Agil oder Wasserfall – Der richtige Mix macht es aus!

Bei immer mehr Unternehmen ist die klassische Wasserfall-Methode für die Durchführung von internen Projekten aus der Mode gekommen. Viel angesagter ist der agile Ansatz, denn dieser verspricht Flexibilität, rasche Ergebnisse und kommt bei den Mitarbeitenden ganz allgemein sehr gut an. Letztlich führt aber nur der richtige Mix aus beiden Methoden zum Erfolg.

In meiner beruflichen Tätigkeit als IT-Projektleiter habe ich schon beide Extreme erlebt: die konsequente Anwendung der Wasserfall-Methode (in meinem Fall nach dem HERMES-Standard) und die Durchführung der Projekte mittels des agilen Ansatzes (nach der Scrum-Methode). Es zeigte sich, dass beide Projektmethoden sowohl ihre Vor- als auch Nachteile aufweisen.

Agile Methode – Weshalb einen Ferrari bauen, wenn dem Kunden ein VW ausreicht?

Vorteile

Bei der agilen Methode entwickelt das Projektteam nur jene Funktionalitäten (in der Fachsprache als «Features» bezeichnet), welche der Kunde oder die Kundin auch wirklich benötigt. Das Vorgehen dabei ist iterativ. Es ist das Ziel, möglichst rasch ein Produkt zu entwerfen, welches der Kunde verwenden kann und welches ihm einen Nutzen erbringt (man spricht hierbei vom «MVP», dem Minimum Viable Product). Der agile Ansatz bringt demnach sehr rasche und brauchbare Ergebnisse. Diese liefert das Team in sogenannten Sprints, einer Iteration mit der immer gleichen Dauer (z. B. 2-Wochen-Sprints). Am Ende jedes Sprints entsteht dabei gemäss Definition ein funktionstüchtiges Produkt.

Nachteile

Gegen die agile Methode spricht, dass der Kunde eigentlich immer nur ein «halbfertiges Produkt» bekommt. Er muss Verständnis dafür haben, dass das Produkt zu Beginn eventuell nur einige Basis-Funktionalitäten besitzt, und weitere Features erst noch entwickelt werden müssen. Auch aus Sicht des Auftraggebers oder der Auftraggeberin ist es nicht so einfach, sich daran zu gewöhnen, dass in den einzelnen Sprints das Projektteam die Tasks immer wieder neu priorisiert. Zudem weiss er oder sie eigentlich gar nicht so genau, wann das Produkt fertig gestellt ist. Aber ist ein Produkt in der agilen Denkweise überhaupt jemals «fertig»?

Während die Wasserfall-Methode ein klares Ziel vor Augen hat, verfolgt die agile Methode den Ansatz, dass nur jene Funktionalitäten eines Produkts entwickelt werden, welche dem Kunden auch tatsächlich einen Nutzen erbringen. (Bildquelle: Henrik Kniberg)

Wasserfall-Methode – Der Kunde möchte einen Audi, und der Kunde bekommt einen Audi!

Vorteile

Bei der Wasserfall-Methode weiss man, was man am Schluss bekommt. Dies bringt zum einen Planungssicherheit, zum anderen basiert dieser Ansatz auf einem strukturierten Vorgehen über verschiedene Phasen hinweg. Am Ende jeder Phase liefert das Projektteam fix definierte Ergebnisse ab. Auch verfasst der Projektleiter oder die Projektleiterin jeweils einen Phasenbericht, welcher vom Auftraggeber freigegeben wird, um in die nächste Phase starten zu können. Der Auftraggeber hat also eine strikte Kontrolle über das Projekt.

Nachteile

Die Vorteile der Wasserfall-Methode gehen sowohl zu Lasten der Flexibilität als auch der Geschwindigkeit. Deshalb ist dieser Projektansatz eher langsam und träge. Das Projektteam muss immer wieder Entscheidungen und Freigaben seitens des Auftragsgebers abwarten. Die Praxis zeigt, dass häufig auch Dokumente und Konzepte verfasst werden, welche später in der berühmten Schublade landen. Gerade im IT-Bereich werden ausserdem häufig Features entwickelt, welche zwar vorgängig als Anforderungen des Projekts definiert wurden, jedoch im Nachhinein von den tatsächlichen Usern (Benutzer des Systems) oftmals gar nicht benötigt werden.

Fazit

In der «modernen Denkart» und insbesondere bei IT-Projekten ist ein Produkt niemals wirklich fertig. Es wird immer wieder gemäss den neuen, sich stetig verändernden Kundenanforderungen weiterentwickelt. Der agile Ansatz kommt dieser Anschauungsweise sicherlich deutlich mehr entgegen als die eher starre Wasserfall-Methode, jedoch bedarf ein Projekt auch einer gewissen Struktur. Aus meinen persönlichen Erfahrungen macht es deshalb Sinn, dem Gesamtvorhaben einen klaren Rahmen zu geben, indem fixe Meilensteine definiert werden. Innerhalb dieser ist die agile Projektmethode jedoch am effizientesten, denn der Kunde beziehungsweise die Kundin bekommt dadurch jenes Produkt, welches ganz genau den eigenen Vorstellungen entspricht.

Weiterführende Links

Lüönd, R. (2021): Sind selbstorganisierte Teams agiler oder fragiler?, Blog-Beitrag für die Hochschule Luzern [Zugriff: 24.03.2021].

Preussig, J. (2020): Agiles Projektmanagement – Agilität und Scrum im klassischen Projektumfeld (2. Aufl.), Freiburg: Haufe.

Schweizerische Eidgenossenschaft (2020): HERMES 5.1 – Projektmanagementmethode (4. Aufl.), Bern: BBL-Verlag.

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Pascal Egger

Pascal Egger ist IT- / Digital-Projektleiter beim Kanton Zug und bloggt aus dem Unterricht des CAS IT Management & Agile Transformation. Aus über 10 Jahren Erfahrung im Detailhandel sowie seiner aktuellen Tätigkeit bringt er sehr viel Know-how im Projektmanagement mit und kennt sich sowohl mit der klassischen Wasserfall-Methode als auch mit dem agilen Ansatz der Scrum-Methode bestens aus.

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