«Bridge to the Cloud» oder «Cloud Migration Promotion» heissen die Kampagnen, mit denen Microsoft die Dynamics-Kunden in die Cloud lockt. Trotz der Vorteile eines Cloud-Modells und Rabatten haben aber viele Kunden wenig Lust auf eine teure Migration ihrer lokalen Systeme in die Microsoft Cloud. Damit die Kunden Folge leisten, setzt Microsoft deshalb zunehmend Druck auf.
Cloud Services von Microsoft: Zweifellos «the cutting edge»
Mit dem Aufbau der des Software-Angebots aus der Public Cloud hat Microsoft das Zeitalter «Cloud First» eingeläutet und treibt das Angebot mit einem rasanten Tempo voran. Symptomatisch dafür: An der Konferenz der Dynamics-Partner «Directions 4 Partners» anfangs November 2022 stand nicht die funktionale Weiterentwicklung des ERP Business Central im Zentrum, sondern die Integration mit den Microsoft Produkten wie Teams, Dynamics 365 for Sales (CRM), das Zusammenspiel mit der PowerPlatform oder Drittprodukten wie Shopify. Die angekündigte Investition von 10 Mia. $ in OpenAI und lassen erwarten, dass die Anwendungen auch künftig das technologische «cutting Edge» sein werden.
Freilich schafft erst der Betrieb in der Microsoft Cloud die nahtlose Integration der Dynamics-Anwendungen in die restliche Microsoft-Produktpalette.
Lebensdauer des Microsoft ERP von 10 Jahren auf 18 Monate reduziert
Anfang 2023 lief die letzte Version von NAV aus der aktiven Wartung. Damit ist nicht nur der Name NAV bzw. vormals Navision Geschichte, sondern auch dessen Lifecycle. Wo früher dank 10-jährigem Produkt-Lebenszyklus getrost nach einer «Implement and Forget-Methodik» vorgegangen werden konnte, ist heute beim Nachfolger namens Business Central mehr Eile angesagt: Der so genannte «Modern Lifecycle» beträgt nur noch 18 Monate; und zwar unerheblich davon ob das System lokal betrieben oder als Cloud Service bezogen wird. Beim Cloud Service erfolgt das Update halbjährlich automatisch – beim lokalen Betrieb zulasten des Betreibers.
Cloud Upgrade: Aufwändig und teuer
Die Migration von einem Legacy-System auf die Cloud-Technologie ist ein aufwändiges Vorhaben. Frühere kundenspezifische Anpassungen haben zu hochindividualisierten, monolithischen ERP-Systemen geführt. In der neuen Welt werden Anpassungen über Partner-Apps oder in der Form von Custom Apps an die Kernlösung angedockt. Das bedeutet einen teuren Totalumbau des bestehenden Systems – ein Projekt, das viele Unternehmen solange wie nur möglich aufschieben.
Zuckerbrot und Peitsche
Die Promotionen, die den Umstieg in die Cloud attraktiv machen sollen, sind mit Rabatten von 40 – 60% auf die Subscription-Preise beeindruckend hoch. Allerdings begrenzt über 3 oder 4 Jahre und bis 2024 limitiert. Um das Zuwarten nochmals unattraktiver zu machen, setzt Microsoft zunehmend Druck auf: Die Universal Code Initiative hat zum Ziel, dass auch bei On-Premises-Systemen nur noch Cloud-fähiger Code verbaut wird. Für jene, die auch weiterhin auf alte Technologien setzen, muss der «Non-Cloud-Code» separat lizenziert werden. Oder anders ausgedrückt: Wer nicht cloud-fähigen Code verbaut, wird bestraft.
Fazit: Der Umstieg auf das Cloud-System ist nicht für alle das Richtige
Dass Microsoft für die Entwicklung des Cloud-Angebots mit der «alten Welt» der lokal betriebenen Systeme einen Schnitt machen musste, ist nachvollziehbar. Dennoch ist der Wechsel in die Microsoft Cloud nicht für jedes Unternehmen das Richtige und vielen schlicht zu teuer. SaaS bedeutet einen höheren Lock-In beim Hersteller und die häufigen Updates verursachen grosse Unsicherheiten bei Nutzern von Systemen mit vielen Schnittstellen. Es macht daher Sinn, den Technologiewechsel zu nutzen, eine Auslegeordnung zu machen und sich allenfalls für einen anderen Weg bzw. ein anders System zu entscheiden. Wichtig dabei ist, dass diese Überlegungen angestellt werden, bevor das System am Ende des Lebenszyklus angelangt ist.