Der Howey-Test: von Orangenbäumen und Kryptowährungen

Die Securities und Exchange Commission («SEC») ist für die Regulierung des US-Wertpapierhandels zuständig. 1945 ging sie gegen einen Orangenfarmer vor, weil dieser nicht registrierte Wertpapiere verkauft haben soll. Dem gleichen Vorwurf ist nun Ripple Labs ausgesetzt. Nach dem sogenannten Howey-Test soll XRP nämlich ein Wertpapier darstellen, welches vor dem Verkauf nicht registriert wurde. Was war passiert?

Die SEC gegen W. J. Howey Co.

William J. Howey war ein sehr cleverer Geschäftsmann. Der gelernte Versicherungsverkäufer war in Florida wohnhaft, ein Staat, der für seine Zitrusplantagen bekannt ist. Howey erkannte die Möglichkeit, ein Geschäft aus den Zitrusfrüchten zu machen und ging folgendermassen vor: Howey kaufte Land für damals rund USD 10, auf welchem er Zitrusbäume pflanzte. Die so kultivierten Parzellen verkaufte er zu einem satten Preis von bis zu USD 2’000 weiter und gab dem neuen Besitzer wiederum die Möglichkeit, ihm das Land zu verpachten. Howey würde sich um die Bäume kümmern und den Pächter am Gewinn beteiligen. Dieses Geschäftsmodell erlaubte es immer mehr Personen – insbesondere fachfremden Anlegern aus anderen Staaten – von der Zitrusplantage in Florida zu profitieren. Dies rief die US-Börsenaufsicht auf den Plan, welche daraufhin Howey verklagte. Der Vorwurf lautete auf Verkauf von nicht registrierten Wertpapieren.

Der Howey-Test

Das Verfahren zog sich über mehrere Instanzen hinweg und musste schlussendlich vom Supreme Court entschieden werden. Mit 7 zu 1 Stimmen urteilten die obersten Richter der USA, dass Howeys Vorhaben ein Anlagevertrag («Investment Contract») im Sinne des amerikanischen Security Acts von 1933 darstelle, einem Verkauf von Wertpapieren gleichkomme und die US-Börsenaufsichtsbehörde deshalb zurecht interveniert habe. Ob eine Transaktion einen Verkauf von Wertpapieren darstelle, lasse sich nämlich anhand von vier Punkten, dem «Howey-Test», prüfen:

  1. Eine Geldanlage;
  2. In einem gemeinsamen Unternehmen;
  3. Mit der Erwartung von Profiten;
  4. vorwiegend aus den Bemühungen anderer.

Was bedeutet dies für die Kryptowelt?

Am 22. Dezember 2020 publizierte die SEC eine Medienmittelung, wonach sie gegen Ripple Labs Inc. vorgehe. Wie bei Howey ist die SEC der Meinung, Ripple Labs hätte unregistrierte Wertschriften verkauft.

Webentwickler und Programmierer hatten 2012 das Open-Source-Protokoll Ripple als Zahlungsnetzwerk ins Leben gerufen. Im Grunde genommen ist Ripple eine öffentliche Datenbank, auf welcher Kontostände sowie Kauf- und Verkaufsangebote registriert werden, was Ripple zu einem verteilten Handelsplatz macht. Die Kyptowährung XRP wird auf diesem als Tausch- oder Wertaufbewahrungsmittel eingesetzt. In erster Linie soll XRP den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr vereinfachen.

Das Ripple Netzwerk soll das globale Zahlungssystem revolutionieren. (Bildquelle: Wikimedia Commons)

Ripple Labs Inc. ist ein Unternehmen, welches für die Weiterentwicklung des Ripple Protokolls verantwortlich ist und eine grosse Menge der Kryptowährung XRP hält . Diese verkauft Ripple Labs immer wieder, wobei die Käufer weder Anteils- noch Stimmrechte an Ripple Labs erhalten und auch kein Anrecht auf Gewinnbeteiligung oder Dividenden haben, wie dies bei klassischen Wertpapieren der Fall ist. Das Verfahren läuft noch immer und es ist fraglich, wie dieses ausgehen wird. Klar ist, dass dessen Ausgang von immenser Bedeutung für die Kryptowelt ist. Sollte XRP nämlich als Wertpapier klassifiziert werden, werden weitere Klagen seitens der SEC folgen. Statt Normen zu erlassen und so Rechtssicherheit zu schaffen, ist es für die amerikanischen Behörden nicht untypisch, mittels Durchsetzung solcher Verfahren zu regulieren. Als Joker in diesem Poker könnte sich der neue Chef der SEC, Gary Gensler, erweisen, der am renommierten MIT über «Blockchain and Money» unterrichtet hat.

So wie Howey damals versuchen junge Unternehmen heute neue Felder zu erschliessen. Bleibt nur zu hoffen, dass sie auch die Früchte ihrer Arbeit ernten können.

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Juan C. Franco

Juan C. Franco ist Legal Counsel bei der Bank BBVA SA in Zürich und bloggt aus dem Unterricht des CAS Cryptofinance & Cryptocurrencies. Er ist in Kolumbien geboren und aufgewachsen und lebt seit 20 Jahren in der Schweiz. Er hat in der Schweiz und den USA Recht studiert und beschäftigt sich seit einiger Zeit mit der Integreation von kryptobasierten Produkten in die traditionelle Bankenwelt.

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