Kann Fussball ohne Daten gespielt werden? Wie Daten den modernen Sport verändern.

Kann Fussball ohne Daten gespielt werden? Definitiv ja; damit könnte die Titelfrage ganz klar und eindeutig beantwortet werden. Fussball der König des Sports war vor der digitalen Ära da und wird von Menschen auf der ganzen Welt gespielt, die mit Daten nichts zu tun haben. Und es wird weiterhin so bleiben. Aber die Frage lautet eher: Wie haben Daten die Spielweise verändert und in welche Richtung wird der Sport durch sie gelenkt? 

Die händischen Datenanalysen von Charles Reep

Charles Reep, ein ehemaliger RAF-Offizier und Swindon Town Fan, war so frustriert von der Leistung seines Lieblingsteams, dass er Notizen mit der gesamten Spielaktivität gemacht hat und nach dem Spiel hat er versucht seine Notizen zu analysieren. Das wurde zu einer Gewohnheit für Reep und er hat das für mehr als 40 Jahre händische Matchberichte erstellt. Seine Berichte enthielten Ereignisse wie Pässe, Schüsse und Fehler aber auch weitere erstaunliche Details.

Reep hat die Daten analysiert und sein Fazit war, dass die meisten Tore aus drei oder weniger Pässen kommen: der Ball sollte direkt nach vorne gespielt werden, sodass ein Team mehr Tore trifft. Reep hat aber seine Daten missinterpretiert: Teams würden Tore mit weniger Pässen treffen, weil der Ball näher zum gegnerischen Tor den Ball zurückerobert wurde und nicht, weil er direkt nach vorne gespielt wurde. Seine falsche Schlussfolgerung hat aber die Englische Spielweise für Jahrzenten geprägt.

Die Fussballdatenevolution

Die Gründer von OptaSports waren Management-Berater, die mit ihren Fussballdaten Sichtbarkeit für sie gewinnen wollten, damit sie ihre weiteren Dienstleistungen verkaufen konnten. Sie haben aber schnell entdeckt, dass sie ihre Fussballdaten verkaufen konnten. Die Datensammlungsart war nicht anders als diejenige von Reep: sie haben nur Computer anstatt Notizenbücher verwendet und das hiess, dass sie eine grössere Datenmenge sammeln konnten.  Diese ersten Daten hatten dennoch einen signifikanten Nachteil: die waren nur deskriptiv.

Die erste prädiktive Metrik, Total Shots Rate (TSR), wurde auf der Beobachtung basiert, dass es eine Korrelation zwischen dem Erfolg eines Teams und der Anzahl dessen Schüsse gibt. James Grayson hat TSR mit der folgenden Formel definiert: TSR = Anzahl der Schüsse eines Teams / Summe aller Schüsse im Spiel. Dann hatte er die TSR für verschiedene Premier League Teams zwischen 2000 und 2012 berechnet und mit deren Rang in der Premier League verglichen. Die Korrelation zwischen der TSR und des Rangs in der Premier League war erstaunlich, aber TSR hatte einen grundsätzlichen Defekt: alle Schüsse waren für TSR gleich viel Wert.

Characteristics of the goal moment determining xG: coordinates, quality, body part, interference from the opponent (G. Kravtsov.“Applied Statistics“). – CC BY-SA 4.0

 

 

 

 

 

 

2012 schlug der Datenanalyst Sam Green die Idee vor, dass ein Schuss aus nächster Nähe wichtiger als ein Schuss aus größerer Entfernung ist und dass Schussqualität genauso wichtig sei. Er argumentierte, dass seine Metrik, xGoals oder xG (erwartete Tore), die Team- und Spielerleistung objektiv bewerten konnte. xG hat Fussballdatenenthusiasten begeistert, aber die Metrik blieb eher unbekannt ausser diesem Kreis. Einer der xG Enthusiasten wurde damit bekannt geworden und wurde von Smartodds eingestellt. Smartodds, eine Beratungsfirma für professionelle Sportwettspieler, gehörte Matthew Benham, der auch Eigentümer von Brentford FC war. Jetzt war der Kreis komplett: xG konnten in einem Fussballclub eingesetzt werden und die Theorie konnte in der Praxis geprüft werden.

Datenanalyse in professionellem Fussball

Brentford FC kommt aus einem Londoner Quartier mit weniger als 30’000 Einwohnern und hat die letzten Jahrzehnte exklusiv in der 3. und 4. Liga gespielt. Nach der Übernahme von Matthew Benham und die Einsetzung schaffte es der kleine Club bis in die Premier League. Benham hat Fussballdaten aus Smartodds verwendet um Spieler zu rekrutieren, Spieler zum richtigen Zeitpunkt zu verkaufen und um effizientere Taktiken einzusetzen und das mit doch erfolgreich.

Brighton & Hove Albion konnte auch dank Datenanalyse einen unbekannten Spieler aus Ecuador in Moisés Caicedo rekrutieren: der Club konnte aus seinem Transfer zwei Jahre später einen Gewinn von £87 Millionen machen.

Die datengetriebene Zukunft 

Der Fussball hat sich im Laufe der Zeit stark verändert, und die Datenanalyse hat eine Schlüsselrolle in der Evolution des Sports gespielt. Von der Spielerrekrutierung, über die Spielstrategie bis hin zur Leistungsanalyse und zu den Spieltaktiken haben Daten das Potenzial, Teams zu transformieren und sie auf die nächste Stufe zu heben. Während Fussball ohne Daten immer noch möglich ist, ist es klar, dass die Zukunft des Sports, insbesondere auf hohem Niveau, eng mit der Nutzung und Interpretation von Daten verbunden ist. In einer Ära, in der der Wettbewerb so intensiv ist wie nie zuvor, werden Clubs, die Datenanalyse effektiv einsetzen, diejenigen sein, die triumphieren.


Literatur und weiterführende Links

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Vangelis Kostas

Vangelis Kostas ist Global Quality System Manager bei Dätwyler IT Infra AG und Juniorenfussballtrainer bei FC Altdorf. Er bloggt aus dem Unterricht des CAS Business Intelligence & Analytics

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