Verwaltung: So digital wie möglich oder alles digital möglich machen?

Schon fast dauerhaft rufen wir im Kanton Luzern nach Vereinfachung der administrativen Prozesse in der öffentlichen Verwaltung. Bürgerinnen und Bürger ärgern sich über den mühsamen Gang zum Schalter um einen Antrag, ein Formular einzureichen. Oder wir schütteln ungläubig den Kopf über die grosse Papiermenge, welche zu jeder Abstimmungsvorlage im Briefkasten landet. Ansätze und Lösungsvorschläge existieren und doch stockt der Digitalisierungsprozess dazu.

Effektivität und Effizienz

Die Kundinnen und Kunden des Kantons Luzern verlangen vermehrt nach einem raschen und einfachen Service bei der öffentlichen Verwaltung. Auch Firmen und Institutionen fordern Ressourcenoptimierungen, damit sie Zeit, Ärger und Kosten sparen können. Komplizierte Abläufe und unzählige Formulare von verschiedenen Ämtern erschweren dabei die Vorgehensweise für Antragstellende. Oftmals fordert jedes Amt Grunddaten ein, die anderswo längst vorhanden sind.

Um diesem Umstand noch mehr Dringlichkeit und Beachtung zu schenken, lancierten die Jungfreisinnigen 2023 die Digitalisierungsinitiative. Der darin festgehaltene «Digital-first»-Ansatz fand grosse Unterstützung, weshalb das Initiativkomitee schon ein Jahr später die Initiative einreichte. Das Anliegen rückt das Bedürfnis nach Digitalisierung ins Zentrum. Somit stehen die Chancen gut, als Kundin und Kunde schon bald Vereinfachungen und ortsunabhängige Entwicklungen nutzen zu können. Diese Massnahmen können auch den grossen Papierverbrauch bei Abstimmungen reduzieren.

Herausforderungen in der öffentlichen Verwaltung

Das Zusammenspiel von öffentlichen Verwaltungen mit den silo-artigen Bereichen wie Bewilligungen, Steuern, Soziales, Polizei, etc. ist sehr komplex. Hinzu kommt, dass diese meist auch über die drei Staatsebenen Gemeinde, Kanton und Bund zusammen funktionieren müssen. Ergänzend sind sehr hohe Anforderungen an (Cyber-)Sicherheit zu erfüllen. Die öffentliche Verwaltung steht dabei viel mehr im Fokus als ein KMU oder eine Organisation. Neben allen Bürgerinnen und Bürgern würden die Presse sowie politische Parteien die Verantwortlichen mit Vorwürfen eindecken. Der Schaden in Sachen Datenschutz könnte dabei rasch ungeahnte Ausmasse annehmen.

Das zeigt sich auch am Beispiel vom Stimmrechtsgesetz des Kantons Luzern. Dieses Gesetz ist nunmehr 36-jährig und definitiv nicht mehr auf dem aktuellen Stand. Die Komplexität zeigt sich vor allem auch daran, dass die Arbeitsgruppe mit der Revision lediglich alles digitalisieren will, was rechtlich möglich ist. Das spricht jedoch nicht für eine grosse und zukunftsgerichtete Gesetzesrevision.

Konstruktives Miteinander und Lösungsansätze

Die Gesetzgebung und die damit verbundenen politischen Prozesse bis hin zu möglichen oder nötigen Volksabstimmungen ist langwierig und kompliziert. Nicht selten werden dabei jahrelange Aufarbeitung mit einer Abstimmung zunichte gemacht. Trotzdem müssen wir alle daran arbeiten, zusammen mögliche Ideen wie…

  • Digital first – aber das Analoge weiterhin anbieten
  • Print on demand – gedruckte Abstimmungsunterlagen anfordern
  • Printversionen bei Generation X (1980 – 1966) und älter als Standard vorsehen mit der Möglichkeit eines Wechsels auf Digitalversionen

…gedanklich weiter zu spinnen und in hilfreiche und verbessernde Lösungen umsetzen. Damit könnten wir von «alles digitalisieren, was rechtlich möglich ist» in ein Denken «rechtlich möglich machen, dass alles digitalisiert werden kann.» übergehen. Der Handlungsspielraum kann so einer sich rasant verändernden digitalen Welt angepasst werden.

Fazit

Die Digitalisierung schreitet voran und wartet auf niemanden. Das heisst aber nicht, dass wir alles mitmachen und umsetzen müssen. Doch besteht die Gefahr, dass wir durch eine zu zaghafte Annäherung an die Digitalisierung grosse Lücken öffnen. Zudem kann eine im Inhalt einengende Revision vom Stimmrechtsgesetzt eine mögliche Flexibilität zunichte machen. E-Voting, elektronische Abstimmungsinformationen, Onlineformulare, E-Identity, Online-Schalter sind bereits heute keine Hirngespinste mehr, sondern gewünschte und auch verlangte Realitäten in einer schnelllebigen Zeit. Die Herausforderungen der Digitalisierung für den Staat wurden schon 2021 vom damaligen Bundeskanzler Walter Thurnherr skizziert. Er wies schon damals auf die Notwendigkeit hin, die Gesetzgebung den Umständen anzupassen. Darum müssen wir laufend informieren und überzeugen. Denn nur so können wir auch in der öffentlichen Verwaltung und bei der Bevölkerung Akzeptanz und Verständnis schaffen.

In diesem Sinne: Wollen wir heute die Verwaltung von morgen gestalten – oder warten, bis uns die Realität dazu zwingt?

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Armin Niederberger

Armin Niederberger ist Geschäftsführer bei der Stucky Holzprofilleisten AG und bloggt aus dem Unterricht des CAS Chief Digital Officer. In der Unternehmung selber digitaler Antreiber, interessiert er sich als Ortsparteipräsident der FDP Buchrain auch politisch für dieses Thema.

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