Wie Microsoft Azure Enterprise Architecture verändert

Cloud-Technologien verändern die Rolle der Enterprise Architecture grundlegend. Microsoft Azure steht exemplarisch für eine Umgebung, in der Stabilität und Standardisierung auf Dynamik und Skalierbarkeit treffen. Der Beitrag zeigt, wie sich Architekturprinzipien, Governance und Rollenbilder im Cloud-Kontext weiterentwickeln – und welche Kompetenzen künftig entscheidend sind.


Die Einführung von Cloud-Plattformen wie Microsoft Azure verändert die Rahmenbedingungen für Enterprise Architecture (EA) nachhaltig. Während klassische IT-Architekturen auf langfristige Planung, Standardisierung und zentrale Steuerung ausgerichtet waren, erfordern cloudbasierte Umgebungen eine höhere Anpassungsfähigkeit und kontinuierliche Weiterentwicklung.

Von stabilen Zielarchitekturen zu adaptiven Modellen

Traditionell definierte EA langfristige Zielbilder, an denen sich Systemlandschaften orientierten. In einer Cloud-Umgebung, die sich wöchentlich verändert, ist dieser Ansatz nur eingeschränkt wirksam. Neue Services, Schnittstellen und Betriebsmodelle entstehen fortlaufend. Entsprechend gewinnt ein adaptives Architekturverständnis an Bedeutung – eines, das Veränderung als Normalzustand betrachtet und dennoch Kohärenz sichert.

Das Microsoft Cloud Adoption Framework bietet hierfür einen praxisorientierten Referenzrahmen. Es beschreibt Architekturprinzipien, Governance-Modelle und organisatorische Strukturen, die Unternehmen bei der Einführung und Skalierung von Cloud-Technologien unterstützen. Enterprise Architecture übernimmt dabei die Aufgabe, Veränderung zu steuern, ohne Innovation zu behindern.

Diagrammübersicht über das Cloud Adoption Framework für Azure mit sieben Kernmethoden: Strategie, Plan, Ready, Adopt, Govern, Secure und Manage. Grundlegende Methoden fließen sequenziell. Operative Methoden werden während des Betriebs parallel ausgeführt.

Bild: Microsoft Cloud Adoption Framework. Quelle: Microsoft

Governance durch Automatisierung

Governance bleibt ein zentrales Element der EA, muss sich jedoch an das Tempo agiler Entwicklungs- und Betriebsmodelle anpassen. Klassische Kontrollmechanismen wie zentrale Freigabeprozesse lassen sich in DevOps-orientierten Strukturen kaum aufrechterhalten.

Azure stellt technische Funktionen bereit, die Governance automatisiert und überprüfbar gestalten – darunter Azure Policy, Management Groups und Resource Tags. Diese Mechanismen ermöglichen es, unternehmensweite Standards maschinell durchzusetzen und gleichzeitig die Eigenverantwortung der Teams zu stärken. Enterprise Architecture definiert in diesem Kontext weniger einzelne Regeln, sondern schafft Rahmenbedingungen für regelkonformes Handeln in dezentralen Umgebungen.

Kosten und Transparenz als Architekturthemen

In cloudbasierten Strukturen sind Architekturentscheidungen unmittelbar mit finanziellen Auswirkungen verknüpft. Ressourcen werden nach Nutzung abgerechnet, wodurch sich technische Gestaltung und Kostensteuerung stärker überschneiden.

Instrumente wie Azure Cost Management oder das FinOps Framework unterstützen eine integrierte Sicht auf Architektur und Wirtschaftlichkeit. Architektinnen und Architekten müssen die finanziellen Effekte technischer Entscheidungen verstehen und entsprechende Steuerungsmechanismen in die Architekturprozesse einbeziehen. Transparente Kosten- und Nutzungsdaten werden damit zu einer zentralen Grundlage für Architekturgovernance.

Die veränderte Rolle der EnterpriseArchitecture

Mit der Cloud verschiebt sich der Fokus von Dokumentation und Kontrolle hin zu Beratung, Enablement und Standardisierung durch Plattformen. Enterprise Architecture übernimmt zunehmend die Rolle einer vermittelnden Instanz zwischen strategischer Planung und operativer Umsetzung.

Architektinnen und Architekten schaffen gemeinsame Prinzipien, Toolsets und Richtlinien, die es Entwicklungsteams ermöglichen, eigenständig und konform zu arbeiten. Frameworks wie TOGAF® behalten ihre Relevanz, müssen jedoch stärker als dynamische Orientierungsrahmen interpretiert werden. Ziel bleibt die Ausrichtung von Technologieentscheidungen an den Geschäftsstrategien – unter Bedingungen kontinuierlicher Veränderung.

Fazit

Microsoft Azure verdeutlicht den strukturellen Wandel der Enterprise Architecture im Cloud-Zeitalter. Die Disziplin entwickelt sich von statischer Planung hin zu einem dynamischen, lernenden System. Stabilität und Flexibilität stehen dabei nicht im Widerspruch, sondern bilden das Fundament einer modernen, serviceorientierten Architekturpraxis.

Die Fähigkeit, technische, organisatorische und wirtschaftliche Aspekte zu integrieren, wird damit zur Schlüsselkompetenz zeitgemässer Enterprise Architecture – und zur Voraussetzung für nachhaltige digitale Transformation.

Weitere Links: 

Azure Well-Architected Framework

FinOps Framework

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Nikolay Marinov

Nikolay Marinov ist Azure Cloud Architect bei der Econis AG. Er ist Microsoft Certified Trainer, TOGAF-zertifizierter Enterprise Architect und Blogger. Er unterstützt Unternehmen jeder Grösse auf ihrem Weg in die Cloud.

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