Pole-Position im Passporting – Vereinfachtes europäisches Zulassungsverfahren für TVTG etablierte liechtensteinische VT-Dienstleister (Krypto-Dienstleistungserbringer)

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Mit dem EU-weiten Regelungsentwurf von „Crypto-assets“ namens „MiCa“ veröffentlicht die Europäische Kommission einen harmonisierenden Entwurf, unter dessen Anwendungsbereich auch Erbringer von Krypto-Dienstleistungen fallen. Beachtenswert erscheint das diesbezügliche vereinfachte Zulassungsverfahren und die schnellere Passporting Möglichkeit für nach nationalem Recht bereits zugelassene Krypto-Dienstleister. Demnach profitieren bereits nach TVTG zugelassene liechtensteinische VT-Dienstleister von diesem erleichterten Marktzugang zur EU.

Regelungsgegenstand und Zweck der MiCa:

Im Rahmen der Publikation der „Digital Finance Strategy“ der Europäischen Kommission vom 24. September 2020 veröffentlichte jene insbesondere einen Entwurf zu einer EU-weiten Regelung von „Crypto-assets“ namens MiCa. Als Teil des Paktes zur Digitalisierung des Finanzsektors bezweckt die MiCa, das Innovations- und Wettbewerbspotenzial des digitalen Finanzwesens weiter zu erschliessen bzw. zu fördern und gleichzeitig mögliche Risiken zu minimieren.

Mit dem vorgeschlagenen Regelungspaket hat nun die EU einen essentiellen Schritt in die nahtlose Marktregulierung von Kryptowerten geschaffen. Obwohl diese zu den wichtigsten Anwendungen der Blockchain-Technologie im Finanzwesen gehören, erweist sich der bisherige EU-Regulierungsrahmen und dessen Anwendungsbereich für Kryptowerte als Finanzdienstleistungen als lückenhaft. Bspw. sind sog. Security Token unter den Begriff des Finanzinstrumentes der MIFID II zu subsumieren und fallen unter dessen Regelungsrahmen. Demgegenüber fallen andere Arten von Kryptowerten, wie bspw. sog. Utility Token, nicht in den bestehenden Regulierungsrahmen für Krypto-Finanzdienstleistungen. Daher unterliegen letztere nicht den Bestimmungen zum Verbraucher- und Anlegerschutz und zur Marktintegrität, obwohl sie dieselben Risiken bergen.

Pionierrolle des liechtensteinischen TVTG

Wenige Mitgliedstaaten haben durch eigene nationale Gesetzesordnung versucht, diese Risiken einerseits zu mitigieren und andererseits eine erhöhte Rechtssicherheit zu schaffen. Mit dem Token- und VT-Dienstleister-Gesetz (TVTG) hat Liechtenstein als eines der ersten Länder weltweit eine solche nationale Gesetzgebung erlassen, um den Rechtsrahmen für auf vertrauenswürdigen Technologien beruhende Transaktionssysteme zu schaffen. Insbesondere bezweckt das TVTG, die Beaufsichtigung sowie die Rechte und Pflichten von sog. VT-Dienstleistern zu regeln. Bei VT-Dienstleistern handelt es sich um nichts anderes als um Erbringer von Krypto Dienstleistungen.

Unter den Anwendungsbereich der MiCa fallen ebenso Erbringer von Krypto-Dienstleistungen mit dem Unterschied, dass die EU-Kommission mit dem vorgeschlagenen Regelungsentwurf insbesondere die EU-weite Harmonisierung bezweckt. Mit dem Inkrafttreten der MiCa, das spätestens 2024 erwartet wird, werden die bereits existierenden nationalen Regularien ersetzt, d.h. auch das TVTG wird seine Geltung verlieren.

Vereinfachtes Zulassungsverfahren für bereits nach nationalem Recht etablierten Krypto-Dienstleistungserbringer

Trotz des erwarteten Ersatzes des TVTG gilt es, das vereinfachte Zulassungsverfahren der MiCa zu beachten, welches bereits nach TVTG registrierten VT-Dienstleistern (Erbringer von Krypto Dienstleistungen) offensteht. Demnach könnten jene eine Art Pole-Position in dem Regelungsgegenstand der MiCa beanspruchen: Es stünde Ihnen nicht nur offen, Ihre Dienstleistung früher als ihre Konkurrenten nach der EU-Regelung anzubieten, sondern sie könnten auch früher von der Passporting Möglichkeit Gebrauch machen und ihre Dienstleistungen EU-weit anbieten. Folglich können sich jene VT-Dienstleister als «early birds» bereits einen Kundenstamm aufbauen, bevor ihre Konkurrenten überhaupt das ordentliche Zulassungsverfahren durchlaufen haben. Denn «nur der frühe Vogel fängt den Wurm».

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX:52020PC0593

https://ec.europa.eu/info/publications/200924-digital-finance-proposals_en

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Michael Wiedemann

Wiedemann, Michael ist Jurist bei der Sele Frommelt & Partner Rechtsanwälte AG und arbeitete vorgängig zwei Jahre für die PwC in der Advisory/ Consulting Division in Zürich.

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