Virtuelle Realität im Spitalumfeld nutzt die Sichtbarmachung von Strukturen, die im diagnostischen Umfeld aus den bildgebenden Verfahren einen gewebespezifischen Einblick in das Körperinnere erlaubt. Die eingesetzte Software-Lösung erlaubt ein sekundenschnelles Umschalten der Darstellung von Knochen, Blutbahnen, Organen, Lymphe wie auch spezifischen Transparenzansichten der Haut mit dem darunterliegenden Fettgewebe und beschleunigt die Diagnose.
Der Auslöser
Erste Berührungsmomente mit dem Thema Visualisierung im 3D Raum reichen schon Jahrzehnte zurück. Die Darstellung von chemischen Modellen, sprich einfache Moleküle bis hin zu komplexen gefalteten Proteinstrukturen waren in den 1990-er Jahren meine grosse Herausforderung. Aktuell sind Geräte wie 3D-Bildschirme, Tablets und Mobiltelefone erhältlich, die 3D-Strukturen ansprechend ohne aufwändige Hilfsmittel darstellen.
Heute versteht man unter Virtuellen Realität, kurz VR, die Darstellung von realitätstreuen Objekten im dreidimensionalen Raum. Daneben sind noch viele weitere Formen der 3D-Darstellung möglich, welche unterschiedlichen Zielen dienen. Die gängigen Begriffe reichen von Assisted Reality, Augmented Reality, Mixed Reality über Virtual Reality bis hin zu Extended Reality. Im Gesundheitswesen sind aktuell vorwiegend VR-Systeme im Einsatz, die weitere Entwicklung geht hin zu Assisted Reality Systemen, die z.B. bei Eingriffen ein hilfreiches Werkzeug bieten.
Wie ist die Virtuelle Realität in unser Spital eingedrungen?

Der Startschuss wurde 2017 aufgrund intensiver Forschung an der Entwicklung von 3D-gestützten Hilfsmitteln im Medizinal Umfeld ein Innovationsprojekt über die Spitalleitung lanciert. Der entscheidende Auslöser zur Testung war eine Demonstration der Software an oberste Stelle (Videolink «Virtual Reality in Medicine New Opportunities for Diagnostic», CIAN, Departement für Biomedizinische Forschung der Universität Basel, Abb.1). Erwähnenswert ist, dass die Beurteilung eines nicht ansprechbaren Patienten auf der Notfallstation anstand. Nach kurzer Instruktion zur Verwendung der 3D-Brille konnte ein nicht medizinisch ausgebildeter Mitarbeiter innerhalb weniger Augenblicke den Hinweis auf die innere Verletzung des Patienten finden. Das war für alle Anwesenden beeindruckend und führte zur sofortigen Genehmigung der nötigen Mittel, um die Anwendung im medizinischen Umfeld einsatzfähig zu machen.
Die architektonische Herausforderung bestand in der Integration der Lösung in die bestehende Infrastruktur. Die technische Umsetzung konnte angegangen und nach Analyse der Anforderungen gelöst werden. Der lange Weg zur Zertifizierung als Medizinal Produkt Klasse 1 & 2 konnte nun beschritten werden, behandlungsrelevante Entscheide können nun mit Hilfe der VR-Technologie getroffen werden.
Welche VR-Anwendungen sind heute in Betrieb und welche Möglichkeiten stehen uns in Zukunft offen?
Die folgende Aufzählung ist nicht abschliessend, bietet jedoch einen Einblick in die Vielfalt der heute verfügbaren Anwendungen:
- Ausbildung in der Autopsie (IRM, Workflow-Tests, unblutige, wiederholte Übungen)
- Präoperative Planung (USB mit SpectoMedical1, virtuelle Patientenaufklärung (Titelbild, Beitrag SRF-PULS), Simulation und Anpassung von Prothesen, Segmentierung (Abb.2) und Bewegungssimulation)
- Notfallabklärung bei nicht ansprechbaren Patienten (USB Forschung, Hirnschlag, Herzschlag, Trauma)
- Ausbildung von Pflegekräften2 (KSBL, Qualitätssicherung, Stresssimulation)
- Angebot zu Trainingszwecken für Bewegungseingeschränkte Menschen3 (SPZ, Iris-gesteuerte Unterhaltung, Handtraining, Kreativität)
Wo sind heute die Grenzen dieser Technologie?
Wir sprechen hier von 3D-Darstellungen, die aus radiologischen Schichtbildaufnahmen durch Spektralanalyse und statistische Verfahren erzeugt werden. D.h. die Darstellung hat immer eine gewisse Ungenauigkeit, die in jedem Fall zu berücksichtigen ist. Ähnlich aufgebaute Gewebearten lassen sich schwer unterscheiden, in Detailfragen ist medizinisches Grundwissen der Anatomie zwingend notwendig.
Wo stehen wir technologisch im medizinischen Umfeld im Vergleich zu kommerziellen Anwendungsgebieten?
Spielhallen legen den Fokus auf Actionszenen mit hoher Bildrate und geringerer Bildtreue im Gegensatz zu virtuellen Reisen, welche das Hauptaugenmerk auf die detailtreue Wiedergabe von Spielszenen lenken. Letzteres trifft ebenfalls in den planerischen Bereichen der Architektur, des Autobaus und generell im Ingenieurwesen zu.
Werden die Visionen aus Science-Fiction Filmen schon morgen Realität?
Teilweise sind diese Visionen schon überholt. VR-Brillen mit ausgereiften Augmented Reality Funktionen sind seit kurzem auf dem Markt, Hand-Controller sind nicht mehr notwendig, 3D-Bildschirme ohne Hilfsmittel sind bereits Realität.
Quellennachweis:
1 Specto Medical AG, Elisabethenstrasse 18, 4051 Basel, Switzerland, spectomedical.com
2 Regio Aktuell, Sonderseiten WEITERBILDUNG, 11-2025, S.38-39
3 Hans Wyss, Projektleiter Digitalisierung Innovation Transformation, SPZ Nottwil
