Die Bauindustrie hinkt der restlichen Industrie in der Produktivitätssteigerung hinterher. Der Aufwand schient zu gross, der Nutzen zu gering oder die Notwendigkeit nicht gegeben zu sein, um neue Arbeitsformen zu etablieren oder effizienzsteigernde Massnahmen einzuführen. Dies zeigt eine aktuelle Forschungsstudie von der ZEW.
Aber woher kommt dieser Widerstand sich zu ändern und neues auszuprobieren. Eine mögliche Begründung ist, dass die Auftragsbücher noch gut gefüllt sind und es keinen Druck vom Markt gibt sich zu ändern. Eine andere Begründung liegt allenfalls in der Wertschöpfungskette eines Bauprojektes, welche anders als in der Industrie nicht vollumfänglich bei einer Unternehmung liegt, sondern auf viele Unternehmungen aufgeteilt wird. Der heranrollenden Digitalisierung wird sich die Bauindustrie aber nun stellen müssen, ob sie will oder nicht. Die Frage ist nur, ob man sich weiterhin im Hype mittels Marketings ausruhen will oder die Chance packt und versucht einen effizienteren Planungsstandard zu erreichen.
Digital Twin – als digitaler Massstab in der Bauindustrie
Gartner listet „Digital Twin“ das erstmal im Jahr 2017 in den kommenden Technologietrends auf. Also das Schaffen eines digitalen Zwillings, was in der Bauplanungsindustrie gleichbedeutend mit der Methodik von Building Informationen Modellings (BIM) ist. Im Jahr 2018 wurde dann „Digital Twin“ im Gartner Report beim Höhepunkt von überhöhten Erwartungen gelistet. Im Jahr 2019 wurde „Digital Twin“ auf dem Gartner Report nicht mehr erwähnt. Also entweder blieb es beim Hype oder „Digital Twin“ hat die Hochebene der Produktivität bereits erreicht, einen Einblick hierzu zeigt ein Bericht der Computerwoche.
Da aber wie bereits erwähnt die Bauindustrie der restlichen Industrie etwas hinterherhinkt. Ist es nicht verwunderlich, dass sich viele Planungsfirmen noch im Hype bezüglich ihrer Digitalisierung befinden und nun versuchen mittels der BIM-Methodik einen Einstieg in die digitale Transformation zu finden. Dieser Einstieg ist wichtig aber er ist als Einstieg zu sehen. Denn BIM ist nur ein Aspekt der digitalen Transformation. Das Gute an der BIM-Methodik ist aber, dass sie sich nebst der korrekten Modellerstellung sich sehr stark um Prozesse kümmert. Denn eine korrekte und zielgerichtete Prozessführung ist aus meiner Sicht zwingend für eine erfolgreiche digitale Transformation. Denn ein schlechter Prozess, bleibt ein schlechter Prozess auch wenn er digitalisiert wird.
Ziel ist ein effizienterer Planungsstandard
Einen möglichen Weg um diesen effizienteren Planungsstandard zu erreichen, möchte ich anhand meiner Projekterfahrung in zwei Schritten aufzeigen. Der erste Schritt erfolgt über die Verbesserung und Automatisierung der internen Prozesse. Dafür grundlegend ist ein Prozessmanagement, welches die Prozessschritte welche innerhalb der Planungsfirma erbracht werden visuell darstellt und den Mitarbeiter in seiner täglichen Arbeit führt. Innerhalb des Prozessmanagements wird auch vorgegeben wie die einzelnen Daten aus den Projekten in die IT-Werkzeuge und Programme eingegeben werden müssen.
Dies führt zum einten zu einer effizienteren und einheitlicheren Projektführung und zum anderen zu einer zentralen und strukturierten Datenablage. Diese Datenablage wiederum wird für das Projektmonitoring und eine datenbasierte Bauplanung verwendet. Der erste Schritt beschreibt einen internen Ansatz, welche jede Planungsfirma für sich antreten kann und bereits zu einer internen Effizienzsteigerung führt. Um den neuen Planungsstandard aber vollumfänglich zu erreichen, ist ein zweiter Schritt auf der Ebene der Zusammenarbeit mit anderen Planungsfirmen notwendig. Dazu müssen die zusammenarbeitenden Planungsfirmen den ersten Schritt unternommen haben. Ab diesem Zeitpunkt können die zusammenarbeitenden Planungsfirmen ihre Prozesse und ihre zentralen Datenablagen abgleichen und die Schnittstellen dazwischen effizienter gestalten. Denn viele Daten werden während eines Bauplanungsprojekts vermehrt eingegeben, sofern nun die Planer ihre Prozesse gegenseitig kennen und Zugang zu ihren Daten haben, können Prozessschritte firmenübergreifend effizienter und automatisierter gestaltet werden.
Daten als Schlüssel zur digitalen Transformation
Wie aus den zwei beschriebenen Schritten erkennbar, werden die Daten einen zentralen Stellenwert für die digitale Transformation der Bauplanung einnehmen. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich da Pläne, digitale Zwillinge oder Ausschreibungsunterlagen, welche durch Planungsfirmen erstellt werden letzten Endes nichts anders als Daten sind, welche unterschiedlich dargestellt werden. Da diese Daten aber nicht durch Maschinen, sondern durch Menschen erzeugt werden. Ist ein gut geführtes Prozessmanagement, welches die Dateneingabe und Datenablage beschreibt unabdingbar. Nebst der gewonnen Effizienzsteigerung durch die zentralen Datenablagen werden auch Big Data Anwendungen ermöglicht, welche den Planungsfirmen zu weiteren Effizienzsteigerungen durch Automatisierungen und vertieften Kenntnisse z.B. durch Datenvisualisierungen ihrer Prozesse verhelfen.
Die Digitalisierung bewirkt in der Bauindustrie einen Wandel. Die Bauplanungsfirmen müssen diesen Wandel durchwandern, wie sie das aber tun und ob sie weiterhin den Hype als Marketing verwenden oder den Wandel wirklich für sich nutzen, um nachhaltige Effizienzsteigerungen anzugehen, ist ihnen überlassen. Klar ist, wer die Effizienzsteigerung erreicht hat wird seinen Konkurrenten vorauseilen und einen zusätzlichen Vorsprung durch Big Data Anwendungen erzielen können.