Agilität & IT Service Management – Freunde?

Im IT Service Management (ITSM) hat sich das ITIL Framework zum De-facto-Standard entwickelt und hat in vielen Unternehmen dazu beigetragen, dass ein pragmatisches Service Management teilweise durch eine bürokratische IT verdrängt wurde. Dabei wird ITIL häufig als starre Anleitung missverstanden. Agilität und ITSM-Methoden müssen jedoch kein Widerspruch sein. ITIL 4 und DevOps können Antworten liefern.

Die industrielle Entwicklung bewegt sich weg von starren Strukturen, hin zu mehr Agilität und den Fokus auf den Kundennutzen. Der Innovationsdruck steigt, worauf viele Unternehmen mit mehr Agilität reagieren. Scrum, Kanban, Agiles Manifest, SAFe, Feedback Loops… Die Agilität steht gerade bei Entwicklungsteams hoch im Kurs. Dabei dreht sich alles um das Konzept, Prozesse schlank zu halten, kurze Release-Zyklen einzuhalten und flexibel in der Lieferung von neuen Produkt-Inkrementen zu sein um damit schneller auf veränderte Marktbedingungen und Kundenbedürfnisse reagieren zu können. Viele sehen hier einen Konflikt mit dem ITSM auf Basis von ITIL V3. Diese Kritiker glauben, dass durch die umfangreichen Definitionen im ITIL Service Lebenszyklus aufwendige Prozesse notwendig sind um den Nutzen schlussendlich an die Kunden auszuliefern. Die klassischen ITSM-Methoden aus dem ITIL V3 Framework stehen also auf dem Prüfstand.

Agiles Service-Management

Zu unserer Ausgangsfrage dieses Blogbeitrags: Ist die Agilität mit ITSM-Methoden vereinbar? Die kurze Antwort ist: Ja, sie muss! Neben der agilen Software Entwicklung müssen IT-Organisationen nun auch lernen, im gesamten Service Lebenszyklus agil zu sein um den gesteigerten Kundenanforderungen an Schnelligkeit und Qualität gerecht zu werden.

Was verstehen wir unter einem „agilen Service Management“? Die beiden Experten Martin Andenmatten und Robert Sieber nennen in ihrem Whitepaper „Agiles Service-Management“ (https://agiles-servicemanagement.de) folgende 4 Grundsätze:

  • Kundenorientierung: Das Service Management darf den Kunden in den Mittelpunkt stellen.
  • Serviceorientierung: Services, die einen wirklichen Wert für den Kunden haben und vor allem kundenorientiert erbracht werden.
  • Wendigkeit und Anpassungsfähigkeit: Die IT-Organisation benötigt Mittel und Wege um auf Veränderungen gut reagieren zu können.
  • Selbstverantwortung und Selbstorganisation: Teams entscheiden selbständig was sie tun und wie sie es tun.
ITIL 4

Die klassischen ITSM-Methoden sind durchaus in der Lage, den Rahmen für agiles Handeln zu bilden. Axelos als Owner von ITIL hat zudem 2019 mit ITIL 4 Foundation die jüngste Version von ITIL eingeführt. Bewährte Prinzipien und Verfahren des IT Service Managements wurden auf das nächste Level gebracht. Die neue Version 4 soll das Service Management von IT-Organisationen agiler machen und die Digitalisierung von Serviceprozessen unterstützen. ITIL V3 wird durch ITIL 4 erweitert, nicht abgelöst. Da auch in der agilisierten Welt IT-Services entstört, Probleme gelöst und Changes durchgeführt werden müssen, werden vorhandene Ansätze aus den ITIL Vorgängerversionen berücksichtigt und weiterentwickelt. Dabei setzt ITIL 4 den Fokus auf den Value (Kundennutzen). Zudem wird in ITIL V4 nicht mehr von Prozessen gesprochen. Es geht vielmehr um Practices, in denen sich die Fähigkeiten einer Organisation manifestieren, die notwendig sind, um gemeinsam mit Kunden eine messbare Wertschöpfung zu erzielen.

Das ITIL 4 Service Value System (SVS) beschreibt, wie alle Komponenten und Aktivitäten in der Organisation zusammenwirken um Wertschöpfung zu ermöglichen:

Service Value System
ITIL 4 Service Value System (Quelle: axelos.com)

 

Die Leitprinzipien (Guiding Principles) aus ITIL 4 orientieren sich an dem weit verbreiteten Agilen Manifest mit den vier zentralen Wertevorstellungen:

Leitprinzipien ITIL 4 Agiles Manifest
  • auf Einfachheit und Praktikabilität achten
  • dort beginnen, wo man steht
  • optimieren und automatisieren
  • Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge
  • Wertorientierung
  • ganzheitlich denken und arbeiten
  • optimieren und automatisieren
  • funktionierende Software mehr als umfassende Dokumentation
  • Wertorientierung
  • Zusammenarbeit und Transparenz fördern
  • iterative Weiterentwicklung mit Feedback
  • Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung
  • Zusammenarbeit und Transparenz fördern
  • auf Einfachheit und Praktikabilität achten
  • iterative Weiterentwicklung mit Feedback
  • Reagieren auf Veränderungen mehr als das Befolgen eines Plans

 

DevOps als Treiber für agiles und schlankes IT-Servicemanagement

 Agile Software Entwicklung + Agiles IT Service Management = Agile IT (DevOps)

DevOps ist eine Möglichkeit, das IT-Servicemanagement um agile und schlanke Prinzipien zu bereichern. Damit kann die ITSM-Organisation schneller und besser auf Events reagieren und die eigene Erfahrung aus dem Betrieb von Services einbringen. Klassische Ziele und Aktivitäten aus dem IT-Servicemanagement werden in DevOps mit zeitgemässen Ansätzen modernisiert.

 

Weiterführende Links zum Thema
Agile Service Management
Service Management – Ein Grundpfeiler von Devops und Agile
Ein Votum für Agile Service Management
ITIL und DevOps im Zusammenspiel

 

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Marcel Vonesch

Marcel Vonesch ist Expert Wirtschafsinformatiker bei der Suva und bloggt aus dem Unterricht des CAS IT Management & Agile Transformation. Er ist Service Owner bei der Suva und Mitglied eines SAP-Entwicklungsteams. Das Spannungsfeld zwischen agiler Business Value Creation und einem stabilen Service-Betrieb gehört zu seinem Alltag. Gemeinsam mit den Kunden möchte er den Service Value auf ein nächstes Level bringen.

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