Künstliche Intelligenz – stehen wir kurz vor einem Kontrollverlust?

In den letzten Jahren schreitet die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) in rasantem Tempo voran. Spätestens seit ChatGPT von OpenAI ist KI fassbar geworden und in aller Munde. Das Potential von KI ist vielversprechend und eröffnet unglaubliche Möglichkeiten. Doch es gibt auch Herausforderungen und Ängste. Ein kürzlich veröffentlichter offener Brief mit hochkarätigen Unterzeichnenden aus der Branche warnen vor einem Kontrollverlust.

Faszination und Angst

KI hat das Potenzial, unser Leben auf den Kopf zu stellen und revolutioniert Industrie und Alltag. Präzisere Diagnosen in der Medizin, Vermeidung von sich stetig wiederholenden Aufgaben, Chatbots oder autonomes Fahren sind dabei nur einige Beispiele. Sie automatisiert komplexe Aufgaben und unterstützt uns dabei, effektiver und innovativer zu sein. Dies fasziniert uns, kann aber auch beängstigen. Plötzlich können Computer Aufgaben übernehmen, welche zuvor Menschen vorenthalten war. Sie schafft Arbeitsplätze, macht aber auch einige Jobs überflüssig.

Offener Brief fordert eine Pause der KI-Entwicklung

Erst kürzlich sorgte ein offener Brief vom Future of Life Institute für Aufmerksamkeit. Unter den über 31’000 Unterzeichnenden (Stand 18.06.2023) befinden sich zahlreichen renommierten KI-Experten wie Yoshua Bengio, Stuart Russell und Elon Musk. Um was geht es?

  • Die Hauptforderung ist eine sechsmonatige Pause in der Entwicklung und dem Training von KI-Systemen die mächtiger als GPT-4 sind.
  • Diese Systeme werden immer komplexer und schwerer zu verstehen, vorherzusagen und zu kontrollieren. Es drohe der Kontrollverlust über unsere Zivilisation.
  • Diese Pause sollte genutzt werden, um gemeinsam Sicherheitsprotokolle zu entwickeln und umzusetzen.

Entgleitet uns die Situation?

Video: „Pause Giant AI Experiments‘ – Letter Breakdown w/ Research Papers, Altman, Sutskever and more“ von AI Explained 

Was ist KI- ein kurzer Exkurs

Bevor wir in Panik verfallen, werfen wir einen Blick auf die Funktionsweise von KI. Kurz gesagt: KI nutzt Algorithmen und Datenanalyse, um menschenähnliche Denkprozesse zu simulieren. Durch maschinelles Lernen erkennt sie Muster, lernt aus Erfahrungen und kann so ihre Leistung verbessern. Generell wird KI in eine «starke KI» und «schwache KI» unterteilt.

  • Schwache KI beschäftigt sich mit einem konkreten Anwendungsproblem. Sie ist auf eine abgegrenzte Aufgabe ausgerichtet und kann das Wissen nicht automatisch auf eine andere Aufgabe übertragen. Zu ihr gehören die meisten aktuellen Anwendungen wie ChatGPT.
  • Starke KI sind Systeme, welche eine menschenähnliche Allgemeinintelligenz aufweisen. Sie übernimmt nicht nur spezialisierte Aufgaben, sondern ist zu viel mehr in der Lage. So kann diese Art der KI verschiedene kognitive Aufgaben ausführen, komplexe Probleme lösen und Entscheidungen treffen – wie ein Mensch oder sogar besser. Aktuell handelt es sich um ein theoretisches Konzept.

Kritik am offenen Brief

Kommen wir zurück auf den offenen Brief. Darin wird auf eine starke KI verwiese und genau hier setzt die Kritik an: Es werden futuristische und spekulative „Was-wäre-wenn-Risiken“ der Zukunft präsentiert, welche eher einer starken KI zugeschrieben werden. Die Verfassenden übersehen dabei die aktuellen Probleme, welche jetzt schon Schaden anrichten. Dadurch verlieren wir die dringenden Probleme aus dem Blick und es wird umso schwieriger, sie anzupacken. Und wie soll man eine solche Pause effektiv durchsetzen?

Herausforderungen für eine verantwortungsvolle Zukunft

Vermutlich sind sich die meisten Unterzeichnenden des offenen Briefes bewusst, dass eine solche Pause utopisch ist. So kann er auch als Denkanstoss gesehen werden. Ziel: Die Diskussion um gesellschaftliche Folgen ins Rampenlicht rücken – auch jene, welche uns aktuell betreffen.

  • Welche ethischen Grundsätze legen wir zugrunde?
  • Wie verhindern wir Verzerrung und Diskriminierung?
  • Wie erlangen wir Transparenz bezüglich der Black-Box-Modellen und der Herkunft von Informationen?
  • Wie garantieren wir, dass die Vorteile der KI für alle zugänglich sind?
  • Wie gehen wir mit Datenschutz um?
  • Was wird die Auswirkung auf den Arbeitsmarkt sein und wie gehen wir mit dem Wegfall von Arbeitsplätzen durch KI um?
  • Für welche Aufgaben möchten wir KI einsetzten und wo ziehen wir die Grenzen?
  • ….

Wir stehen am Anfang einer bahnbrechenden Transformation, die sich jedoch in einem erstaunlich beschleunigten Tempo vollzieht. Die Konsequenzen sind zum heutigen Zeitpunkt schwer abzuschätzen. Die Zukunft der KI ist aufregend, aber wir müssen sie mit Augenmass und Verantwortung angehen. Nur so können wir sicherstellen, dass das enorme Potenzial der KI zum Wohle aller eingesetzt wird.

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Bigna Ruppen

Bigna Ruppen ist Product Owner bei der Belimed AG und bloggt aus dem Unterricht des CAS Digital Business Innovation.

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