Bildlegende: Schwäne – weiss und schwarz; Dorothe Wouthers, www.unsplash.com
Im Zuge der Codid-19 Pandemie im Frühjahr 2020 wird allem Digitalen der unumkehrbare Durchbruch zugeschrieben. Insbesondere auch beim Bezahlen wird dieses Mantra gerne herumgereicht. Doch ist dem wirklich so? Und wenn ja, wäre dies auch gut so?
Digitales Bezahlen hat gemäss einer Studie der Universität St. Gallen in den vergangenen Wochen zweifellos einen grossen Zuwachs an Transaktionsvolumen verzeichnet. Das ist angesichts der vielen geschlossenen Läden, Bars und Restaurants bzw. dem Pandemie-Aufruf möglichst zu Hause zu bleiben bzw. der verstärkten Nutzung von eCommerce-Plattformen auch nicht sonderlich verwunderlich; am PC fehlt das Banknotenannahmefach bzw. der Münz-Schlitz immer noch. Elektronisches Bargeld (eGeld) wird auch in der Schweiz von verschiedenen Anbietern herausgegeben und zunehmend genutzt, doch bei Anbietern von physischen Gütern des täglichen Bedarfes wird nur ein Teil der eGeld-Formen akzeptiert.
Genau da liegt auch der entscheidende Vorteil von Bargeld: Bargeld ist das einzige gesetzliche Zahlungsmittel nebst den Überweisungen von bzw. auf Giro-Konten bei der Nationalbank! Diesen entscheidenden Vorteil lassen selbst offensichtlich geschürte gesundheitliche Hygienebedenken bei der Bargeldverwendung nicht verblassen. Zudem hat die Bank für Internationales Settlement in Basel (BIS) hat in ihrem Bulletin von April 2020 Bargeld bezüglich der Hygienebedenken auch jüngst erneut rehabilitiert; an jedem Smartphone haften zudem deutlich mehr Keime als an Banknoten.
Die gelebte Selbstverantwortung beim Schutz der eigenen Privatsphäre gegenüber den Banken als Herausgeber der meisten digitalen/elektronischen Zahlungsmitteln möchte ich an dieser Stelle stark propagieren. Sonst wird der nächste Kreditantrag oder die Hypothekenerneuerungsverhandlung eine unliebsame oder teure Überraschung bereithalten aufgrund des Kundenrisikoprofils auf Basis der gesammelten Daten im Zahlungsverkehr! Auch die drohende Enteignungin Zeiten von Negativzinsen lässt sich mit einer nachhaltig starken Position von Bargeld besser sicherstellen. Bargeld ist Freiheit.
Der spürbare Drang nach dem «So-wie-vor-Corona» wird auch das Bezahl-Verhalten wieder stärker zurückführen zu einem differenzierten, hybriden Bezahlverhalten: einmal wird mit digitalen Bezahlformen (NFC-Karte, Payment-App oder virtualisierter Karte in einer Uhr) und das andere Mal wird mit Bargeld bezahlt, je nachdem wo und bei welcher Gelegenheit der Akt des Bezahlens ansteht. Das wäre zudem auch ein ratsames Verhalten für die langfristige Zukunft (siehe Notvorrat-Broschüre). Denn es ist nicht rational, nur das vernünftig zu finden, was der Mensch grad aktuell rasch begreift. Wir benötigen einen erweiterten Rationalitätsbegriff, in Nassim Talebs Worten: «Rational ist, was Überleben ermöglicht.»
Alles auf eine Karte, eine Uhr oder ein hippes elektronisches Gadgets beim Bezahlen zu setzen, ist wenig ratsam. Diversifikation und Redundanzen – das Sowohl-als-auch Prinzip –selber zu pflegen ist keine verstaubte Idee von Ewiggestrigen, sondern ein nachhaltig bewährtes Prinzip der Natur; ein persönlicher, risikobasierter Verhaltensansatz. So wären wir nicht nur besser auf den nächsten weissen Schwan (zB. in Form eines grossflächigen Stromausfalles/Blackout oder einer gehackten Plattform des präferierten Zahlungs-/-infrastrukturanbieters) besser gerüstet, sondern könnten unaufgeregter und zuversichtlicher den nächsten schwarzen Schwan herannahen kommen sehen und begrüssen.