Polizeiarbeit im Metaverse – neue Herausforderungen im Web3

Seit einigen Jahren etablieren sich Cybercrime Abteilungen in der Schweizer Polizeilandschaft. Derzeit liegt der Schwerpunkt vor allem in der Ermittlung von Straftaten im high tech crime Bereich (Ransomware, DDoS-Attacken, etc.). Das Web3 könnte mit der dezentralisierten Blockchain-Technologie und dem Phänomen Metaverse neue Herausforderungen mit sich bringen.

Das Metaverse wird die Grenzen zwischen der physischen und der digitalen Welt schmelzen. Bereits heute existieren neben den bekannteren Virtual-Reality Brillen auch Ganzkörperanzüge, welche das digitale Erlebnis auf die Sinne des eigenen Körpers übertragen.


Der CNET Test des Teslasuit veranschaulicht, wie eine digitale Welt auf den eigenen Körper wirken kann.


Eine grenzfreie virtuelle Welt, welche es den Benutzern erlaubt, sich mit allen Sinnen daran zu beteiligen, birgt auch enormes Gefahrenpotential. Das Europol Innovation Lab führte in seinem Bericht Policing in the metaverse: what law enforcement needs to know unter anderem die folgenden potentielle Risiken auf:

  • Sexuelle Handlungen mit Minderjährigen
    Die Kinder von morgen müssen vor den zukünftigen Risiken besonders geschützt werden. Schon heute erfahren Kinder und Jugendliche täglich sexuelle Übergriffe und Belästigungen im Internet, besonders über die sozialen Medien. Gewalt und sexuelle Übergriffe im Metaverse könnten sich intensiver auf die Integrität der Minderjährigen und deren Entwicklung auswirken, sollten Berührungen des Avatars sich auf den Köper des Users übertragen lassen.
  • Betrüge und Geldwäscherei
    Eine virtuelle Welt wird eine oder mehrere Kryptowährungen und NFT für den Eigentumsbeweis von digitalen Gütern verwenden. Die Kompetenzen in Transaktions-Analysen von Kryptowährungen und Tokens sind schon seit ein paar Jahren im Aufbau und gehören mittlerweile bei grösseren Polizeikorps zum Tagesgeschäft der Polizei. Die Kriminellen kennen die Vorteile der digitalen Währungen gegenüber den herkömmlichen FIAT Währungen. Die aktuellen und zukünftigen Entwicklungen in der digitalen Finanzermittlung dürfen jedoch nicht vernachlässigt werden.
  • Diebstahl und Missbrauch von Identitäten
    Digitale Identitäten werden im Metaverse von zentraler Bedeutung sein. Mit fortschrittlicheren Methoden wird es Kriminellen ermöglicht, sich noch überzeugender als jemand anderen auszugeben, als es heute schon getan wird (z.B. mit dem illegalen Verkauf von digitalen Fingerabdrücken oder biometrische Daten). Der Identitätsmissbrauch per se ist in der Schweiz bislang nicht strafbar. Dies wird sich voraussichtlich am 01.09.2023 mit der Einführung des neuen Artikel 179decies des Schweizerischen Strafgesetzbuches ändern (interessanter HSLU Blogbeitrag dazu).

Die Polizei und das Internet
Die klassische Polizeiarbeit der physischen Welt besteht grösstenteils aus Ermittlung und Prävention innerhalb der eigenen Kantons- und Landesgrenzen. Die Schweizer Polizeikorps sind sich die Bekämpfung der analogen Kriminalität gewohnt, denn diese existiert seit es Gesetze gibt. Mit der Entstehung des Internets, verschob sich auch die Kriminalität zunehmend in den digitalen Raum. Nicht nur die Strafverfolgungsbehörden, auch die Gesellschaft unterschätzte den Einfluss des Internets auf den Alltag und damit auch auf die Kriminalität. Das Internet ist mittlerweile auch für die Polizei kein Neuland mehr. Aber die Entwicklung zum Web3 und das Phänomen Metaverse könnten die Polizei zukünftig vor neue Herausforderungen stellen.

Serdar Günal Rütsche, Leiter NEDIK und Chef Cybercrime Kapo ZH

„Die moderne Polizeiarbeit insbesondere im Web3 muss sich viel stärker von der Ermittlung in Richtung Prävention entwickeln. Dazu gehören auch rechtliche Rahmenbedingungen für Meldepflichten und eindeutige Altersbestimmungen für Nutzung von Inhalten.“

 

Unklar ist, in welche Richtung sich das Web3 entwickeln und wie die Idee des Metaverse umgesetzt wird. Das Gefahrenpotential ist unverkennbar vorhanden und muss verstärkt mit präventiven Massnahmen eingedämmt werden. Es bietet sich der Polizei bereits heute die Chance diese Entwicklungen zu beobachten und sich dementsprechend auszurichten, um den Anschluss an die neue Technologie nicht (erneut) zu verpassen.

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Dominik Käser

Dominik Käser ist Cyber-Ermittler und Spezialist für Kryptowährungen bei der Kantonspolizei St. Gallen und bloggt aus dem Unterricht des CAS Crypto Finance & Cryptocurrencies.

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