Quantum Mechanics of Leadership

Quanten-computer sind unter den «next big things in IT» eine feste Grösse auf allen Technology-Trend Listen im Jahr 2021. Unzählige Forschungsprojekte drehen sich um die Frage, wie und vor allem warum die subatomare Welt sich so verhält, wie sie es tut.

Interessanterweise entsteht genau durch dieses leistungssteigernde Rätsel von Quanten-Computern eine Parallele zu der Arbeitsweise in der mitarbeiterbasierten Welt.

Die grosse Frage in beiden Fällen ist: «Ist es möglich «nur» Zuschauer zu sein, ohne das zu verändern, was beobachtet wird?»

Quanten-Mechanik ist ein Themenfeld, mit dem sich stundenlange Diskussionen führen lassen, ohne nachträglich zu einem anderen Wissensstand zu gelangen als vorher. Da das Verhalten auf dieser kleinsten uns bekannten Ebene so weit von unserer alltäglich erlebten Physik abweicht, sind Methapern sehr hilfreich für das Verständnis eines Quanten-Computers. Ein sehr interessantes Video für ein besseres Verständnis von Quanten Computern, bietet dieser Link der University of Nottingham.

Herkömmliche Computer basieren auf dem Bit, dem kleinsten Wert in der Informatik. Er kann genau einen von zwei Werten annehmen 0 oder 1. Darauf basiert die gesamte Welt, wie wir sie kennen und liefert die technische Basis für das Smartphone, mit dem dieser Artikel gerade gelesen wird. In einem Quanten-Computer ist die Basis ein ganz anderes Element. Ein QuBit, die Entsprechung eines Bit in einem Q-Computer, hat einen Spin, der entweder aufwärts oder abwärts gerichtet sein kann. Je nach Position hat der QuBit damit einen Wert der zwischen 1 und 0 liegt, so wäre zum Beispiel auch ein Wert von 0.86 möglich.

Um herauszufinden, welchen Spin der QuBit hat, muss eine Messung vorgenommen werden. Diese Messung reicht aus, um den Zustand des QuBit so sehr zu manipulieren und zu beeinflussen, dass jede weitere Messung undefinierbare Messergebnisse liefert. Dadurch, dass der QuBit beobachtet wurde, agiert er nun anders als zuvor – er wurde aus dem Konzept gebracht.

Messungen von Mitarbeiterleistungen mit der Stoppuhr sind passee. Führung mit Vertrauen ist statt dessen ein Konzept, welches spätestens mit dem Leadership Buch von Netflix «No Rules Rules» in aller Munde ist. Die Idee ist einfach, dem Mitarbeiter ein möglichst hohes Mass an Vertrauen entgegenzubringen. Regeln weichen Richtlinien, die definieren, was ein Arbeitgeber von seinem Mitarbeiter erwartet. Im Falle von Netflix bedeutet dies:keine Regeln für Urlaubstage, keine festen Arbeitszeiten. In der IT und speziell im agilen Arbeitsansatz sprechen wir im gleichen Kontext von selbstorganisierenden Teams. Die umzusetzenden Themen werden als Ziel festgelegt, die Umsetzung erfolgt dann allerdings anhand der Definition und des Designs der einzelnen Teams. Um nicht zu weit vom gewünschten Endergebnis abzuweichen, sind in agilen IT-Organisationen Guidelines und Guardrails heute weit verbreitet. Beide Komponenten zusammen sollen für einen Lösungskorridor sorgen, der den Teams durch Verantwortung und Freiraum für Kreativität die Möglichkeit zur optimalen Lösungsfindung bietet.

Als Führungsperson entsteht hier sehr schnell die Analogie zu einer Messung bei einem QuBit. Es ist praktisch nicht möglich in einem Meeting nur stiller Beobachter zu sein. Je mehr hierarchische Weisungsbefugnis besteht, desto weniger ist es möglich keine Botschaft zu senden. Schweigen kann dabei genauso aussagekräftig sein wie eine klare Aussage.

Doch wie erfolgt beispielsweise eine Überprüfung, ob die Guardrails eingehalten wurden oder nicht, ohne durch die Messung das Ergebnis zu verfälschen?

Glücklicherweise bestehen unsere Teams nicht aus QuBits sondern aus Menschen. Es gibt viele Wege, den Effekt des NichtNichtsSagenKönnens zu vermindern. Das Buch «No Rules Rules» schlägt dafür die Stärkung von Feedback vor. Sobald ich mich traue auch dem CEO meines Unternehmens ein Feedback zu geben, für ein Verhalten, für eine Präsentation oder für eine Aussage, habe ich in meiner Organisation eine sehr wertvolle Vertrauensbasis geschaffen. Aufbauend darauf kann ein ganzes Ökosystem an Automatismen entstehen, was am Ende das Überprüfen von Guardrails völlig unnötig macht.

Die Zukunft mit Quantencomputern wird unseren Alltag sicherlich verändern. Eine echte Feedback-Kultur vermag das Gleiche zu erreichen und stärkt zudem noch die menschliche Ebene eines Unternehmens.

Weiterführende Informationen zu Quanten-Computern können ebenfalls in diesem Blogpost von Philip Moriarty aufgerufen werden (Englisch)

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Tobias Hauptmann

Tobias Hauptmann ist Enterprise Architekt bei der Swisscom (Schweiz) AG und bloggt aus dem Unterricht des CAS IT Management & Agile Transformation.

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