Schöne neue Wein-Welt

Wer der Ansicht ist, dass es sich bei Wein um ein Thema aus der analogen Welt handelt, hat recht. Dennoch hat Wein den Sprung in die digitale Welt geschafft. Willkommen in der schönen neuen Wein-Welt.

Jancis Robinson MW führte vor 20 Jahren in der Einleitung des Weinatlas aus: „Von allem, was wir kaufen, ist Wein am genauesten festlegbar. Wenn wir ihn von einem Regal nehmen, können wir mit einem Blick erkennen, wer ihn herstellte, wann er entstand und woher er gekommen ist.» (Johnson, Robinson, 2001)

In einer analogen Welt kann das Vertrauen der in der Lieferkette involvierten Parteien ausreichen, um dem Endkunden ein ausreichendes Mass an Sicherheit zu geben. Wenn aber ein Grossteil des Weinhandels online abläuft, reicht das nicht mehr – oder zumindest nicht immer. Insbesondere bei Prestigeweinen, welche über Onlineauktionen gehandelt werden, besteht ein grosses Risiko von Weinfälschungen.

Obwohl Wein meist ein austauschbares (fungible) Gut ist, kann daraus je nach Herkunft oder Jahrgang ein durchaus einzigartiges (non fungible) Gut werden.

In einer Blockchain sind Transaktionen manipulationssicher und nachverfolgbar. Während Kryptowährungen teilbar sind, können mit einem Non-Fungible Token (NFT) auch physische nicht teilbare, einzigartige Gegenstände – wie gewisse Weine – in der Blockchain abgebildet werden. Jeder Token repräsentiert das Eigentumsrecht an einem spezifischen Asset. Weinproduzenten können Flaschen individuell mit einem NFC-Chip markieren und so den Hersteller, den Jahrgang und die Appellation garantieren. Ferner wird der Lebenszyklus eines so gesicherten Produkts nachweisbar.

Realisiert wird dies über Smart Contracts. Das sind Computerprogramme, die dezentral gespeichert und ausgeführt und auf einer Blockchain geschrieben werden. Wenn die Blockchain öffentlich und so aufgebaut ist, dass gespeicherte Daten nicht verändert werden können, ist die Information vertrauenswürdig. Ethereum ist beispielsweise ein solches Blockchain-Netzwerk. Die verschiedenen Stadien im Lebenszyklus eines Weins wie Traubenanbau, Weinbereitung, Lagerung oder Lieferkette können so dargestellt und lückenlos nachverfolgt werden.

Wird die Weinflasche geöffnet, speichert der NFC-Chip dies physisch an der Weinflasche. Die Information wird an die Blockchain übermittelt. Dort werden diese Daten digital abgelegt. Somit ist die Information, dass diese Flasche Wein getrunken wurde, öffentlich. Ist auf der Blockchain die Information abrufbar, dass die Flasche nicht geöffnet wurde, können Käufer zu jedem Zeitpunkt sicher sein, dass sich der Original-Wein in der Flasche befindet.

«Der eigentliche Sinn einer Blockchain besteht darin, dass Menschen – insbesondere all die Personen, die einander nicht vertrauen – wertvolle Daten auf eine manipulationssichere Weise teilen können.» (MIT Technology Review zit. in authena.io).

Für Endkunden, die den Wein direkt vom Produzenten oder dem Händler ihres Vertrauens kaufen um ihn zu trinken, ist diese technische Entwicklung möglicherweise weniger relevant. Da die Entwicklung dazu beiträgt, Weinfälschungen die Grundlage zu entziehen, ist sie jedoch indirekt auch für diese Endkunden nützlich. Für Investoren, die in Wein als Anlageklasse investieren, ist diese Entwicklung von grossem Vorteil.

Zum Thema NFT und Wein wäre da noch die Auktion von BitWine auf OpenSea zu erwähnen. Der von einem Sommelier gestaltete und einem Pixel-Künstler geschaffene digitale NFT#444 – es stellt einen 2018 Côtes du Rhône dar – kann für 444 Ether erstanden werden. Davon vielleicht aber ein anderes mal.

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Konrad Fausch

Konrad Fausch ist Leiter interne Revision bei der Luzerner Kantonalbank AG und bloggt aus dem CAS Crypto Finance & Cryptocurrencies. Er hält das Zertifikat WSET Level 3 Award in Wines.

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