Big Data und Kundenkarten – Eine persönliche Einschätzung

Wer kennt das nicht: Sie stehen an der Kasse eines Detailhändlers und werden nach der Kundenkarte gefragt. Meistens zeige ich diese dann aus Reflex. Doch was passiert mit unseren Daten? Wie sorgsam gehen die Unternehmen damit um und wie profitieren die Konsumenten?

Auf die Idee zu diesem Blogbeitrag kam ich, weil ich immer wieder erstaunt bin, welche neuen Vergünstigungen ich von den Schweizer Detaillisten (Migros & Coop) erhalte. Ich mache mich nun auf die Suche nach  Informationen auf deren Webseite und der Mobile App. Mein Ziel ist es, aufzuzeigen, was möglicherweise mit den Daten der Kundenkarten passiert, wie diese geschützt werden und wie wir in Zukunft beeinflusst werden könnten.

Ich beginne mit ein paar Aufzählungen zu Informationsgruppen, den Vorteilen der Kundenkarte und den offensichtlichen Auswertungen unserer Daten. Dies soll als Einstieg in den Blog helfen und identische Grundlagen schaffen.

Unsere Daten werden vermutlich von den zwei grössten Schweizer Detaillisten in folgende Informationsgruppen eingeteilt:

  • Stammdaten wie Name, Adresse, Email
  • Detaillierte Warendaten
  • Nicht warenbezogene Daten wie Einkaufsort, Zeit, Betrag

Konsumenten erhalten beim regelmässigen Einsatz einer Kundenkarte Punkte und folgende Vorteile:

  • Bezahlen mit gesammelten Punkten oder in Gutscheine umwandeln
  • Rabattgutscheine
  • Elektronische Quittungen
  • Erstellen von Einkaufslisten basierend auf vorgängigen Einkäufen und Aktionen inkl. entstehender Kosten
  • Direkte Bestellung der Einkaufsliste via Online Shop
  • Empfehlungen von weiteren interessanten Artikeln
  • Self-Scanning der Artikel
  • Digitales Bezahlen mit der Mobile App

Dies werten die Detaillisten bereits offensichtlich aus:

  • Die am häufigsten gekauften Produkte der Kunden inkl. Anzahl
  • Die zuletzt gekauften Produkte
  • Einteilen von Konsumenten in Gruppen
  • Analyse vom Einkaufsverhalten wie zum Beispiel: umweltbewusst, frisch, etc.
  • Erstellen eines Persönlichkeitsprofils
  • Unterschiedliche Rabattstufen, je nach Einkaufsverhalten des Konsumenten
  • Kundenspezifische Aktionen für einzelne Produkte
  • Verwendung der Informationen zum Beispiel für Rückruf Aktionen
  • Weitergabe der Informationen an Partnerunternehmen
  • Spezialangebote von Dritten
  • Produkte Tests mit Einführung von neuen Produkten

Da wir davon ausgehen können, dass beide Detailhändler unsere Daten schon seit ein paar Jahren sammeln, sollten diese uns bereits gut kennen. Migros Cumulus existiert bereits seit 1997 und die Coop Supercard seit 2000. Immerhin kommunizieren Beide, dass Sie ca. 3 Millionen aktive Kunden (Migros 2.8 Mio und Coop 3.2 Mio) besitzen, was gut 1/3 der Schweizer Bevölkerung ist. Die Daten wurden bisher genutzt, um das Sortiment anzupassen und Angebote zu machen, die besser auf den Kunden zugeschnitten sind. Möglich, dass sie uns bald weiter in unserem Leben unterstützen, zum Einkaufen animieren oder uns beeinflussen.

Was könnte dank dem Einsatz von Big Data bereits bekannt sein und was wäre noch möglich?

Fakt ist, dass Big Data bei der Bearbeitung unserer Daten zum Einsatz kommt. Dies wird in den ABG’s mit dem Verweis auf Google Analytics bestätigt. Doch was sind die Möglichkeiten von diesen Technologien? Was könnte über uns bekannt sein oder wie könnte uns dies in der Zukunft beim Einkaufen unterstützen? Dies versuche ich mit den nachfolgenden zwei Punkten anhand von Beispielen zu erläutern.

