Im CAS Enterprise Architektur bekam ich einen sehr guten Einblick in andere Sichtweisen. Ich komme aus der Technik, daher ist der Austausch mit Personen aus dem Business sehr wertvoll, um auch die „andere“ Seite zu verstehen. Mir stellte sich aber sehr schnell die Frage, wie es dazu kam, dass viele, gerade grössere Unternehmen eine solche grosse Anzahl an Rollen, Strukturen haben und diese scheinbar auch benötigen. Dennoch bestehen immer noch viele Unklarheiten und Fragen. Gerade das Fehlen von Schwarz-Weiß ist vermutlich eine der Schwierigkeiten. In diesem Blog möchte ich meine Gedanken zu diesem Thema niederschreiben. Dies soll kein wissenschaftlicher Text werden, sondern eher zum Nachdenken, oder zu Diskissionen motivieren.
Die Rolle der IT
Wenn man Ende der 80er, oder Anfangs 90er Jahre etwas mit Computern am Hut hatte, wurde man nicht selten belächelt. Der Begriff „IT“ war damals noch nicht in aller Munde, sondern man sagte simpel „i’m working with computers“ o.Ä. Mit ein paar wenigen Aussnahmen, beschränkte sich damals der Einsatz von IT nicht selten auf das Schreiben von Korrespondenz. Digitale Kommunikation, also auch E-Mail, gab es damals zwar schon, aber wurde nicht von der breiten Masse genutzt. Generell wurde IT vor allem für bestimmte, interne Bedürfnisse eingesetzt.
Dann wurde ca. 1993 das Internet für die Öffentlichkeit in der heutigen Form verfügbar. Dies war wohl eine der Sternstunden der IT. Vorher gab es nur eine Handvoll Firmen, die digitale Produkte in Form von Software angeboten hatten. Beispielsweise Microsoft oder auch Lotus hatten bereits vorher solche Produkte am Markt. Aber auf einen Schlag entstand eine neue, stetig wachsende Quelle an Informationen, e-commerce und Unterhaltung, etc. Und alle diese haben eines gemeinsam: Die IT ist die Wegbereiterin. Bedeutet, nur schon ohne Software – in Form von Browsers und Suchmaschinen –, bleibt einem diese Welt verschlossen. Hier ist das wohl prominenteste Beispiel: Google. Diese Firma hat quasi ausschliesslich digitale Produkte, jedoch sind ihr Browser und die Suchmaschine weiterhin Kernprodukte.
Die Konsequenz der stetig steigenden Relevanz der IT war ihr Wachstum. Heute gibt es kaum noch Firmen, die nicht in irgendeiner Weise digital sind. Und sei es nur eine E-Mail-Adresse. Die IT wurde immer mehr. Mehr Investitionen, mehr Personal, mehr Ressourcen, mehr, mehr, mehr. Damit steigt aber auch die Komplexität in allen Aspekten einer IT-Organisation, die man handhaben muss.
IT und die Organisation
Durch den wachsenden Einfluss der IT, auch auf die Geschäftsfähigkeit einer Firma, wuchsen auch die IT-Abteilungen. Oder die IT-Abteilung ist gar der Kern der Wertschöpfungskette. Während in den 80er-Jahren die IT wohl meist eher ein Opt-in war, ist sie heute oft kritisch. Damit einhergehend stiegt auch die Anzahl an Fachpersonen, welche notwendig wurden, um diese Systeme und Produkte zu entwickeln und zu betreiben. Sprich, die IT wurde technisch wie auch organisatorisch komplexer. Der wohl meistverbreitete Ansatz, um der Komplexität herr zu werden, ist Abstraktion. Dies gilt sowohl für die eigentliche Technik als auch für die Organisation als solche. Wenn es realistisch wäre, alle Aufgaben durch eine oder zwei Personen übernommen zu können, wäre es sicher viel einfacher. Man hat klare Zuständigkeiten und Kommunikationskanäle – das Ganze wäre deutlich effizienter. Nur sieht die Welt heute anders aus.
Es ist naheliegend, dass gerade die vertikale Organisation wächst. Dies ist die Konsequenz der Abstraktion, jedoch bedarf es wiederum mehr Controlling, Governance und Kommunikation. Und vor allem ist gemeinsames Verständnis bezüglich dieser Strukturen elementar. Die involvierten Personen müssten Kenntnis über ihr Umfeld besitzen.
Fazit
Die IT hat sich seit den 80er-Jahren von einem Nischendasein zu einem Key-Player gemacht. Ohne IT geht heute quasi nichts mehr. Alles wurde aber auch komplexer, was wiederum zu neuen Herausforderungen führt. Oft wird versucht, diesem Problem mit Abstraktion und auch Tools entgegenzuwirken. Ironischerweise führt Abstraktion nicht selten erneut zu Komplexität, da sie ja weiterhin existiert, jedoch nicht mehr direkt sichtbar ist. Was sich gerade bei der Kommunikation sehr oft spürbar ist, ist, dass man entweder nicht dieselbe Sprache spricht oder gar nicht weiss, wer jetzt genau der Ansprechpartner ist. Architektur ist in der IT allgegenwärtig und dies auf verschiedenen vertikalen Stufen der Abstraktion. Es gibt u.A. Software/Applikation, Solution, Domain und eben den Enterprise Architekten. Spontan kann man sich plastisch unter all diesen Funktionen wohl meist etwas vorstellen. Wenn es dann aber um das Operative geht, wird es durch das fehlende Schwarz-Weiß undurchsichtiger, da viele Berührungspunkte unter diesen Rollen bestehen. Aber auch mit dem Business.
Man könnte also abschliessend sagen, dass Komplexität zu Abstraktion führt, die wiederum Potenzial für zusätzliche Komplexität birgt. „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ – kennen wir jedoch wirklich alle Teile oder das Ganze?
