fehleinschätzungen» sind Gegenstand dieses Blogs:

Fehleinschätzung Nummer eins:
Wir holen uns einen angesagten Agil Coach, der wird Agilität für uns rocken.

Berater sind keine quasi «Harry Potters». Den SAFe-Zauberstab schwingen und die Organisation agil «machen» funktioniert leider nicht. Die Wahrheit des Projektmanagement-Credos «Mache Beteiligte zu Betroffenen» holt uns immer ein. Genau genommen gibt es in der Agilität eine Kür: «Mache Betroffene zu Beteiligten». Damit ist gemeint: Wer entscheidet, muss die Wirkung daraus spüren – im Positiven wie im Negativen [3]. Um das zu erreichen, braucht zu allererst einen Mindshift. Dafür braucht es einen Mindshift und Eigenverantwortung. Wenn einfach der Externe übernimmt, lehnt sich die Belegschaft zurück, warten bis das Beraterbudget aufgebraucht ist und macht weiter wie bisher.

Fehleinschätzung Nummer zwei:
Alle haben nur darauf gewartet, dass die agile Transformation kommt.

Menschen finden Veränderungen mehrheitlich schwierig. Ein markanter Teil unserer Arbeit ist dafür zu sorgen, dass nicht wegen, sondern trotz der Rahmenbedingungen bei unserem Arbeitgeber die Arbeit gemacht ist. Ist die agile Transformation wirklich das Heilmittel für alle unsere bisherigen Probleme? Und warum wundert es uns, dass der eine oder andere verhalten reagiert? Argwohn gegen Veränderungen zeugt oft viel mehr von gesundem Menschenverstand als von Widerstand.
Management und Berater:innen tun gut daran dem Bisherigen Wertschätzung entgegenbringt. Die Grundhaltung ‘bis jetzt war alles schlecht und nun wird alles besser’ kann ins Auge gehen.  Agile Arbeitsweisen müssen sich im Alltag erst beweisen.
Agile Transformation gelingt besser, wenn «echte» Probleme im Fokus stehen. Probleme sind interessante Phänomene: Eine Gruppe von Menschen erachtet einen Zustand als unerwünscht UND als veränderbar. Ein «echtes Probleme» hat folglich zwei Eigenschaften: Alle Betroffenen sind sich einig, was sie genau verändern wollen. Und genauso wichtig: Sie sind davon überzeugt, dass die Veränderung möglich ist. Klingt trivial, ist es aber nicht. Hand ans Herz: Wollen wirklich alle Transparenz? Wie ist das genau mit der Priorisierung? Die nette Kollegin von der anderen Abteilung kommt immer direkt zu mir. Es fühlt sich doch viel besser an,  wenn ich mich um ihr Anliegen sofort kümmere, anstatt ein Ticket aufzumachen.

Fehleinschätzung Nummer drei:

Scrum, SAFe & CO ist ein «IT-Ding».

Der Clou von SCRUM, SAFe & CO ist gemeinsam eine Wertkette zu bearbeiten. Die Betonung liegt auf ‘gemeinsam’ und ‘arbeiten’. Zwei Verhaltensweisen funktionieren nämlich gar nicht:
  • Das Business denkt sich etwas aus, das die IT umsetzen soll. Ob die IT in der Umsetzung agil arbeitet oder nicht, kümmert das Business nicht.
  • Die agile Transformation zielt auf die Selbstoptimierung der IT ab.

Agilität ist alles andere als ein «IT-Ding». IT wird in den meisten Branchen zum Produktionsfaktor. Der Druck zur Digitalisierung steigt im gleichen Tempo wie die Unsicherheiten. IT als Supportfunktion funktioniert in diesem Setting nicht mehr. Im Grunde geht es daher bei der agilen Transformationen um viel mehr als neue Methoden für die Software-Entwicklung. Agilität bedeutet einen Paradigma-Wechsel. Es ist Chefsache diesen zu gestalten und die Unternehmenskultur determiniert die Wirkung. Oder in den Worten der Autorin Libby Sartain: «Wenn eine Marke nicht im Inneren lebt, kann sie auch im Äußeren nicht gedeihen.»

Anmerkungen

[1] Der Titel ist angelehnt an ein Zitat, das dem Management-Vordenker Peter Drucker zugeschrieben wird. Er war der Ansicht, dass die Organisationskultur auf den Unternehmenserfolg mehr wirkt als eine ausgeklügelte Strategie. Das Original lautet “Culture eats strategy for breakfast”

[2] Die 10-Regel ist nachzulesen in https://www.sixsigmablackbelt.de/fehlerkosten-10er-regel-zehnerregel-rule-of-ten/

[3] Der Ansatz kommt aus dem Viable Systems Model, nachzulesen in «Die dritte Dimension des Organisierens: Steuerung und Kommunikation» von Martin Pfiffner

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Eva Prader

Eva Prader ist Partner der Firma AES Concepts und blogt aus dem CAS DevOps Leadership and Agile Methods.

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