Schweizer Unternehmen bezahlen ihre Rechnungen immer später

Im Jahr 2012 haben die untersuchten Schweizer Unternehmen ihre Lieferantenrechnungen im Durchschnitt nach 37 Tagen bezahlt. 9 Jahre später wurden die Rechnungen erst nach 44 Tagen und somit 7 Tage später beglichen. Umgekehrt haben diese Unternehmen von ihren Kunden verlangt, die Rechnungen 7 Tage früher zu bezahlen als 9 Jahre zuvor. Aufgrund des späteren Zahlungsausgangs der Lieferantenrechnungen und dem früheren Zahlungseingang der Kundenrechnungen benötigen die Unternehmen etwa 17 Milliarden weniger finanzielle Mittel als vor 9 Jahren.

Um was geht es?
Rechnungen, welche von den Kunden noch nicht bezahlt wurden, binden flüssige Mittel. Denn das Geld, welches in dieser Zeit in Form von Forderungen im Unternehmen gebunden ist, kann nicht für andere Zwecke verwendet werden. Diese Bindung von finanziellen Mitteln kann beispielsweise mit einer Kürzung der Zahlungsfrist der Kunden (Debitorenfrist) reduziert werden. Bei den Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen ist genau das Gegenteil der Fall. Die Bindung von flüssigen Mitteln wird reduziert, wenn die Zahlungsfrist gegenüber den Lieferanten (Kreditorenfrist) verlängert wird. Der Cash-to-Cash Cycle (CCC) zeigt die Zeitdauer zwischen dem Bezahlen der Lieferantenrechnungen (Kreditoren) und dem Zahlungseingang der Kundenrechnungen (Debitoren). Vereinfacht gesagt definiert die Kennzahl die durchschnittliche Zeitspanne, bis ein Franken, welcher für Material oder Dienstleistungen ausgegeben wurde, von den Kunden an das Unternehmen zurückfliesst. Im Rahmen der IFZ Finanzierungs- und Treasurystudie wurde anhand von 132 börsenkotierten Unternehmen untersucht, wie sich in den letzten 9 Jahren die Debitoren- und Kreditorenfrist entwickelt hat.

Wie wurde vorgegangen?
Von Bloomberg wurden etwa 22’000 Datensätze mit 6 Attributen runtergeladen. Für jedes Jahr wurden für alle 132 Unternehmen der Umsatz, der Forderungsbestand und Verbindlichkeitsbestand ermittelt. Daraus wurden die Kennzahlen Debitorenfrist (Forderungsbestand / Umsatz * 360) und Kreditorenfrist (Verbindlichkeitsbestand / Umsatz * 360) berechnet.

Welche Anwendungen wurden verwendet?
Für die graphische Aufbereitung wurde einerseits eine PivotTable-Analyse durchgeführt. Die Grössen «Forderungsbestand», «Verbindlichkeitsbestand» und «Umsatz» wurden als Zeilenbeschriftungen definiert. Diese drei Grössen sind notwendig für die Berechnung der Debitoren- und Kreditorenfrist. Für die Spaltenbeschriftungen wurden die untersuchten Jahre 2012 bis 2021 festgelegt. In den entsprechenden Zellen stehen die entsprechenden aggregierten Jahreszahlen der Forderungen, der Verbindlichkeiten und des Umsatzes. Nachdem die aggregierten Daten des Umsatzes, der Forderungen und der Verbindlichkeiten für jedes Jahr ermittelt wurden, wurden die Kennzahlen Debitoren- und Kreditorenfrist berechnet. Zusätzlich konnte mit dem Filter «Branche» eine Auswertung für jede der untersuchten Branchen «Chemie und Rohstoffe», «Diskretionäre Verbrauchsgüter», «Gesundheitswesen», «Industrie», «Kommunikation» und «Verbrauchsgüter» vorgenommen werden. Auf dieser Grundlage wurden die Kennzahlen aggregiert, pro Branche und für jedes Jahr graphisch dargestellt.


Neben der Pivot-Table Analyse wurden einzelne Abbildungen mit der Software «R» webbasiert dargestellt. So kann durch Anklicken auf der HTML Seite für jede Unternehmung der entsprechende Jahreswert ermittelt werden. Die Studie umfasst in der PDF-Version total 79 Abbildungen und in der webbasierten Darstellung 30 interaktive Abbildungen.

Was sind die Erkenntnisse?
Über alle Branchen gerechnet betrug im Jahr 2012 die Zahlungsfrist der Lieferanten (Kreditorenfrist) 37 Tage. Die untersuchten Unternehmen haben somit im Durchschnitt nach 37 Tagen ihre Lieferantenrechnungen bezahlt. Bis ins Jahr 2021 hat sich die Kreditorenfrist um 7 Tage auf 43 Tage erhöht. Die untersuchten Unternehmen haben sich somit 7 Tage mehr Zeit gelassen, die Rechnungen zu bezahlen. Dies könnte beispielsweise darauf zurückzuführen sein, dass die Lieferanten den Unternehmen eine längere Zahlungsfrist gewährt haben oder dass die Unternehmen die Zahlungsfrist konsequenter ausgenützt haben.
Im Jahr 2012 betrug die Zahlungsfrist der Kunden (Debitorenfrist) 61 Tage. Die Kunden der untersuchten Unternehmen bezahlten im Durchschnitt die Rechnungen nach 61 Tagen. Bis ins Jahr 2021 sank dieser Wert um 7 Tage auf 54 Tage. Dies könnte beispielsweise auf ein strikteres Debitorenmanagement oder auf eine Verkürzung der Zahlungsfrist der Kunden zurückzuführen sein. Wenn ein Unternehmen die Lieferantenrechnungen später bezahlt und gleichzeitig die Kunden ihre Rechnungen früher bezahlen, braucht ein Unternehmen weniger finanzielle Mittel und muss weniger Kapital beschaffen. Aggregiert über alle untersuchten Unternehmen sinkt der Bedarf an finanziellen Mitteln in den 9 untersuchten Jahren um gut 17 Milliarden Franken.

Weiterführende Links zum Thema
IFZ Finanzierungs- und Treasurystudie

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