Tokenisierung von Wertpapieren – Was geht schon, was braucht’s noch?

Wo steht die Tokenisierung heute? Anhand von drei Beispielen zeigen wir den jeweils unterschiedlichen Entwicklungsstand auf:

  • Rechtlich: Wichtiger Meilenstein wurde erreicht auf dem Weg zur Digitalisierung von Aktien dank der Einführung von Registerwertrechten
  • Finanztechnisch: Die Schweizerische Bankenvereinigung führt einen Pilot zur Einführung eines breit akzeptierten Buchgeld Tokens (Stablecoin) durch
  • Datenlogistik: Es steht noch viel Arbeit an, relevante corporate Action Data auf die Blockchain zu bringen, als Voraussetzung der Automatisierung via smart contracts

 

Rechtliche Entwicklung (2021): Erfolgreiche Einführung von Registerwertrechten ermöglicht Ausgabe von DLT-Aktien in der Schweiz

«Am 1. Februar 2021 hat der Bundesrat die Vorlage betreffend Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register (DLT-Vorlage) teilweise in Kraft gesetzt. Für schweizerische Aktiengesellschaften wurde dadurch die Möglichkeit geschaffen, Aktien in der Form von kryptographischen Tokens, welche auf einer Blockchain repräsentiert werden, auszugeben.

Mit der Einführung der sog. Registerwertrechte wurde eine neue Kategorie von Wertrechten gemäss Obligationenrecht eingeführt. Dies schafft die Möglichkeit, Aktien in Form von kryptographischen Tokens auszugeben.» Quelle Pestalozzi Law

Vor der Einführung von Registerwertrechten bedurfte es auch bei tokensierten Aktien zur Begründung und Übertragung vom Eigentum immer noch einen Verwahrer oder Depotbank. Dieser hielt die Aktie für die Tokeninhaber, und ermöglichte so dem Tokeninhaber das Eigentum. Der Token selbst regelte «nur» die Anweisung des Tokeninhabers an den Verwahrer, die Aktie für ihn zu halten.

Mit DLT-Aktien werden also keine Verwahrer oder Depotbanken mehr benötigt, und somit wird das Halten und Handeln von Aktien ausschliesslich auf der Blockchain abgewickelt und damit operationell bedeutend vereinfacht.

 

Finanz- und währungstechnische Entwicklung (2023): Pilot der Schweizerischen Bankiervereinigung «Der Buchgeld-Token» (BGT)

Die folgenden Punkte basieren auf dem Whitepaper der Bankiervereinigung zum BGT, und sind teilweise daraus entnommen

  • Vision: Der BGT ist «programmierbares Geld», das heisst eine rein digitale und mit programmierbaren Funktionen erweiterbare Form des Schweizer Frankens. Der BGT soll auf zugangsoffener Blockchain-Technologie gekoppelt mit Smart-Contract-Fähigkeiten basieren. Es wird ein regulatorisch abgesicherter Charakter angestrebt, was die Akzeptanz unter den Schweizer Banken erhöhen soll.
  • «Cash Leg» als Hauptanwendung: Es gibt heutzutage eine Vielzahl von Projekten zur Tokensierung von Wertpapieren, doch erfolgt deren Abwicklung (Handel und Cashflows wie Coupon) stets noch in bestehenden Systemen oder mit proprietären Stablecoins. Bei beiden Ansätzen bleibt Effizienzpotential ungenutzt: Die Abwicklung in bestehenden Systemen bedeutet einen Medienbruch und ist damit inherent ineffizient, und die Verwendung von proprietären Stablecoins schränkt die Skalierbarkeit ein. – Ein BGT würde einen entscheidenden Schritt zu einer vollautomatischen Abwicklung von Transaktionen um Token bedeuten.

Aktuell arbeiten 6 Schweizer Banken an einem «proof of concept» (POC) zum BGT. Die Bankiervereinigung wird Ende August ein Update kommunizieren.

 

Datenlogistische Entwicklungen: Fehlende umfassende Intergration von Corporate Action Data in der Blockchain

Um die Digitalisierung und Automatisierung der Abwicklung aller Transaktionen im Zusammenhang mit tokenisierten Finanzinstrumenten weiter voranzutreiben, müssten diese auf der Blockchain via smart contracts definiert werden, und somit eine graduelle Loslösung von traditionellen Systemen ermöglichen.

Die automatisierte Abwicklung der entsprechenden Transaktionen auf der blockchain bedingen allerdings, dass sogenannte corporate action data auf der blockchain vorhanden sind, zB Datum und Höhe einer Dividendenzahlung. Die Verbindung einer blockchain mit der Aussenwelt wird mit sogenannten «Oracles» etabliert. Die Entwicklung von umfassenden Oracle Lösungen ist also ein entscheidendes Entwicklungsfeld der nahen Zukunft, und geben bestehenden Anbieter von Finanzinformationen wie Bloomberg, Reuters und SIX, die Chance auf neue Einnahmequellen.

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Roger Sas

Roger Sas ist erfahrener Rückversicherungs Professional mit Spezialisierung im Asset Liability Management und als Aktuar.

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