Schlechte Noten sind mir egal!

Rückkopplungen sind in komplexen Systemen wichtig und dienen der Orientierung der beteiligten Akteure. Der nachfolgende Text wagt einen Vergleich zwischen Feedbackzyklen aus Bildungsprozessen mit solchen aus dem Technologieumfeld.

Die titelgebende Aussage eines Jugendlichen lässt Eltern aufhorchen. Wieso reagiert der Sohn, die Tochter nicht auf das Feedback der Lehrperson zu seinem / ihrem Lernprozess? Handelt es sich hier um Resignation oder ist die Äusserung bloss aus einem Formtief dahingesagt?

Schulnoten sind Feedbacks von Lehrpersonen an Lernende bezüglich ihrer Leistung bzw. dem Erreichungsgrad der vorgegebenen Lernziele. Sie sind eine (von vielen) Rückkopplungen im komplexen System des Lernens. Schlechte Noten führen im Normalfall zu einer Steigerung der Leistungsbereitschaft der Lernenden Person. Da in psychologisch determiniertem Verhalten jedoch die Richtung der Rückkopplung nicht von vornherein gegeben ist, kann das Feedback auch in Resignation münden und in eine Abwärtsspirale führen.

Abwärtsspirale in der IT

Nicht viel anders ist die Situation bei IT-Organisationen. Zwar wird kaum ein wirtschaftlich Verantwortlicher ernsthaft behaupten: Umsatzrückgang oder steigende Unzufriedenheit meiner Kunden sind mir egal! Drohender Umsatzverlust und schwindende Kundenzufriedenheit führt meist zu positiver Rückkoppelung: Das Unternehmen investiert in neue Technologien und trifft Massnahmen um die Qualität seiner Produkte und somit die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.

Das Unternehmen gerät dabei jedoch in einen Zielkonflikt: Zur Leistungssteigerung wird die Entwicklungsabteilung neue Produkte und Features möglichst schnell in die Produktion bringen wollen und die Betriebsabteilung wird ihre Bemühungen erhöhen einen qualitativ hochwertigen und sicheren Betrieb zu garantieren. Je mehr am einen Ende investiert wird, umso schwieriger wird es am anderen Ende die geforderten Ziele einzuhalten.

Innovation strapaziert die Qualitätsansprüche im Betrieb, da die Neuerungen oft wenig erprobt sind. Demgegenüber erschweren übersteigerte Qualitätsansprüche des Betriebs die Einführung von neuen Produkten oder Modulen. Auch daraus ergibt sich oft eine Abwärtsspirale die zu kaum mehr wartbaren Zuständen und grossen technischen Schulden führen kann.

DevOps als Lösung

DevOps-Konzepte versuchen dieser Abwärtsspirale mit verschiedenen Rezepten zu entkommen. Im Mittelpunkt steht dabei die kontinuierliche Bereitstellung von Wertschöpfung für den Kunden. Ein wichtiges Prinzip auf diesem Weg ist das schnelle und kontinuierliche Feedback. Durch schnellen, regelmässigen und qualitativ hochwertigen Informationsfluss durch die ganze Wertkette können Probleme erkannt werden solange sie noch klein sind und wir verhindern so, dass sie in komplexen Systemen zu Katastrophen führen. Feedbackschleifen ermöglichen dabei firmenweites Lernen, das dann in zukünftige Arbeit integriert wird.

Dafür sieht z. B. das agile Framework SAFe am Ende jeder Iteration zwei Zeremonien vor:

  • Die Iteration-Review an welcher das Feedback des Business-Owners abgeholt wird
  • Die Iteration-Retro an der die Teamarbeit kritisch beurteilt wird

Beide Zeremonien haben zum Ziel durch kontinuierliche Rückkopplung, auftretende Schwierigkeiten möglichst nahe an der Quelle zu erkennen und rechtzeitig geeignete Massnahmen zu deren Vermeidung einzuleiten.

Diese Feedbackmechanismen sind vergleichbar mit der Notengebung und der moderierenden Tätigkeit von Lehrpersonen während des Unterrichts. Auch Bildung ist komplex, die Schule als Ort der kontinuierlichen Vermittlung von Wissen funktioniert, wenn zwischen den Akteuren regelmässige Feedbackzyklen existieren, damit die Lehrperson ihre Vermittlungstätigkeit und die Lernenden  ihre Lernanstrengungen daran ausrichten können.

Möge das Formtief bald überwunden sein!

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Matthias Bürki

Matthias Bürki arbeitet als Applikations-Manager bei der Dienststelle Informatik Kanton Luzern und bloggt aus dem CAS DevOps Leadership and Agile Methods

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