Warum eine Stakeholder-Analyse jedes Projekt vergoldet

Wer kennt das nicht?  Schon länger als Requirements Engineer im Unternehmen dabei und somit gefühlt „kennt“ man bereits seine „üblichen“ Steakholder, oder besser gesagt man glaubt dies und legt sogleich mit der Analyse der Anforderungen für das Projekt los. Dabei wird die Wichtigkeit der Steakholder-Analyse völlig ausser Acht gelassen, oder es wird zu wenig Zeit dafür genommen. Dabei stellt sich immer wieder heraus, je besser du deine Stakeholder kennst, desto erfolgreicher ist dein Projekt.

Die vielen Vorteile der Steakholder-Analyse zeigen sich vor allem bei komplexen und, oder weiter fortgeschrittenen Projekten. Denn je weiter das Projekt voranschreitet, umso teurer wird die Integration von nicht identifizierten Steakholdern und dadurch vergessene Anforderungen. Diese müssen im Nachhinein im System integriert werden. Ebendiese Auswirkungen wirken negativ auf das Projekt und dessen Budget aus. Deshalb liegt die wichtige Rolle und Verantwortung der Steakholderanalyse beim Requirements Engineer.

Der Requirements Engineer hat die Aufgabe, die sich teils wiedersprechenden Ziele und Anforderungen der unterschiedlichen Steakholder zu sammeln, dokumentieren und allen Beteiligten zu konsolidieren. [Poytts et al 1994]

Das Ziel der Stakeholder-Analyse:

Die Steakholder-Analyse hilft sicherzustellen, dass alle einflussreichen Personen, Interessensgruppen, Lieferanten etc. und ihre Ziele, Erwartungen und Bedürfnisse erkannt und im Projekt berücksichtigt werden. Deshalb ist es wichtig jeden einzelnen zu identifizieren und seine Anforderungen zu verstehen und zu dokumentieren. Bei so vielen verschiedenen Steakholdern und dessen unterschiedliche Ziele, Interessen und Bedürfnisse sind Konflikte sowie Meinungsverschiedenheiten an der Tagesordnung. Dank einer Steakholderanalyse kann die Kommunikation wesentlich im Projekt und zwischen den Steakholdern verbessert und Differenzen abgefangen werden.

Die goldenen Regeln der Stakeholder-Analyse:

    1. sollte möglichst früh im Projektplanungsprozess integriert werden, idealerweise vor dem Anforderungskatalog
    2. soll kontinuierlich und iterativ durchgeführt werden, um Änderungen, weitere Anforderungen und Bedürfnisse zu erfassen
    3. soll Interne und externe Steakholder, wie Kunden, Sponsoren, Entwickler, Lieferanten, Behörden etc. identifizieren
    4. Externe Steakholder und ihre Zusammenhänge mit der Organisation sind von grosser Bedeutung, da Auswirkungen von externen Faktoren abschätzbarer für das Projekt werden

Meine goldenen Werkzeuge der Stakeholder-Analyse:

Werkzeug Funktionsweise Pro Contra
1 Mindmap Alle Projektbeteiligten zeichnen gemeinsam ein Mindmap mit allen möglichen Steakholdern auf und definieren Stakeholder-Gruppen Hilft effizient Steakholder zu identifizieren Benötigt viele Projektbeteiligten
2 Steakholder-tabelle (Checkliste) Enthalten alle Stakeholder-Gruppen und ihre Rollen – für jede Rolle sollte mindestens ein Steakholder gefunden werden Hilft, alle Rollen und Steakholder-Gruppen zu Berücksichtigen Je grösser das Projekt umso aufwändiger
Stakeholdertabelle
Stakeholdertabelle (Bildquelle: Sabina Stimpfl)
3 Organisationsstrukturen Zeigen die Verantwortlichen in der Hierarchie des Projekts Dient der Identifizierung der Entscheidungsträger Wird oft das Organigramm des Unternehmens verwendet. Dadurch kann die Hierarchie der Entscheidungsträger verfälscht werden.
4 Personas Es werden fiktive Personen erstellt, welche die wesentlichen Eigenschaften aller Stakeholder in verschiedenen Gruppen repräsentiert. Auf Grundlage dieser Persona können Anforderungen priorisiert und verfeinert werden. Bei grossen Projekten eine aufwendige Methode.
5 Fragebögen Befragungen von Erfahrungen, Erwartungen, Interesse und Anforderungen der Stakeholder mit standardisierten Fragebögen Unterstützt beim Sammeln von Detailinformationen über die jeweiligen Stakeholder, -Gruppen Diese Methode ist aufwendig und bedarf oft hoher Ressourcen. Auswertung ist aufwendig.
6 Interviews Persönliche Interviews mit Steakholder oder mit Steakholdergruppen die Anhand von vorbereiteten Fragebögen durchgeführt und dokumentiert werden. Das unten dargestellte Interview Mindmap kann als Leitfaden verwendet werden. Es kann diskutiert werden, welche Bedürfnisse und Anforderungen die Stakeholder haben und welche Erwartungen an das Projekt gestellt werden. Bei Gruppeninterviews können Konflikte auftreten.
Stakeholder Interview Mind Map
Stakeholder: Interview Mind Map (Bildquelle: Sabina Stimpfl)
7 Workshops Durch interaktive Aktivitäten und Gruppendiskussionen mit den Stakeholdern können Anforderungen präziser erfasst und verwaltet werden. Workshops fördern offene Kommunikation. Ermöglicht in kurzer Zeit große Mengen an Informationen und Daten zu sammeln. Dadurch wird der Zeitaufwand insgesamt reduziert. Kosten, Zeitverlust, Verzerrung der Gruppendynamik, Mangelnde technische Expertise von Stakeholdern

 

Goldene Erkenntnisse der Stakeholder-Analyse

In all den Jahren meiner Arbeitserfahrung wurde die Steakholder-Analyse leider zu wenig oder keine Beachtung geschenkt. Es wird „vorausgesetzt“, dass die beteiligten Steakholder in einem Projekt von Anfang an klar sind und keiner zusätzlichen Analyse bedarf. Oder es wird der Leiter einer Fachabteilung als Stakeholder definiert. Obwohl dieser nicht das Fachwissen des Experten besitzt. Dadurch gehen viele Anforderungen vergessen, was sich in mehr Aufwand, Problemen, Konflikten und Kosten widerspiegelt.

Dabei kann jedes Projekt, mit den „goldenen“ Werkzeugen, die Stakeholder-Analyse in angemessener Zeit durchgeführt werden und somit vor vielen späteren Schwierigkeiten und Kosten äusserts präventiv beeinflussen. Es wirkt sich wortwörtlich „goldig“ auf jedes Projekt aus.

Es lohnt sich, probiere es aus!

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Sabina Stimpfl

Sabina bloggt aus dem Unterricht des CAS RQE.2301

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