Künstliche Intelligenz (KI) ist in aller Munde und so vielfältig die Möglichkeiten sind, so vielfältig sind auch die Vorstellungen, die dazu herumgeistern. Im Folgenden ein Versuch, die grundlegenden Funktionsweisen und Eigenschaften von KI-Programmen für Mitmenschen zu beschreiben, die nicht täglich mit Computertechnik zu tun haben.
Unterschiede herkömmliche und KI-gestützte Programme
Der wichtigste Unterschied von herkömmlichen und KI-gestützten Programmen besteht in der Art wie Resultate entstehen. Resultate von herkömmlichen Programmen basieren auf klaren Regeln, KI-Programme liefern Resultate, die auf Wahrscheinlichkeiten beruhen. Sie müssen daher immer hinterfragt werden. Durch die klaren Regeln sind herkömmliche Programme für uns nachvollziehbar. Bei KI-Programmen ist dies nicht der Fall, da die Resultate aus unzähligen und für uns nicht interpretierbaren Berechnungen entstehen.
Als anschauliches Beispiel zur Erklärung der Unterschiede wählen wir das Backen von Grosis Schwarzwälder Torte. Die Zutaten, die es für die Torte braucht, entsprechen den Daten, die ein Computerprogramm verarbeiten soll. Das Rezept beschreibt die Regeln, wie und in welchen Mengen diese Zutaten verarbeitet werden müssen. IT-Fachleute benennen die Regeln oder das Rezept auch als Algorithmus. Die Torte stellt das Resultat des Computerprogramms dar, nachdem wir auf «Start» geklickt haben und das Programm fertig gearbeitet hat.
Herkömmliche Programme bestehen aus klar beschriebenen Regeln, die von Menschen geschrieben werden. Die gleichen Daten liefern bei jedem Durchlauf auch die gleichen Resultate. Leider hinkt der Vergleich hier ein bisschen – trotz grösster Mühe bringe ich Grosis Schwarzwälder Torte nie ganz so gut hin, wie sie ihr gelingt.
KI-Programme werden anders entwickelt. Statt die Regeln fest zu programmieren, stellt sich das System mit Hilfe des maschinellen Lernens das Rezept selbst zusammen. Damit dies klappen kann, braucht es zwei Elemente – zum einen muss dem System gezeigt werden, wie es lernen soll und zum andern braucht es ganz viele Beispiele von Zutaten und den dazu passenden Resultaten. Diese Paare werden als Trainingsdaten bezeichnet.
KI-Programme
Der Computercode besteht für KI-Programme nicht aus starren Regeln, sondern aus Lernanleitungen und Definitionen der Struktur. Je nach Anwendungsfall gibt es unterschiedliche Ansätze für die Grundstrukturen. Bei den grossen Sprachmodellen (ChatGPT, Gemini) kommen dafür leistungsstarke neuronale Netze zum Einsatz. Wie diese funktionieren, erklärt Frau Prof. Hannah Bast anschaulich im Gespräch mit Harald Lesch. Wer selbst mit dem Modell spielen möchte, findet es hier. Entscheidend ist, dass sich diese Regeln anpassen können. Bei ChatGPT und vielen andern KI-Anwendungen können Antworten bewertet werden. Auf Grund der Bewertung lernt das System dazu und verbessert seine Regeln laufend.
Die Intelligenz eines KI-Systems hängt nebst der Struktur und der Lernmethode wesentlich von der Menge und der Qualität der Trainingsdaten ab. Wenn ein Sprachmodell nur mit je zwei Rezepten für eine Schwarzwälder- und für eine Ananastorte trainiert wird und wir das Modell dann nach einem Rezept für eine Schwarzwälder Torte fragen, wird es bestimmt vorkommen, dass Ananasstücke in der Schwarzwälder Torte landen. Bei weniger gut trainierten Systemen wären auch Kartoffeln im Rezept keine grosse Überraschung, da sie oft in Speiserezepten vorkommen. Wenn in den Trainingsdaten Bewertungen von Schwarzwälder Torten enthalten sind, wird das Modell diese Bewertungen aufnehmen und auf Anfragen, wie eine solche Torte schmeckt, auch wiederholen. Für Torten ist das unproblematisch in anderen Bereichen birgt das aber Gefahren, die adressiert werden müssen. Um Resultate von den KI-Modellen einordnen zu können, ist es nötig die Trainingsdaten zu kennen.
In einem weiteren Schritt lassen sich KI-Systeme ausrichten. Damit ist gemeint, dass Lernzyklen mit zusätzlichen Regeln durchgeführt werden. So lassen sich rechtliche, ethische und soziale Standards ergänzen, die in den Trainingsdaten nicht vorkommen oder verletzt werden.
Und was ist nun mit der Torte
Aus Spass an der Freude habe ich von ChatGPT zweimal ein Rezept für eine Schwarzwälder Torte ausgeben lassen – ich bin unsicher, ob ich vier oder sechs Eier und 2 Esslöffel oder 100g Zucker nehmen soll. Mit etwas Experimentierfreude könnten allenfalls feine Varianten entstehen. Wenn Besuch kommt, halte ich mich vorerst aber weiter an Grosis Rezept.