Swiss Made Handy: Das Gegenprogramm zur US-Tech-Dominanz

Die Schweiz zahlt jährlich über 340 Millionen Franken für Microsoft-Lizenzen – Tendenz steigend. Behörden und Unternehmen hängen am Tropf amerikanischer IT-Konzerne. Doch es regt sich Widerstand: Das RUAG Guardian Smartphone zeigt, wie digitale Souveränität konkret aussehen kann.


Als im November 2024 die Nachricht die Runde machte, dass die Schweizer Armee ein eigenes Smartphone entwickelt, reagierte die Öffentlichkeit erstaunt. „Guardian“ heisst das Gerät, das die RUAG MRO zusammen mit dem Genfer Cybersecurity-Unternehmen Wisekey entwickelt hat. Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein gewöhnliches Samsung Galaxy, doch unter der Oberfläche steckt eine kleine digitale Revolution.

Das Smartphone ist mehr als nur ein Sicherheitsgerät für die Armee. Es ist ein Symbol für ein Problem, das die Schweiz zunehmend beschäftigt: die Abhängigkeit von amerikanischer IT-Infrastruktur. Und es zeigt einen möglichen Ausweg.

340 Millionen Franken – jedes Jahr

Die Zahlen sind eindeutig: In den letzten zehn Jahren hat der Bund über 1,1 Milliarden Franken für Microsoft-Lizenzen ausgegeben. Allein 2024 waren es 340 Millionen. Mehr als jemals zuvor. Professor Matthias Stürmer von der Berner Fachhochschule spricht von einem „gutartigen Krebsgeschwür„, das sich durch die gesamte Verwaltung frisst. Das Problem: Es gibt faktisch keine Alternative, die sich ohne Hochrisiko-Projekt einführen liesse.

Noch brisanter wird es beim Blick auf die Datensicherheit. Der US Cloud Act von 2018 gibt amerikanischen Behörden das Recht, auf alle Daten von US-Konzernen zuzugreifen. Dabei ist es egal wo auf der Welt die Server stehen. Selbst wenn Microsoft Rechenzentren in der Schweiz betreibt, bleibt das Risiko. Die Konferenz der Schweizer Datenschutzbeauftragten hat deshalb Ende 2025 ein faktisches Verbot internationaler Cloud-Dienste für sensible Behördendaten ausgesprochen.

Guardian: Mehr als nur ein Handy

Genau hier setzt das RUAG Guardian an. Das modifizierte Samsung-Smartphone läuft mit einem massiv überarbeiteten Android-Betriebssystem. Alle Elemente, die Daten an Dritte senden oder nicht verifizierbar sind, wurden entfernt. Statt Google-Diensten gibt es einen eigenen App-Store, statt WhatsApp den Schweizer Messenger Threema. Für die Datenübertragung kommt die an der ETH Zürich entwickelte Internet-Architektur SCION zum Einsatz.

Das Besondere: Guardian kann sich sowohl mit 5G als auch mit einem Satellitennetzwerk verbinden. Die RUAG und die Schweizer Armee planen eine eigene Satellitenkonstellation mit bis zu 40 Satelliten. Das Ziel ist ein souveränes Schweizer Kommunikationssystem für Armee, Polizei, Grenzwacht, Feuerwehr, Behörden und ist unabhängig von ausländischer Infrastruktur.

Deutschland macht es vor

Die Schweiz steht mit diesem Problem nicht allein da. Deutschland hat bereits reagiert: Das Bundesland Schleswig-Holstein steigt komplett aus Microsoft aus. Bis Oktober 2025 sollen alle Mitarbeitenden mit Open-Source-Software wie LibreOffice arbeiten. Digitalisierungsminister Dirk Schrödter erklärt: „IT-Systeme für die Verwaltung sind systemrelevant. Wir müssen als Staat Herr über die Datenhaltung unserer Bürgerinnen und Bürger sein.“

Deutschland bündelt Open-Source-Lösungen unter dem Namen «Open Desk» – eine Art Microsoft-365-Ersatz aus freien Softwarekomponenten. Das neu gegründete Schweizer «Netzwerk SDS – Souveräne Digitale Schweiz» arbeitet bereits daran, Open Desk auch hierzulande zu etablieren. Erste Schweizer Varianten sollen in Kürze verfügbar sein.

Was bedeutet das für Sie?

Die Abhängigkeit von US-Tech betrifft nicht nur Behörden. Eine Proton-Studie zeigt: 68 Prozent der Schweizer Unternehmen nutzen E-Mail-Dienste aus den USA. In der Immobilienbranche und im Einzelhandel sind es sogar 100 Prozent. Nur Banken haben sich mit 8 Prozent weitgehend unabhängig gemacht  sie setzen auf Schweizer Lösungen und SCION-Netzwerke.

Das RUAG Guardian ist noch in der Pilotphase. Ein erster Satellit soll im Januar 2026 ins All geschossen werden, um die Technik im Ernstfall zu testen. Ob sich das System durchsetzt, ist offen. Aber eines ist klar: Die Schweiz hat erkannt, dass digitale Souveränität keine Utopie ist.

Der Weg zur digitalen Unabhängigkeit ist steinig, aber gangbar. Das Guardian-Smartphone beweist: Swiss Made funktioniert auch in der IT – wenn der politische Wille da ist.


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Dieser BlogBeitrag wurde mit Unterstützung von KI erstellt


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Fabian C.

Besucht das CAS IT Management & Agile Transformation an der Hochschule Luzern. Als IT-Verantwortlicher interessiert ihn besonders die strategische Unabhängigkeit von internationalen Tech-Konzernen und die Chancen digitaler Souveränität für die Schweizer Wirtschaft.

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