Der digitale Zwilling: Ein Schlüssel zur Reduktion der CO2-Emissionen auf Forschungscampi

In einer sich rasch verändernden Welt stehen alle Unternehmen und Organisationen, vor der Herausforderung, ihre Arbeitsweisen und die Nutzung von Daten grundlegend neu zu denken. Durch den digitalen Zwilling schaffen wir die Grundlage für einen zukunftsfähigen Campus: ein Campus, der kontinuierlich Daten erhebt, um schnelle und fundierte Entscheidungen zu ermöglichen, und der durch die Messbarkeit und Steuerbarkeit des Ressourceneinsatzes Nachhaltigkeit und Effizienz fördert.

Was ist ein digitaler Zwilling?

Ein infrastruktureller, digitaler Zwilling ist eine detaillierte virtuelle Nachbildung von physischen Infrastrukturen, Prozessanlagen, Gebäuden und Versorgungsnetzen. Diese digitale Replikation ermöglicht es, Daten in Echtzeit zu sammeln und zu analysieren, um den Zustand und die Leistung der Infrastruktur zu überwachen. Durch die Simulation verschiedener Szenarien können potenzielle Probleme frühzeitig erkannt werden. Zudem unterstützt der digitale Zwilling die Planung und Optimierung von Bauprojekten, was zu einer effizienteren Ressourcennutzung und einer Reduktion der CO2-Emissionenbeiträgt.

Wie tragen digitale Zwillinge zur CO2-Reduktion in der Infrastruktur bei?

  1. Optimierte Planung: Reduktion des CO2 der Materialisierung und des Energiebedarfes bereits im Planungsprozess durch direkte Variantenanalyse im Modell.
  2. Optimierung von Energiebedarf: Durch die Simulation von Energieflüssen in Gebäuden und Versorgungsanlagen können Ineffizienzen rasch identifiziert und verbessert werden.
  3. Vorausschauende Wartung: Digitale Zwillinge ermöglichen die vorausschauende Wartung von Maschinen und Anlagen. Durch die frühzeitige Erkennung von Problemen können Ausfälle vermieden und die Lebensdauer der Geräte verlängert werden.
  4. Effiziente Ressourcennutzung: In der Produktion können digitale Zwillinge helfen, den Materialeinsatz zu optimieren und Abfall zu minimieren.
  5. End-of-Life: Die Anwendung eines Materialpasses zur Bilanzierung und Lokalisierung von Materialien/Komponenten beim Rückbau ermöglicht die effiziente Wiederverwendung von Bauteilen im Sinne der Kreislaufwirtschaft

Erfolgsgeschichten

Für den Betrieb der Gebäude und der ETH Campus Areale werden gegenwärtig mehr als 300’000 Datenpunkte erfasst. Dazu zählen Sensordaten aus der Gebäudetechnik (Temperatur, Feuchtigkeit, Lüftungen), der Beleuchtung, der elektronischen Schliessung, aber auch aus Personenzählungen, Vibrationsmessungen usw. In Zukunft werden diese „Live“ Daten mit Gebäudeinfrastrukturdaten aus neuen und bestehenden Bauprojekten kombiniert, verknüpft und ergänzt. Auch heute schon werden diese Daten für die kontinuierliche Betriebsoptimierung und optimierte Planungen eingesetzt, womit die CO2 Emissionen reduziert werden können.

Ein bemerkenswertes Beispiel ist die Stadt Singapur, die einen digitalen Zwilling der gesamten Stadt erstellt hat. Dieser ermöglicht es, verschiedene Szenarien zu simulieren, um die Auswirkungen auf den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen zu bewerten. Durch diese Technologie konnte Singapur bereits erhebliche Einsparungen erzielen und seine Nachhaltigkeitsziele vorantreiben.

Fazit

Lineare Planungsmethoden und Bereichsdenken werden der gesteigerten Komplexität kaum noch gerecht. Hinzu kommen ökologische Konsequenzen, denn Immobilien gehören zu den Top-Verursachern von Emissionen – auch auf Forschungcampi. Wir brauchen ein neues Denken, weg von der Logik einzelner Bereiche, hin zu einem integrativen Vorgehen. Dafür steht die Vision eines digitalen Zwillings, der die komplette Infrastruktur und ihren Betrieb in Daten und Modellen zusammenführen kann. Er ist aber auch Ausdruck davon, dass verstreutes Wissen, fragmentierte Information und fehlende Schnittstellen, die Herausforderungen sind, die es zu überwinden gilt.

Der Fortschritt des Digital Zwillings liegt in der Synergie zwischen Technologie und organisatorischer Veränderung. Eine zukunftsorientierte Organisation zu etablieren, erfordert das richtige technologische Fundament ebenso wie eine Kultur, die Daten wertschätzt und Prozessverbesserungen lebt. Technologie und organisatorische Veränderung sind zwei Seiten derselben Medaille und beide essenziell, um das volle Potenzial auszuschöpfen.

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Dominik Brem

Dr. Dominik Brem leitet an der ETH Zürich die Abteilung Engineering und Systeme. Mit seiner Abteilung unterstützt er die Entwicklung eines nachhaltigen Campus an der ETH Zürich mit Digitalisierungsinitiativen in der Infrastruktur unter der Prämisse "Spitzenforschung braucht Spitzeninfrastruktur".

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