Die Agile Transformation im Schatten des hierarchischen Denkens

Agilität ist aktuell mehr als nur ein Schlagwort. Unternehmen erkennen die Notwendigkeit, sich agiler aufzustellen, um den dynamischen Anforderungen des Marktes gerecht zu werden. Als Abteilungsleiter und «People Manager» stehe ich an vorderster Front einer herausfordernden agilen Transformation. Wir sind die erste Organisationseinheit in dieser Transformation, die den Wandel von traditionellen Führungsrollen hin zu agilen Rollen erlebt.

Die zuvor durch klare Hierarchien und strikte Befehlsketten geprägte Abteilung entschied sich für den mutigen Schritt zur Agilität. Die Abteilung besteht aus elf Teams, die Software entwickeln, Plattformen bereitstellen und auch den Betrieb der Anwendungen sicherstellen. Diese Entscheidung war nicht nur eine kulturelle Transformation, sondern bedeutete auch eine Veränderung der bisher gewohnten Denk- und Arbeitsweise. So sollen die Mitarbeiter von nun an den Fokus auf Flexibilität, Selbstorganisation und Kundenorientierung legen. Sie sind Experten, sollen aber auch die Protagonisten ihrer eigenen Entwicklung werden.

Kurze Zeit nach Abschluss der Transformation kam der neue Abteilungsleiter und «People Manager» mit doppelter Funktion. Schnell erkannte der neue Verantwortliche, die Orientierungslosigkeit innerhalb und ausserhalb seiner Abteilung aufgrund fehlender direkter Vorgesetzter. Die «Scrum Master» zeigten Resignation und die «Product Owner» versuchten die Lücke der fehlenden Führung zu füllen.

Verständnis
Die Vorhaben gingen länger, die Qualität sowie auch die Quantität war viel niedriger als vor der Umstrukturierung. Die gedrückte Stimmung war massiv spürbar. Um die Situation besser verstehen zu können, wurden in den ersten Monaten Einzelgespräche mit den einzelnen Teammitgliedern geführt. Die Meinungen waren so unterschiedlich, dass man nur sehr schwer einen stimmigen Eindruck gewinnen konnte. Trotz dieser offensichtlichen Probleme bestand das Management auf weitere Effizienzsteigerung und unterschätzte dabei die steigende Herausforderung.

Missverständnisse
Aufgrund der für die Beteiligten abgeschlossenen Transformation, waren die Mitarbeiter:innen klar der Meinung, dass die Abteilung nun «agil» und der neue Vorgesetzte «nur» noch der «People Manager» wäre. Es kam noch hinzu, dass je nach Situation die Team- und Abteilungsleiter der klassisch geführten Abteilungen die Funktion und Rolle zu ihren Gunsten auslegten. Wenn es ihren Entscheidungen besser passte, war der neue Leiter ein «People Manager» und bei aufkommenden Eskalationen eher der Abteilungsleiter. Dies war ein Verständnisproblem über mehrere Stufen und Abteilungen. Die Transformation war zwar abgeschlossen, wurde aber nicht konsequent umgesetzt.

Klare Kommunikation
Im ersten Schritt mussten die Rollen- resp. Funktionen klar definiert, besetzt und kommuniziert werden. Schlüsselpositionen wie der «Scrum Master» mussten mit emphatischen und gut ausgebildeten Personen besetzt werden, damit das Mindset auch verbreitet werden konnte. Die neuen Rollen sollten nicht nur verstanden, sondern auch gelebt werden. Die transparente Darstellung im Intranet war der erste Schritt zur Offizialisierung der Rollen und Funktionen. Hier lag die Betonung auf Zusammenarbeit und Unterstützung, nicht auf Problemen und Hindernissen.

Teamwork (Quelle: Pixabay.com)

Akzeptanz
Nach langer und intensiver Mitarbeit aller Beteiligten wurde die Agilität innerhalb der Abteilung vollkommen akzeptiert. Auch die Position des Abteilungsleiters mit der zusätzlichen Funktion als «People Manager» bekam die geforderte Akzeptanz. Die agilen Werte werden gelebt und Selbstorganisation sowie Kollaboration werden immer mehr geschätzt. Die organisationsweite Transformation sollte in einem kontinuierlichen Prozess eingeführt und nicht als ein Projekt betrachtet werden.

Nächste Schritte
Die nächste grosse Herausforderung besteht darin, die überwiegend hierarchisch geführte Organisation, die sich durch starre Prozesse und festgefahrene Entscheidungswege auszeichnet, weiter in Richtung agile Arbeitsmethoden zu entwickeln. Ein kritischer Punkt dabei ist, einen Rückfall zu vermeiden. Gleichzeitig gilt es, das inzwischen gut etablierte agile Mindset der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu erhalten und zu fördern. Diese Aufgabe erfordert eine sensible Balance zwischen der «alten» und der «neuen» Welt, um ein nachhaltiges, effizientes und gleichzeitig mitarbeiterorientiertes Arbeitsumfeld zu erschaffen. Eine Reise, die Entschlossenheit, Engagement und kontinuierliche Anpassungen erfordert. Selbstorganisation, offene Kommunikation und ständiges Lernen sind Aspekte, die den Weg zur Agilität ebnen.

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Faruk Bozok

Faruk Bozok ist Abteilungsleiter und People Mananger bei der Stadt Zürich (OIZ) und bloggt aus dem Unterricht des CAS IT Management und Agile Transformation.

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