Raubt KI unserer Gesellschaft die Kreativität?

Ki ist in aller Munde – auch in der Kunstszene und im Klassenzimmer. Wenn neue Technologien Einzug in die Gesellschaft halten, stehen viele Menschen ihnen zunächst kritisch gegenüber. Die Sorgen, dass der Mensch vielleicht in Zukunft mehr auf KI als auf seine eigene Kreativität setzt, ist nicht ganz verkehrt.

Von selbstfahrenden Autos über Kunstwerke bis hin zu einfachen Aufsätzen – künstliche Intelligenz (KI) scheint keine Grenzen zu kennen. In den letzten Jahren hat die KI enorme Fortschritte gemacht und ist in vielen Lebensbereichen präsent. Diese Technologie öffnet unserer Gesellschaft neue Türen. Doch was verbirgt sich hinter diesen Türen?

KI im Alltag

Künstliche Intelligenz ist die Fähigkeit von Computern oder Maschinen, Aufgaben zu erledigen, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern. Vereinfacht gesagt, versucht KI, menschliches Denken und Verhalten nachzuahmen, um komplexe Probleme zu lösen.

Wie bei vielen neuen Technologien durchläuft jede Innovation verschiedene Phasen. Wenn eine Technologie den «peak of inflated expectations» überwunden hat, findet sie oft breite Anwendung in der Gesellschaft. Die KI hat diesen Punkt teilweise mit Textverarbeitungsprogrammen wie bspw. ChatGPT und Copilot erreicht. Auf einfache Anfragen kann eine KI-Anwendung in kürzester Zeit einen Artikel schreiben oder ein Bild erstellen. Das ist auf den ersten Blick zeitsparend und praktisch.

Im Alltag kann KI viele Aufgaben übernehmen, die bisher kreatives Denken erforderten. Bei der Auswahl eines Geburtstagsgeschenks oder eines Ausflugs könnten traditionelle Ideensammlungen durch KI ersetzt werden. Nehmen wir das Beispiel einer Ausflugplanung. Früher wurden Freunde gefragt oder das Internet durchforstet, um Ideen zu sammeln. Heute kann eine KI auf Basis von Vorlieben und dem Wetter die besten Vorschläge präsentieren. Das klingt praktisch, doch was passiert mit der Freude am Entdecken und der Kreativität, die in der Planung stecken? Die Frage ist, ob die Bequemlichkeit siegt und Menschen sich nur noch auf KI verlassen oder das «think out oft the box» Prinzip weiterhin in alltäglichen Dingen seinen Wert behält.

Die Rolle von Kreativität in der menschlichen Kultur

Kreativität ist ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Kultur. Sie ermöglicht es uns, Kunst zu schaffen, Probleme zu lösen und innovative Ideen zu entwickeln. Kreativität ist nicht nur auf Künstler und Schriftsteller beschränkt; sie ist in allen Lebensbereichen wichtig, von der Wissenschaft bis zum Mittagsmenu.

Ein positives Beispiel für die Entwicklung neuer Technologien im Bereich der Kunst und Kreativität ist die Fotografie. Die ersten Fotografien wurden als unwahr und falsch kritisiert. Heute ist die Fotografie eine hoch angesehene Kunstform. Mit Hilfe der neuen technologischen Mittel hat der Mensch einen Weg gefunden, die Zeitaufnahme mit seiner eigenen Kreativität zu verbinden und eine neue Art der Kunst zu schaffen. Die Fotografie hat sich von Schwarz-Weiß zu Farbe bis hin zur digitaler Bearbeitung entwickelt. Hier hat der technische Fortschritt zu neuen Kunstwerken geführt.

Forscher der Humboldt-Universität Berlin und der Universität Essex haben untersucht, wie kreativ KIs im Vergleich zu Menschen sind. In einem Kreativitätstest zeigten KIs ähnlich originelle Ideen wie Menschen. Besonders im „Alternative Uses Test“ schnitten KIs gut ab. Etwa zehn Prozent der Menschen waren jedoch kreativer als jede KI. Antonio Krüger, Direktor des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz, betont, dass KIs nicht spontan kreativ sein können und immer einen äußeren Anstoß benötigen. Für bahnbrechende Innovationen bleibt der Mensch unersetzlich.

Ein Blick in die KI-Kristallkugel

Es mag für einige beruhigend sein, dass die KI trotz ihrer beeindruckenden Fähigkeiten ihre Grenzen hat. Kreativität erfordert nicht nur die Fähigkeit, neue Ideen zu schaffen, sondern auch ein tiefes Verständnis für Kontext, Emotionen und menschliche Erfahrungen zu generieren. Diese Aspekte sind für KI schwer zu erfassen. Ein Algorithmus kann zwar ein Gemälde im Stil von Van Gogh erstellen, aber er kann nicht die Emotionen und Erfahrungen nachvollziehen, die Van Gogh zu seinen Werken inspiriert haben.

Die Auswirkung auf die Gesellschaft wird oft erst später sichtbar. Es bleibt spannend, wie sich unsere Bequemlichkeit auf die Kreativität auswirkt. Die Balance zwischen der Nutzung von KI und der Pflege der eigenen kreativen Fähigkeiten ist entscheidend, wie damals mit der ersten Fotokamera.

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Michèle Singer

Michèle Singer ist internationale Facility Managerin bei der Freudenberg Real Estate und bloggt aus dem Unterricht des CAS IT Management und agile Transformation.

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