Die Beurteilung von Baugesuchen ist aufwendig und komplex. Wer ein Baugesuch einreicht, erwartet rasch den Baubewilligungsentscheid. Liegt der Schlüssel für eine effizientere, kundenfreundlichere Bearbeitung der Gesuche in der hybriden Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI? Wie sollen die Aufgaben verteilt werden? Wer übernimmt die Verantwortung? Diesen Fragen geht der Blogbeitrag nach.
Was kann KI leisten?
KI kann bereits bei der Eingangskontrolle der Baugesuche wertvolle Unterstützung bieten. Mit Technologien wie Optical Character Recognition (OCR) liest sie die Baupläne und weitere Gesuchsunterlagen, analysiert die Daten und gleicht sie mit Eingabevorschriften und GIS-Daten ab. Formelle Fehler wie verpasste Fristen oder unvollständige Unterlagen erkennt sie schnell und zuverlässig. Auch bei der inhaltlichen Prüfung kann KI Aufgaben übernehmen. Gesetzliche Vorgaben ohne Ermessensspielraum – wie die Einhaltung von Abstands- oder Zonenvorschriften – werden automatisch geprüft. Bei komplexeren Fragen greift KI auf die relevanten Daten zu und stellt Entscheidungsgrundlagen bereit. So bleibt den für die Prüfung der Gesuche zuständigen Mitarbeitenden mehr Zeit für Fragestellungen, bei denen menschliches Urteilsvermögen gefragt ist.
KI hilft, die Transparenz und Bürgerfreundlichkeit zu erhöhen: KI-basierte Chatbots geben Gesuchstellenden in Echtzeit Auskünfte zu hängigen Baugesuchen, erklären das Verfahren und helfen bei der Einreichung. Entscheidungen von KI basieren auf klaren Regeln, was die Konsistenz erhöht und subjektive Einflüsse minimiert. Das schafft Vertrauen.
Wo liegen Herausforderungen und Grenzen von KI?
Der Einsatz von KI bei der Bearbeitung von Baugesuchen ist mit Herausforderungen verbunden – vor allem, wenn es um Datenschutz, Datenqualität und Akzeptanz geht:
- Datenschutz und Sicherheit
KI benötigt Zugriff auf geschützte personenbezogene Daten und möglicherweise auf Geschäftsgeheimnisse der Gesuchstellenden. Hier sind strenge Vorgaben nötig, um Missbrauch und Cyberangriffe zu verhindern. Falls externe KI-Systeme eingesetzt werden, sind klare Datenverträge erforderlich, die den Umfang, die Nutzung und die Löschfristen der Daten regeln. - Datenqualität
Die Genauigkeit von KI hängt massgeblich von der Qualität der zugrunde liegenden Daten ab. Fehlerhafte oder unvollständige Informationen können zu falschen Ergebnissen führen. Ein schlecht gescannter Bauplan kann beispielsweise dazu führen, dass ein Abstand falsch berechnet wird. Ein fehlender Zugriff auf Daten, die für die Beurteilung notwendig sind, kann bewirken, dass ein Einsprecher fälschlicherweise als nicht zur Einsprache legitimiert beurteilt wird. - Akzeptanz
Bürgerinnen und Bürger sowie Mitarbeitende sind oft skeptisch gegenüber Beurteilungen, die von Maschinen vorgenommen werden. Damit KI akzeptiert wird, müssen ihre Aufgaben im Beurteilungsprozess transparent und nachvollziehbar festgelegt sein und die menschliche Kontrolle der Ergebnisse ist weiterhin erforderlich.
Die Grenzen der KI bei der Bearbeitung von Baugesuchen liegen in ihrer Unfähigkeit, Interessen gegeneinander abzuwägen und Ermessensfragen zu beantworten. Baugesuche beinhalten selten nur technische Fragestellungen – oft stehen die Wünsche der Bauherrschaft in Konflikt mit Interessen der Nachbarschaft oder des Gemeinwohls. Solche komplexen Abwägungen erfordern menschliches Urteilsvermögen und menschliche Entscheidkompetenz.
(Philipp Herzig, Chief Artificial Intelligence Officer bei SAP)
Mensch und KI– ein starkes Team!
Der ideale Ansatz, um eine effiziente, kundenfreundliche Bearbeitung von Baugesuchen zu gewährleisten, ist eine hybride Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI: Die Stärke von KI liegt in der raschen und konsistenten Analyse grosser Datenmengen und bei der Abwicklung von Routineprozessen. KI übernimmt diese Aufgaben, während der Mensch komplexe Fragestellungen mit Ermessen und Interessenabwägungen vornimmt und die Entscheidverantwortung trägt.
Der Einsatz von KI bei der Baugesuchsbearbeitung steckt in der Schweiz noch in den Anfängen. In einigen Kantonen (ZH, BE) sowie bei der HSLU in Zusammenarbeit mit einer privaten Unternehmung sind Initiativen gestartet, um KI-Technologien in diesem Bereich zu integrieren.
Was denkst du?
Soll KI stärker bei der Baugesuchsbearbeitung eingesetzt werden, oder gibt es noch offene Fragen? Ich bin gespannt auf deinen Standpunkt!
Weiterführende Links zum Thema
- Künstliche Intelligenz in öffentlichen Verwaltungen: Grundlagen, Chancen, Herausforderungen und Einsatzszenarien | SpringerLink
- Projektbericht zur Pilot-Anwendung von Künstlicher Intelligenz in der Kantonsverwaltung, Version 2.0