Prozessrevolution durch Smart Contracts in der Immobilienbranche

Wäre es nicht angenehm, wenn monatliche oder jährliche Rechnungen automatisch abgeglichen und somit automatisch korrekt bezahlt würden, statt dass eine Person sie manuell ausführt? Mit Smart Contracts ist das möglich. Diese elektronischen Verträge basieren auf der Blockchaintechnologie und werden in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, um analoge Prozesse zu digitalisieren.

Smart Contracts bedeutet auf Deutsch soviel wie «intelligente digitale Verträge». Sie sind auf einer Blockchain aufgebaut und funktionieren selbstausführend, wenn voreingestellte Bedingungen eintreffen. Diese sind durch Codezeilen (Programmierung) auf einem Computerprotokoll definiert. Nachfolgend gebe ich ein Beispiel, welche Vorteile ein Smart Contract in der Immobilienbranche hat. Nehmen wir an, Person A will ein Haus von Person B kaufen.

Wenn Person A mithilfe des Smart Contract 800’000 CHF an Person B überweist, geht das Eigentum direkt an Person A über. Da die Transaktion an die Bedingungen des Smart Contracts gebunden ist wird der Grundbucheintrag automatisch mit der Zahlung aktualisiert, ebenfalls entfällt die notarielle Beglaubigung weil das Vertrauen und die Bestätigung der Transaktion durch die Blockchain (Was eine Blockchain ist, unter weiterführende Links) gesichert wird.

Weitere Vorteile ergeben sich in der Rechnungsstellung. Im Immobilienbetrieb in unserem Amt bestehen beispielsweise mehrere tausend Verträge mit Partnerfirmen, die Energie liefern, Wartungs- oder Servicedienstleistungen, Reinigungsarbeiten oder weiteres in unserem Auftrag ausführen. Durch all diese Arbeiten ergeben sich eine Menge an Transaktionen, die mithilfe von Smart Contracts vollautomatisch ausgeführt werden könnten. Kaum vorstellbar, wie viele Ressourcen und Geld sich so einsparen liessen.

Im Jahr 2021 durfte ich hinter die Kulissen einer bundesnahen Unternehmung blicken. Diese Firma treibt zwar Optimierungen im digitalen Bereich voran und arbeitet mit Robotern. Trotzdem besteht im Rechnungswesen noch viel Potenzial: Die Rechnungen sind zu weniger als 40 % automatisiert. Viele Schritte müssen immer noch manuell ausgeführt werden: Rechnungen einscannen und von einer Person freigeben lassen. Soll das Rechnungswesen in Zukunft effizienter werden, führt kein Weg an Smart Contracts vorbei.

Prozessübersicht Lüftungswartung
Abb. Wartungsprozess bei einer Lüftungsanlage mit der Verknüpfung zur Blockchain und dem Smart Contract (Bildquellen unsplash.com und pixabay.com)

Ein weiteres Beispiel für die Vorteile von Smart Contracts in Bezug auf die Immobilienbranche: In einem Gebäude wird eine Lüftungswartung durchgeführt. Das Vertragsverhältnis ist durch einen Smart Contract vereinbart. In der Skizze sieht man die Stakeholder und das Vorgehen. Der wichtigste Schritt ist, dass der Hausdienst die Wartung per QR-Code bestätigt. Sobald dies geschehen ist, wird die Transaktion quasi mit der Bestätigung gleichzeitig ausgeführt. Es wäre auch denkbar, dass Maschinen oder Sensoren die Impulse liefern: Dabei erkennt die Lüftungsanlage einen neuen Filter oder einen neuen Keilriemen und meldet dies dem System, das mit der Blockchain vernetzt ist. Auch hier würde die Transaktion vollautomatisch freigegeben. An diesem Use Case arbeiten unter anderem IOTA und IOTEX.

Damit Smart Contracts in der Immobilienbranche einheitlich und schweizweit geregelt werden, müsste meiner Ansicht nach die Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren (KBOB) Vorgaben dazu zu erstellen. Meine Anfrage bei KBOB hat ergeben, dass die Entwicklungen eher beobachtet werden, als  aktiv an Vorgaben gearbeitet wird.  Der Kanton Zürich hat mit dem «Leitfaden Blockchain in der kantonalen Verwaltung Zürich» bereits an Vorgaben gearbeitet. Smart Contract werden im Dokument erwähnt jedoch ohne Vorgaben bzw. Standards zu definieren. Es wäre meiner Ansicht nach eine Chance wenn die Kantone in diesem Thema mit dem Bund zusammen Standards definieren würden.

Technisch gesehen wäre mein Beispiel von der Lüftungswartung realistisch und heute umsetzbar, die Problematik liegt darin, dass sich alle Parteien einem Blockchain-Netzwerk anschliessen müssten damit die automatischen Prozesse durchgängig sind und der Smart Contract automatisch auf die verschiedenen Informationen zugreifen kann. Es versteht sich von selbst, dass die Smart Contracts kaum lesbar für Menschen ohne Programmierhintergrund sind und daher die Bedienbarkeit sicherlich noch Potenzial hat. Ich bin jedoch fest davon überzeugt, dass solche Beispiele in Zukunft Realität werden.

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Guy Jaun

Guy Jaun ist Objektmanager beim Amt für Grundstücke und Gebäude des Kantons Bern und bloggt aus dem Unterricht des CAS Blockchain.

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