Ein selbstorganisiertes Team ist «…fundamental falsch, wenn es vom Management kommt», dies die Aussage eine Geschäftsleitungsmitgliedes von Zühlke. Wie selbstorganisierte Teams (SOT) entstehen und sich im Firmenalltag bewähren, wurde im Rahmen einer CAS-Thesenarbeit untersucht. Das Erstaunliche dabei: Die Initiative zu SOT kommt von den Mitarbeitenden.
Die Entstehung
2019 stand wachstumsbedingt die Aufteilung eines Teams an. Das Management wurde unerwartet mit der Vorschlag von Mitarbeitenden konfrontiert, ein selbstorganisiertes Team (SOT) zu starten. Die Idee fiel auf den Nährboden einer Unternehmenskultur, die dafür bereit war. Nicht, dass es beabsichtigtes Ziel des Managements war, auf SOTs hinzuarbeiten – die Initiative kam intrinsisch von Mitarbeitenden. Die Zeit für SOT war reif – aber die Lösung dazu nicht schlüsselfertig auf dem Tisch: Der Manager wechselte in die Funktion des Coaches und begleitete von nun an das Team. Dieses erstelle für sich ein Manifest und verteilte die Aufgaben des Teamleiters. Die Schnittstellen zur Organisation wurden sichergestellt. Der Start war erfolgreich, vielleicht anfänglich etwas «over engineered», was bei einem Technologieunternehmen vielleicht fast nicht vermeidbar ist. Man lernte über die Zeit und nahm, wie gewohnt, Anpassungen vor. Die Ausstrahlung wirkte auf andere Standorte und heute gibt es etwa bei Zühlke in der Schweiz ca. 6 SOT und 50 klassische Teams. Damals wie auch heute ist es Grundbedingungen, dass die Mitgliedschaft in einem SOT absolut freiwillig sein muss. Im ersten geschilderten Fall entstand somit ein SOT, als auch ein klassisches Team. Es zeigt sich nämlich, dass nicht alle Mitarbeiteten ein SOT wollen. Auch heute existieren SOT und klassische Teams gleichwertig nebeneinander. Es zeigt sich, dass diese Option auch attraktiv für die Rekrutierung ist.
Wie sieht das im Alltag aus?
Die anfängliche Euphorie ist etwas abgeklungen und SOT sind Teil des betrieblichen Alltages. Neue SOT entstehen fast immer bei einer Teamaufteilung oder beim Wechsel des Teamleiters. Immer auf Initiative der Mitarbeitenden und mit einem Set von «good practices» der bestehenden SOT. Diese tauschen sich untereinander aus.
Eine Vorgabe ist eine Grösse von ca. 10-15 Mitarbeitenden. Wie erwähnt, muss die Mitgliedschaft freiwillig sein. Das SOT übernimmt die Funktionen eines Vorgesetzten: Von den Spesen- und Arbeitszeitkontrollen, über die Rekrutierung neuer Kollegen bis hin zur Diskussion, wie Lohnerhöhungen verteilt werden sollen. Es herrscht Lohntransparenz innerhalb des SOT mit Vor- und Nachteilen, aber sie funktioniert. Als Schnittstelle zur Organisation wird ein SPOC, Single Point of Contact, definiert. Dieser wechselt regelmässig. Es ist komplizierter und aufwändiger bezüglich Entscheidungsfindung und Information mit SOT. Der Begriff «überdemokratisch» ist auch schon gefallen. Der grosse Nutzen ist aber unbestritten: Ausnahmslos wird von der grossen Motivation und Commitment berichtet. Mitarbeitende berichten, dass sie sich näher an den Unternehmensprozessen fühlen und sich mehr einbringen wollen. Sie sehen mehr «Purpose» und Sinn in Ihrer Arbeit und bezeichnen ihr Team als «sicheren Hafen»
Dennoch geschieht es hin und wieder, dass in speziellen oder kritischen Fällen der Practice Lead, die Bezeichnung für den Bereichsleiter, konsultiert wird. Er ist Coach des Teams.
Inzwischen werden auch Kunden durch die Mitarbeitenden zum Thema selbstorganisierten Teams beraten.
Zusammenfassung
Selbstorganisierte Teams sind eine Ausprägung von «New Work» im Wissen, dass sich eine Organisation ständig verändert und verändern muss. Es gilt, die Grundlage, die Unternehmenskultur für diesen stetigen Wandel zu pflegen und vorzubereiten.
Hast Du auch Erfahrungen mit selbstorganisierten Teams?
Weiterführende Links
Buchtipp zum Einstieg ins Thema: «Der Bienenhirte – über das Führen von selbstorganisierten Teams: Ein Roman für Manager und Projektverantwortliche»