Genauso wie sich durch die Energiewende unser Stromnetz verändert, verändert sich auch die Systemlandschaft von Energieversorgern. Dies erfordert unter anderem eine höhere Anpassungsfähigkeit, Expertise in der Datenverarbeitung und den Aufbau von Cloud-Infrastrukturen. Ein Energieversorgungsunternehmen ist längst nicht mehr nur „Energielieferant“, sondern muss mittlerweile komplexe IT-Prozesse beherrschen und Endkunden zukünftig im Bereich Energieeffizienz begleiten.
Die Energiestrategie 2050 des Bundes sieht vor, dass die Schweiz bis zum Jahr 2050 keine Treibhausgase mehr ausstösst. Doch was bedeutet das für die Systemlandschaft von Energieversorgungsunternehmen, wenn immer mehr Menschen ihren Strom aus Photovoltaikanlagen beziehen und zunehmend Wärmepumpen installiert werden? Mit der Zunahme solcher Lösungen muss sich auch die Informatik anpassen, um die Ziele des Bundes optimal zu unterstützen.
Die Datengrundlage der Zukunft:
- Smart-Meter-Daten:
Smart-Meter sind schon länger im Einsatz und lösen die konventionelle Zählerablesung ab. Dies ermöglicht unter anderem eine deutlich einfachere und genauere Zählerauslesung sowie Rechnungsstellung. Aber sind diese Daten nur für die Rechnungsstellung (Meter-to-Cash-Prozess) relevant? In diesen Daten steckt sicherlich noch mehr Potenzial, würde sich ein Data Engineer oder Data Scientist denken 😃. Mehr dazu später im Blog … - IoT-Daten:
Messungen in der Netzinfrastruktur helfen, das Netz besser zu steuern, Schwankungen in der Netzspannung auszugleichen und entsprechende Massnahmen einzuleiten. Darüber hinaus unterstützen diese Daten eine vorausschauende Instandhaltung und ermöglichen es, das Stromnetz kosteneffizienter zu warten.
Topic: Energieeffizienz
Smart-Meter-Werte sind für Endverbraucher wichtig, da dynamische Stromtarife (keine langweiligen statischen Tarife mehr! 😜) möglich werden und die Endverbraucher ihre Energieeffizienz durch Tarifanreize verbessern können. Die IT wird sich denken: Wow! Nahezu Live-Daten! Eine neue Ära beginnt. Doch dann kommt die Herausforderung: Wie übertragen, verarbeiten und nutzen wir diese grosse Menge an Daten? (Exkurs: Bei 200’000 Netzkunden, die alle 15 Minuten Daten liefern, entstehen in einer Stunde 800’000 Datensätze).
Herausforderung für die IT:
Diese Zunahme an Daten erfordert skalierbare Speicherkapazitäten, die beispielsweise durch Cloud-Umgebungen bereitgestellt werden können. Das bedeutet für die IT, dass Know-how im Bereich des Cloud-Setups aufgebaut werden muss. Darüber hinaus muss der Backoffice-Prozess für die Analyse und Bereitstellung dynamischer Stromtarife entsprechend angepasst werden.
Topic: Energiehandel
Smart-Meter-Daten liefern in der Regel 15-Minuten-Werte, wobei auch 5-Minuten-Werte möglich sind. Vor allem im Handel werden diese Werte immer wichtiger, um genauere Prognosen zu treffen und schneller auf Schwankungen reagieren zu können. Tritt beispielsweise ein plötzlicher Wetterumschwung in einer Region mit vielen Photovoltaikanlagen auf, müssen Über- oder Unterkapazitäten schnell erkannt werden, damit sie entsprechend am Energiehandelsmarkt angeboten werden können. Ungenaue Prognosen können für Energieversorger zu hohen Kosten führen.
Herausforderung für die IT:
Die Analyse der Daten und entsprechende Prognosemodelle müssen Hand in Hand funktionieren, um zuverlässige Daten für Entscheider, wie z. B. Energiehändler, bereitzustellen. Die Nutzung spezifischer Handelssoftware, der Aufbau entsprechender Algorithmen und die Erstellung übersichtlicher Reportings sind nur ein kleiner Teil des gesamten Technologie-Stacks, der dafür erforderlich ist.
Topic: Netzausbau
Lastgang- und IoT-Messungen im Netz werden immer wichtiger, um genauere Prognosen für Netzausbauten erstellen zu können. Ohnehin gestaltet sich die gemeinsame Planung zwischen verschiedenen Akteuren (Gemeinden, Kantonen, Baufirmen) oft schwierig – Energieversorgungsunternehmen könnten jedoch in Zukunft eine Vorreiterrolle einnehmen, indem sie mithilfe von Data-Science-Modellen Prognosen für den Netzausbau erstellen. Dafür sind verschiedene Datenquellen erforderlich, wie zum Beispiel Kabelalter, Störungsanfälligkeit bei Netzobjekten und historische Objektdaten.
Herausforderung für die IT:
Die Installation, Übertragung und Speicherung von IoT-Daten erfordert ein gut abgestimmtes Zusammenspiel zwischen Hardware (Sensoren), Übertragung (Transmitter) und Software, die die Daten analysiert und interpretiert. Hierfür werden mittlerweile sogenannte „Digitale Zwillinge“ eingesetzt.
Alle diese Herausforderungen sollten dazu beitragen, unseren Nachkommen eine hoffentlich nachhaltigere und nahezu CO₂-freie Welt zu hinterlassen.