Was über uns bekannt sein könnte:

  • Unser Einkommens aufgrund des monatlichen Konsums. Sollten sie dies wissen?
  •  Veränderungen im Haushalt (Geburt eines Kindes) oder neuer Arbeitsort (keine Einkäufe über Mittag). Wollen wir dies?
  • Allergien: Dadurch könnten sie den Kunden beim Einkauf von Artikeln mit diesen Substanzen warnen und somit Leben retten.

Wie wir in Zukunft unterstützt oder beeinflusst werden könnten:

Diese Punkte sollen ein Verständnis schaffen, dass die neuen Technologien für uns als Kunden sehr wohl positive Effekte haben, allerdings können wir auch ganz schnell beim Einkaufen beeinflusst werden.

  • Führen von Einkaufslisten mit Basis-Lebensmittel (Brot, Milch) pro Kunde und der Einkaufsfrequenz. Dadurch könnte der Konsument regelmässig ohne Interaktion vom Grossverteiler beliefert werden. Könnte unser Leben erleichtern. Aber was, wenn wir in den Ferien sind?
  • Neue Menüvorschläge inkl. Rezept mit Hilfe des Persönlichkeitsprofils unterbreiten. Könnte unsere Kreativität beeinflussen.
  • Variable Artikelpreise je nach Nachfrage, Standort oder möglicherweise individuell auf den Kunden zugeschnitten. Wie könnte ich dies als Kunde umgehen?
  • Bewusstes Unterschlagen von Angeboten/Aktionen für einzelne Kunden. Ist dies fair?
  • Weitergeben unserer Daten an Dritte wie z.B. einer Krankenkasse, um unseren Lebensstil und Essverhalten aufzuzeigen. Hätte dies Einfluss auf unsere Prämienkosten?
Datenanalyse von Kundenkarten: Wie weit gehen die Detailhändler bei der Analyse von Kundendaten? (Bild: Unsplash)

Möchte ich dies als Konsument und was kommunizieren die Unternehmen zum Thema Datenschutz?

Beide Grossverteiler haben Informationen zum Datenschutz online verfügbar, aber diese werden unterschiedlich kommuniziert. Die ABG’s von beiden Unternehmen sind einfach zu finden und sehr detailliert aufgebaut. Interessant ist, dass keines der Unternehmen den genauen Standort der Daten bekannt gibt. Diese können in der Schweiz oder im Ausland aufbewahrt werden. Persönlich würde mich interessieren, in welchen Ländern meine Daten gespeichert werden. Lobenswert ist, dass der Kunde unkompliziert ein Auskunftsbegehren stellen kann. Weiter werden Aussagen zu den folgenden Themen gemacht.

  • Aufbewahrung der Daten
  • Verwendung der Daten
  • Auskunft über die Daten
  • Löschen der Daten

Mein persönliches Fazit dieser Analyse

Vermutlich ist heute noch viel Potenzial von Big Data ungenutzt. Dies wird sich wahrscheinlich in den kommenden Jahren stark verändern und uns als Konsumenten im Positiven wie auch im Negativen beeinflussen. Positiv für mich wäre es, wenn wir zukünftig unsere Einkäufe effizienter abwickeln könnten, was teilweise mit dem Self Service verbessert wurde. Dies könnte auch mit umsortieren der Waren in den Läden erreicht werden.

Der Datenschutz ist bei beiden Unternehmen ein zentrales Thema und wird sich in Zukunft verschärfen. Wichtig erscheint mir, dass der Umgang mit Kundenkarten bewusst geschieht und die möglichen Auswirkungen den Kunden klar und transparent kommuniziert werden.

Ergänzend zwei Artikel, welche dieses Thema ebenfalls beleuchtet haben:

https://www.konsumentenschutz.ch/themen/datenschutz/coop-supercard-privatsphaere-gegen-superpunkte/

https://www.konsumentenschutz.ch/themen/datenschutz/mehr-umsatz-fuer-die-migros-dank-cumulus-rabattgutscheinen/

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Andy Rothenfluh

Andy Rothenfluh ist Produkt Manager bei der Swisscom und bloggt aus dem Unterricht des CAS Big Data Analytics.

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