Alles wird gut. Data Feminism!

“Data is the new oil” vs. “Data is the same old oppression” – Datenfeminismus deckt Ungerechtigkeiten auf und inspiriert zum Handeln, diesen Umstand herauszufordern und zu ändern. Sie zielt auf eine umfassende Definition von Data Science ab, bei der Inklusion grossgeschrieben wird und die keine Schranken errichtet. Es geht dabei um (strukturelle) Macht. Darüber, wer sie hat und wer sie nicht hat: «data is power».

Persönliches Interesse an feministischen und genderspezifischen Fragestellungen sind der Motor dieser Zeilen. Bei der Recherche zu Data Science hinsichtlich Feminismus stösst man unweigerlich auf das Buch „Data Feminism“ aus dem Jahr 2020. (http://datafeminism.io/) Diese Publikation ist Ausgangspunkt der Ausführungen. Dabei wird das Augenmerk auf die 7 Kernprinzipien gelegt, es ist also keine umfassende Buchbesprechung.

Was ist Data Feminism?

Laut Catherine D’Ignazio und Lauren F. Klein, die Autorinnen des oben erwähnten Werks, ist „Data Feminism“ die Art und Weise, wie über Daten gedacht wird, gemeint. Sowohl über ihren Nutzen als auch über ihre Grenzen. Geprägt ist dieses Denken von unmittelbaren Erfahrungen, von Aktion sowie von der intersektionalen feministischen Theorie. (https://de.wikipedia.org/wiki/Intersektionaler_Feminismus) Es geht darum, die Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten in der Data Science zu untersuchen und hinterfragen.

7 Grundprinzipien

  1. Macht überprüfen: Analyse der Machtstrukturen in der Welt: Die Macht der Daten wird ungerecht gehandhabt. Sie ist die Waffe der Mächtigen, um die Kontrolle zu festigen.
  2. Macht herausfordern: Ungleiche Machtverhältnisse werden hinterfragt und man setzt sich für Gerechtigkeit ein.
  3. Emotionen und Verkörperung: Daten sollen kreativ visualisiert und kommuniziert werden, so dass sie Emotionen wecken.
  4. Binarität und Hierarchien überdenken: Das generische Binärsystem und andere Zähl- und Klassifizierungssysteme, die die Unterdrückung aufrechterhalten, unter die Lupe nehmen.
  5. Pluralismus: Das Wissen ergibt sich aus der Synthese mehrerer Perspektiven. Vorrang haben lokale, indigene und erfahrungsbasierte Wissensformen.
  6. Kontext: Daten sind weder neutral noch objektiv. Sie sind das Produkt ungleicher, sozialer Beziehungen und dieser Kontext ist für die Durchführung einer genauen, ethischen Analyse unerlässlich.
  7. Arbeit sichtbar machen: Datenfeminismus macht die Arbeit der Data Science sichtbar, damit sie anerkannt und gewürdigt werden kann.

Data Feminism und AI

Feminismus spielt eine wichtige Rolle in der AI-Forschung. Zu den 7 Grundprinzipien kommen da zusätzlich zwei Aspekte hinzu. Das sind die Umweltauswirkungen und der Konsens.

Die Umwelteinwirkungen der AI zementieren die kolonialistischen und kapitalistischen Muster. Bei der Ressourcengewinnung geht es um natürliche Rohstoffe und menschliche Arbeit. Die Konsquenzen des Rohstoffabbaus sind ungleich verteilt. Die Menschen im globalen Süden spüren die schädlichen Auswirkungen des Klimawandels in viel höherem Masse als der globale Norden, obwohl sie viel weniger zu den globalen Emissionen beitragen. Der enorme Energie- und Wasserverbrauch von LLMs wird die Lage noch verschärfen. Das sind nicht nur geografische Probleme. Sie sind auch geschlechtsspezifisch ungleich verteilt. Aus der ökofeministischen Bewegung, die Zusammenhänge zwischen Umweltschäden und der strukturellen Unterdrückung erkennt, könnte sich ein feministisches Prinzip für die AI herauskristallisieren.

Angesichts der sexuellen Gewalt gegen Frauen, Trans- und non-binären Menschen ist das Thema des Konsens ein dauerhaftes Anliegen von feministischen Bewegungen. Die AI erleichtert mittels pornografischen Bildern in Form von Deep Fakes die massenhafte Ausbeutung von Frauen. Was ist mit der Zustimmung der Datenquellen bezüglich der Freigabe, die fürs Training von generativen AI-Systemen verwendet werden? Die Daten werden oftmals einfach abgesaugt ohne Einverständnis der Betroffenen.

Diese Faktoren sollten auch in einer umsichtigen Data Governance miteinbezogen werden. Die Berücksichtigung von feministischen und queeren Denkweisen sind für eine gerechte, inkludierende und zukunftsweisende Data Governance essentiell.

Und jetzt?

Die AI-Forschung ist vom patriarchalen Kapitalismus geprägt, aber vorhersehbar. Die Vorgehensweise ist seit Jahrhunderten sicht- und erlebbar. Das System ist uns bestens vertraut. Diese Voraussehbarkeit des Spätkapitalismus führt zu einem einfachen Ziel aus feministischer Sicht laut den genannten Wissenschafterinnen. Nämlich, wenn wir den Status quo nicht wollen, müssen wir dem Aufruf von Ruha Benjamin folgen und uns «..die Welten schaffen, ohne die wir nicht leben wollen, und diejenigen abbauen, in denen wir nicht leben wollen» (https://de.wikipedia.org/wiki/Ruha_Benjamin).

 

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Belinda D'Antonoli

Belinda D'Antonoli besucht das CAS Data Governance

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