Die Skoliose Messung hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Modernste Maschinen wie das Röntgengerät EOS oder Computertomographen mit Zinnfilter benötigen dazu nur einen Bruchteil der Strahlendosis älterer Technologien. Eine aktuell laufende Studie untersucht, ob durch den Einsatz von 3D-Scannern und ausgeklügelter Software in der Skoliose Diagnostik zukünftig gar ganz auf Strahlung verzichtet werden kann.
Skoliose-Diagnostik
Die Skoliose ist ein weit verbreitetes Krankheitsbild. Dabei handelt es sich um eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule, welche sich oft bereits im Kindesalter ausprägt. Um der Erkrankung entgegenzuwirken und einen schweren Verlauf zu verhindern, empfiehlt es sich schon früh mit einer Therapie zu beginnen. Zur Evaluation der richtigen Therapie, muss die Skoliose vermessen werden. Dazu wird ein Röntgen der ganzen Wirbelsäule verordnet. Zur Verlaufskontrolle werden etwa alle 6 Monate weitere Röntgenbilder angefertigt. Solche Kontrollen erstrecken sich oft über 5-10 Jahre.
Eine 2016 veröffentlichte Studie untersuchte den Einfluss solcher Aufnahmen auf das Krebsrisiko. Die Studie zeigt, dass die Jugendlichen, welche zwischen 1983 und 1990 cirka 16-mal geröntgt wurden, später etwa 5-mal eher an einem Tumor erkrankten als Personen, die keine solche Diagnostik erhielten. Für mich als Radiologiefachperson ein erschreckend hoher Faktor.
Zur besseren Planung der Operation starker Skoliosen wurde bereits in den 80er Jahren ein CT in Erwägung gezogen z.B. um die Verdrehung der einzelnen Wirbelkörper zueinander zu messen. Dies führte zu noch höheren Strahlendosen für die Betroffenen.
Aktuelle Methoden
Dank leistungsfähigeren Computern ist es heute möglich, mit viel weniger Dosis, beurteilbare Bilder aus Zinnfilter CT’s und microDose Röntgen (EOS) zu errechnen. Ohne die aufwändigen Nachbearbeitungen wären von blossem Auge den Bildern kaum mehr als graue Schlieren zu erkennen.
Im EOS kann gleichzeitig von vorn und von der Seite geröntgt werden. So erstellte Bilder lassen sich über Algorithmen im 3D Raum auswerten. Dies ermöglicht ähnlich genaue Berechnungen der relevanten Werte zur Skoliose Messung wie im CT. Durch adäquate Auswertung der Aufnahmen kann sich eine zusätzliche CT-Untersuchung zur OP-Planung somit erübrigen. Da die EOS-Bilder im Stehen erstellt werden, lassen sich daraus zudem weitere, relevante Informationen lesen (Beckenkippung, Lot…).
Herausforderungen
Die Rekonstruktionen, auf denen diese Messungen beruhen, sind sehr zeitaufwändig. EOS bietet zwar mittlerweile, neben manuellen, auch KI Auswertungen an. Leider kann aber weder eine manuelle noch eine KI-basierte Rekonstruktion über die Kranken- oder Unfallversicherungen abgegolten werden. So kann es sein, dass Kliniken aus Kostengründen auf den Mehrwert der 3D Rekonstruktionen von EOS-Bildern verzichten müssen.
Chancen
Mit Einführung der neuen Tarifstruktur Tardoc (voraussichtlich 2026) könnte sich dies ändern. Bis dahin ist meines Wissens zwar noch kein Tarif für solche Aufwände vereinbart, da die neuen Tarife jedoch häufiger verhandelt und angepasst werden sollen, besteht zukünftig Hoffnung auf eine angemessene Vergütung.
Trotz enormer technischer Fortschritte verursacht die Strahlenbelastung durch Röntgen und CT- Untersuchungen noch immer ein leicht erhöhtes Krebsrisiko.
Potential durch Forschung
Eine Forschungskooperation aus ETH Zürich, Universitätsklinik Balgrist und der Berner Fachhochschule ermittelt nun die Möglichkeit Skoliosen, mit Aufnahmen einer 3D Kamera (Photoneo MotionCam-3D), zu bemessen. Im Rahmen der Studie wird die Wirbelsäule nach dem EOS-Röntgen gleich mit der 3D Kamera gescannt. Zur Auswertung dieser 3D-Scans und dem Vergleich mit den EOS-Messungen entwickelte dieses Team frei zugängliche Software (PCdare, Matlab).
Da die Studie noch nicht abgeschlossen ist darf noch kein definitives Fazit gezogen werden. Die bereits erzielten Vergleichsergebnisse deuten aber darauf hin, dass der Scan mit der 3D Kamera sehr genaue Messergebnisse liefert.
Fazit
Durch modernste Techniken der Bildgebung und rechenintensive Rekonstruktionen kann die Therapie einer Skoliose schon heute mit sehr wenig Strahlung geplant und kontrolliert werden. Der Einsatz von KI zu derer Auswertung und Anpassungen der Kassen-Tarifstrukturen können zur stärkeren Etablierung der 3D-Auswertung biplanarer Röntgen beitragen und somit das Krebsrisiko der Betroffenen noch weiter senken. Der grösste Gewinn wird aus meiner Sicht jedoch erreicht, wenn sich die Messungen anhand der Rekonstruktion von optischen 3D-Scans (wie PCdare) etablieren.