Durch den Boom der künstlichen Intelligenz verbrauchen Rechenzentren immer mehr Strom. In den USA setzen Tech-Konzerne deshalb vermehrt auf Atomkraft, um ihre Server rund um die Uhr zuverlässig zu betreiben. Damit erlebt eine einst abgeschriebene Energieform ein überraschendes Comeback. Die Schweiz hält sich noch zurück – doch wie lange noch?
Rechenzentren werden zu wahren Stromfressern. Das nicht nur wegen der schieren Menge, sondern vor allem durch den zunehmenden Einsatz künstlicher Intelligenz. Während in der Schweiz viele dieser Zentren noch mit Wasserkraft betrieben werden, denken Tech-Konzerne in den USA bereits über Atomstrom nach. Ein Blick in den Keller der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Winterthur zeigt, wie präsent das Thema ist. Denn dort laufen Server rund um die Uhr, um Daten zu speichern und zu verarbeiten – abgesichert wie ein Tresorraum. Der Stromverbrauch ist beachtlich, die Hitze trotz Betonwänden spürbar. Die wenigsten Menschen machen sich bewusst, dass das Teilen eines Fotos, das Streamen eines Films oder das Speichern von Daten in der Cloud enorme Energiemengen im Hintergrund verbraucht.
Patrik Hofer, Geschäftsführer von North C, betreibt mit seiner Firma Rechenzentren in der Schweiz, Deutschland und den Niederlanden. Er sagt, die Nachfrage nach sicheren, lokalen Speicherlösungen sei deutlich gestiegen. Viele Unternehmen wollen ihre Daten nicht mehr den grossen Cloud-Anbietern überlassen. Doch mit der Nachfrage steigen auch die Anforderungen. Im vergangenen Jahr nahm ein Kunde einen neuen KI-Rechner in Betrieb, dessen Energiebedarf weit über dem bisher Üblichen liegt. Künstliche Intelligenz verändert die Spielregeln – mit jedem zusätzlichen Algorithmus wächst der Stromhunger. Eine einzige ChatGPT-Anfrage verbraucht deutlich mehr Energie als eine klassische Google-Suche. Experten gehen davon aus, dass sich der weltweite Energiebedarf von Rechenzentren bis 2026 verdoppeln wird. In der Schweiz stammen grosse Teile des Stroms aus erneuerbaren Quellen. North C bezieht ihn über lokale Versorger, meist aus Wasserkraft. Für Notfälle stehen Dieselgeneratoren bereit. Aber international sieht die Lage anders aus. Besonders in den USA, wo der KI-Boom weit fortgeschritten ist, suchen Tech-Konzerne nach zuverlässigen Energiequellen. Deshalb greifen sie verstärkt auf Kernenergie zurück. Microsoft etwa hat einen Vertrag abgeschlossen, um einen Reaktor des stillgelegten Atomkraftwerks Three Mile Island wieder hochzufahren. Der Standort ist heikel: 1979 kam es dort zum schwersten Reaktorunfall in der US-Geschichte. Amazon betreibt bereits ein Rechenzentrum, das direkt mit Atomstrom aus einem nahegelegenen Kraftwerk versorgt wird. Was wie ein Rückschritt wirkt, hat praktische Gründe. Bestehende Kernkraftstandorte verfügen über stabile Netze und liefern Strom rund um die Uhr ohne CO₂-Ausstoss. Zudem treiben Investoren aus dem Silicon Valley die Entwicklung sogenannter Small Modular Reactors (SMR) voran. Diese kleinen Reaktoren gelten als effizienter, sicherer und schneller baubar. In China und Russland laufen bereits erste SMR-Anlagen. In Europa und den USA hingegen befinden sich viele Projekte noch im Genehmigungsverfahren. Auch Investoren wie Bill Gates, Sam Altman oder Peter Thiel setzen auf Atomkraft – sei es über Start-ups oder neue Technologien zur Urananreicherung. Sogar der Finanzsektor ist auf den Zug aufgesprungen: Banken wie Goldman Sachs, Morgan Stanley und die Bank of America kündigten an, verstärkt in nukleare Energie zu investieren. Die US-Energiebehörde rechnet damit, dass sich die nukleare Stromkapazität bis 2050 verdreifachen könnte.
In der Schweiz dagegen ist Atomkraft weiterhin ein sensibles Thema. Zwar prüft das Parlament, ob das Verbot für neue Atomkraftwerke aufgehoben werden soll, doch selbst bei einer Lockerung wären die Hürden hoch. Lange Bewilligungsverfahren und Abstimmungen machen Neubauten riskant. Hoffnung setzen manche in Mikroreaktoren. Weil sie weniger radioaktives Material enthalten, könnten sie gesetzlich als risikoärmer gelten – was Genehmigungen vereinfachen würde. Ob Tech-Unternehmen auch in der Schweiz irgendwann auf Atomstrom setzen, bleibt offen. North C jedenfalls setzt derzeit auf Effizienzsteigerung innerhalb der bestehenden Rechenzentren. Doch Geschäftsführer Hofer fragt sich schon, wie die Situation in zehn Jahren aussehen könnte – wenn vielleicht jedes kleine Unternehmen eine eigene KI betreibt und der Energiebedarf weiter in die Höhe schnellt. Sicher ist: Die Digitalisierung fordert die Stromversorgung heraus – und zwingt Länder wie Unternehmen, alte Tabus neu zu überdenken.
Links und Quellen:
AWS plant Mini-Atomkraftwerke um Rechenzentren zu betreiben
AWS übernimmt Rechenzentrum-Campus, der direkt an ein Kernkraftwerk angeschlossen ist
Rechenzentren brauchen immer mehr Strom – so viel, dass die grossen Tech-Konzerne in den USA nun die Atomkraft wiederbeleben
Künstliche Intelligenz verbraucht Unmengen von Energie. Nun setzt Google auf Mini-AKW – die wichtigsten Fragen und Antworten
Dieser Blog-Beitrag wurde mit Unterstützung von KI erstellt.