Informationskompetenz und Openness – wie politisch ist IK?

Seit Frühjahr 2018 beschäftigen wir uns in den HSLU Bibliotheken mit „Openness“ und damit mit der Frage, wie wir uns hin zu offenen oder zumindest offeneren Bibliotheken entwicklen können (alle Beiträge dazu in der Kategorie Open Libraries). Das Thema betrifft ganz unterschiedliche Bereiche unserer Arbeit und damit auch den wichtigen Bereich der Informationskompetenz: Was vermitteln wir eigentlich in unseren Workshops den Nutzenden (hauptsächlich Studierenden, aber auch Dozierenden und Forschenden)? Inwiefern geht es zusammen, dass wir z.B. Open Access unterstützen wollen und sollen, gleichzeitig aber in erster Linie gekaufte Inhalte bewerben und den Studierenden empfehlen, teure Datenbanken zu nutzen?

Diese Fragen haben uns in der Diskussion schnell auf eine noch grundlegendere Frage gebracht, nämlich wie politisch wir Informationskompetenz an der HSLU verstehen bzw. ob wir dazu überhaupt einer Meinung sind? Diese Frage lässt sich momentan (oder auch dauerhaft?) nur sehr subjektiv beantworten; daher ist auch dieser Blogeintrag eher persönlich gefärbt; umso mehr freue ich mich auf Kritik, Diskussionen, alternative Ideen?

Die Open-Bewegung ist zunächst klar (auch) eine politische und für uns stellt sich die Frage, wie wir uns in unserer täglichen Arbeit aber auch auf der Ebene von Strategien, Leitfäden etc positionieren. Ein Trugschluss wäre allerdings zu glauben, wir wären derzeit „unpolitisch“ oder „neutral“ unterwegs, denn auch die derzeitige Praxis ist als politisch zu begreifen, insofern sie bestimmte Verlage, Anbieter, Zugänge – oder auf einer Metaebene Machtstrukturen – fördert und unterstützt. Die Frage nach Openness in der Informationskompetenz bedarf zunächst einer Klärung innerhalb der Bibliotheken, gleichzeitig ist sie aber  nach aussen gerichtet; schliesslich betrifft sie am Ende die Nutzenden unserer IK-Veranstaltungen und unseren Auftrag innerhalb der Departemente bzw. der Hochschule (siehe dazu die Learning Outcomes für Informationskompetenz der HSLU). Wäre es nicht auch möglich, Studierende in die Diskussion einzubeziehen? Was erwarten Studierende was sie bekommen, etwa Zugang zu vermeintlich neutralen, qualitativ hochwertigen Informationen? Immerhin verstehen wir die HSLU-Bibliotheken als „kuratierte Wissensräume“ (Erklärung der HSLU-Bibliotheken). Nehmen wir Nutzenden durch Kuratieren nun auch das Bewerten ab? Stellen wir wenigstens eine Mischung aus gekauften und freien Quellen zur Verfügug, bzw. bewerben wir sie gleichermassen? Oder beziehen wir sie sogar in die Verantwortung mit ein, muten wir Ihnen zu das „System dahinter“ zu verstehen? Gerade letzteres betrifft ja nicht nur die Frage, WIE wir IK gestalten, sondern auch den Inhalt:

So, wie wir in der Mediothek Soziale Arbeit Informationskompetenz verstehen, hat sie viel mit kritischem Denken gemeinsam. In Anlehnung an die Definition der CILIP begreifen wir IK  als Fähigkeit, kritisch zu denken und Informationen zu beurteilen: „Information literacy is the ability to think critically and make balanced judgements about any information we find and use. It empowers us as citizens to develop informed views and to engage fully with society“ (CILIP 2018). Nimmt man den zweiten Teil der Definition ernst ist es doch zumindest sehr naheliegend, Studierenden zumindest auch die Möglichkeit zu geben, sich mit den Hintergründen des komplexen „System“ Wissenschaft/Publikationen zu beschäfigen; wie sonst sollen sie „informed views“ entwicklen und sich gesellschaftlich engagieren bzw. positionieren? (Wir verfolgen hier ein eher „kritisches Verständnis von Informationskompetenz“ vgl. z.B. Hapke 2017)

Wenn wir Transparenz als ein Teil von Open verstehen (wie auch der Open Library Badge in Anlehnung an Don Tapscott); dann gehört doch zumindest die Reflexion von Wissensproduktion und Machtverhältnissen (und vielleicht auch die teils widersprüchliche Situation von uns als Bibliotheken) zur Entwicklung von Informationskompetenz? Informationskompetenz soll dazu beitragen, sich in einer immer komplexeren, unsichereren, mehrdeutigen und flüchtigen Welt (der sg. VUCA-Welt) zurechtzufinden bzw. daran teilzuhaben; Informationen und ihre Entstehung zu bewerten und dann „informierte Entscheidungen“ darüber zu treffen, wird somit ein immer wichtigerer Teil von IK.

Für mich persönlich ist die Frage also zumindest zum Teil schon beantwortet; IK ist ohnehin immer politisch (und soll es auch sein); die Frage ist tatsächlich eher WIE/Inwiefern politisch. Sich der Frage für die HSLU-Bibliotheken anzunähern braucht sicher einen intensiveren Aushandlungsprozess; an dem nicht nur wir, die wir für Informationskompetenz zuständig sind, sondern eben auch die Departemente beteiligt sein könnten und sollten? Mindestens muss der Prozess im Sinne von Openness transparent gestaltet sein, so dass sich Interessierte darüber informieren können. Ein erster Schritt ist die Kommunikation hier im Blog!

annika.henrizi