Spracherkennung in der Face-to-Face Bankberatung

Voice-Recording und Spracherkennungssoftware, welche die gesprochene Sprache in Text umwandelt, wird bereits in vielen Bereichen eingesetzt. Sei es im privaten Alltag z.B. mit Siri, WhatsApp oder auch bei geschäftlichen Prozessen für die Effizienzsteigerung.
Aber funktioniert dies auch in einem direkten physischen Austausch zwischen Kunden und Beratende? Gerne zeigen wir mögliche Vorteile aber auch Herausforderungen auf.

Stellen wir uns vor, wie während des Gesprächs mit Kunden dank der Spracherkennungssoftware wichtige Informationen, Notizen oder Aufgaben einfach festgehalten werden. Die Technologie ermöglicht es in Echtzeit Handlungsempfehlungen aufzuzeigen. Die Datenerfassung und Verarbeitung erfolgen nahezu ohne Verzögerung. Daraus ergeben sich verschiedene Vorteile:

  • Dokumentationspflicht
    Im Finanzsektor ist die Dokumentation des Beratungsgesprächs regulatorisch zwingend. Ein Voice-Recording ermöglicht es, diese Dokumentationspflicht als Audio-Datei sofort festzuhalten oder mittels Spracherkennungssoftware nach dem Gespräch als Dokumentation zu erstellen. Sämtliche Details werden so festgehalten und der Zugriff auf die Informationen wird sichergestellt.
  • Effizienzsteigerung und Fehlerreduktion
    Ein grosser Vorteil ist die Zeitersparnis. Das manuelle Notieren von Gesprächsinhalten kann viel Zeit beanspruchen und fehleranfällig sein. Mit der automatischen Dokumentprotokollierung können Fehlerquellen verringert werden.
  • Fokussierung auf Gespräch
    Durch die Spracherkennungssoftware können Entscheidungen oder Folgeaufgaben automatisch festgehalten werden. Der Beratende muss die Notizen nicht selbständig vornehmen und dadurch wird das Gespräch mit dem Kunden nicht unterbrochen. Beratende können sich vollkommen auf die Bedürfnisse und Wünsche des Kunden konzentrieren.
  • Systematische Handlungsempfehlungen
    Die Software kann den Beratenden in der Kommunikation mit dem Kunden unterstützen. Konkret kann das System aufzeigen, welche Themen besprochen werden sollen oder mögliche Lösungsempfehlungen systematisch aufzeigen.

Jedoch gibt es auch Herausforderungen, welche bei der Implementierung und Nutzung zu berücksichtigen sind:

  • Datenschutz und regulatorische Anforderungen
    In einem Finanzberatungsgespräch sind unterschiedliche regulatorische Anforderungen sowie auch der Datenschutz zu berücksichtigen. Die gewählte Technologie muss diese Anforderungen sicherstellen.
  • Verlässlichkeit
    Eine ungenaue Spracherkennung führt dazu, dass falsche Informationen erfasst werden. Es ist daher wichtig, dass die eingesetzte Technologie mit spezifischen Fachbegriffen und Ausdrücken, Dialekten und unterschiedlichen Gesprächspartnern umgehen kann.
  • Integration in Beratungssystem
    Die Spracherkennung sollte nahtlos in die bestehende Berater- und CRM-Lösung des Finanzinstituts integriert werden.
  • Akzeptanz beim Kunden
    Einige Schweizer Banken nutzen Sprachaufzeichnung bei Telefonaten zu Qualitätssicherung und Kundenidentifikation. Die Frage ist, wie Kunden damit in der Face-to-Face Kundenberatung umgehen. Dies ist vor einer Implementation genau zu prüfen und das Verhalten zu testen.

Die Technologie bringt einige Vorteile und Herausforderungen mit sich. Aber kommen diese Technologien bei Face-to-Face Bankberatungen in der Schweiz bereits zum Einsatz?

Der Austausch mit verschiedenen Bank-Vertretenden zeigt, dass eine breite Nutzung in der Beratung zurzeit kaum gegeben ist. Dennoch haben einige Banken begonnen, Diktierfunktionen und Spracherkennungstechnologien teilweise auch nur testhalber z.B. mit Innovationsprojekten wie das Projekt Heinzelmännli der Innofactory, in diesem Bereich einzusetzen.

Gemäss der IFZ Studie digitaler Bankberaterarbeitsplatz 2024 haben die an der Studie teilnehmenden Banken darauf hingewiesen, dass sie in den nächsten 3-5 Jahren u. a. mit Einführung von AI, Analytics und Prozessautomatisierung Potential für Effizienzsteigerung vorhanden sei. Beispielsweise bei der Bedürfniserkennung oder Beratungs-Protokollierung.

Der Einsatz dieser Technologien in der Face-to-Face Beratung wird somit in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen. Dies wird sicherlich auch mit der Weiterentwicklung von Spracherkennungssoftware unterstützt. Sind wir gespannt!

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Martin Erni

Martin Erni ist Projektleiter bei der Luzerner Kantonalbank und verantwortete die Einführung deren neu entwickelten Beratungslösung im Jahr 2024. Er bloggt aus dem Unterricht des CAS Digital Business Innovation.

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