In einer digitalisierten Welt brauchen wir ein neues Bild vom Alter(n)

Alte Menschen finden sich nicht in der digitalen Welt zurecht. Den Jüngeren gelingt das leicht. Dieses Denkschema ist zu starr. In jeder Lebensphase sollte die persönliche digitale Befähigung im Zentrum stehen und aktiv von jedem Menschen eingefordert werden oder bei vorhandener Befähigung weitergegeben werden. Lesen Sie zu den Hintergründen und was Ihr eigener Beitrag zu dieser Veränderung sein kann.

Haben Sie schon über Ihr Altern in einer durch die Digitalisierung geprägten Welt nachgedacht? Lieber nicht? Der Gedanke zu altern löst unangenehme Gefühle aus oder diese Lebensphase spielt für Sie (noch) keine Rolle? Wagen Sie einen Blick in die Zukunft!

Ab wann ist ein Mensch alt und was genau ist «Altern»?

Die Definition von Altersstufen ist nicht einheitlich:

Europarat UNO WHO Alternativen
65 Jahre und älter ab 60 Jahren Übergang ins Alter: 60- bis 65-Jährige

junge Alte: 60- bis 74-Jährige

Betagte und Hochbetagte: 75- bis 89-Jährige

Höchstbetagte: 90- bis 99-Jährige

Langlebige: 100-Jährige und älter

«Drittes Lebensalter» (ab 60 bis 85/85) und «viertes Lebensalter» (ab 80/85)

«jüngere Seniorinnen und Senioren» (65- bis 79-jährige) und «ältere Seniorinnen und Senioren» (80+)

«alter Mensch»: Hälfte des Geburtsjahrgangs ist bereits verstorben

Ebenso finden sich unterschiedliche Altersbegriffe:

Das biologische Altern ist ein lebenslanger natürlicher Vorgang, den jeder Mensch von der Geburt an bis zu seinem Tod durchläuft. Nachweisbare Auswirkungen dieses Prozesses beginnen mit 20 Jahren und das menschliche Höchstalter liegt bei 120 Jahren. Erst im vierten Lebensalter beginnt meist eine Phase grösserer körperlicher und seelischer Verletzlichkeit.

Abgesehen davon ist das Alter nur eine Zahl (kalendarisches oder chronologisches Alter). Unsere Gesellschaft stellt mit Hilfe dieser Zahl Regeln auf. Diese Zahl bestimmt, ab wann wir die Schule besuchen, volljährig werden, einen Führerschein erwerben dürfen oder das gesetzliche Pensionsalter erreichen.

Lebensstufen
Tradtionelle Vorstellung der Lebensstufen – gilt das so heute noch?
John Pitts, The various ages 1811 (British Museum London)

Ist man nur so alt, wie man sich fühlt?

Sie denken «Man ist nur so alt, wie man sich fühlt» (psychologisches Alter)? Sie sind digital fit, beruflich auf dem Laufenden und aufgeschlossen gegenüber Neuerungen? Was aber, wenn Ihnen diese positiven Eigenschaften früher oder später aufgrund Ihres Alters nicht mehr zugestanden werden?

Das Problem beginnt, wo «das Alter» mit negativen Veränderungen gleichgesetzt wird und negative Zuschreibungen erfährt. Die einen Menschen sind «zu jung», ihnen fehlt die Erfahrung. Die anderen sind «zu alt» – ihr Wissen ist veraltet, ihre Leistungen zu schwach und in Bezug auf das Gesundheitswesen verursachen sie nur Kosten. Klassische Schutzmassnahmen wie das gesetzliche Rentenalter erweisen sich inzwischen häufig als Nachteil. Menschen, die sich diesem Alter nähern, werden als «zu alt» für das Berufsleben eingestuft.

Oft wird in Bezug auf ältere Menschen von einer «digitalen Kluft» gesprochen. Dieser Begriff bildet den Gegensatz zur «digitalen Teilhabe» und meint Menschen, die über eine geringe oder keine digitale Befähigung verfügen und von den Entwicklungen und Vorteilen der Digitalisierung ausgeschlossen sind. Gefährdet «abgehängt» zu werden, sind jedoch andere Bevölkerungsgruppen: Armutsbetroffene, schlecht Ausgebildete, Personen mit Analphabetismus, Menschen in abgelegenen Regionen und Migrierte. Denn diese Personengruppen verfügen oft nicht über die Grundvoraussetzungen zur Nutzung digitaler Medien:

  • finanzielle Mittel
  • Wissen/Bildung
  • technischer Zugang

Diese drei Faktoren sind viel wirksamer als die Unterscheidung von «jung» und «alt».

Viele Menschen befürchten, dass Digitalisierung diskriminiert. Darum: Ändern wir unsere Sichtweise, konzentrieren wir uns darauf, inwiefern Digitalisierung befähigt und welche Möglichkeiten genau wir bewusst nutzen wollen.

Was können Sie zur digitalen Befähigung beitragen – unabhängig vom Alter?

  • Klären Sie für sich, welche Kenntnisse Ihnen fehlen und welche sie sich aneignen möchten. Es geht um Ihre digitale Kompetenz, unabhängig davon, wie alt Sie sind.
  • Schämen Sie sich nicht. Stellen Sie Fragen. Fordern sie aktiv Unterstützung ein, z.B. bei Fragen zur Internetnutzung, dem Smartphone…
  • Auch zukünftig wird es Dienstleistungen geben, die nicht digital sind. Diese werden aber mehr Zeit und Geld kosten. Ersparen Sie sich das und öffnen Sie sich technischen Möglichkeiten!
  • Alles kein Problem für Sie? Sie sind ein «Digital Native», mit der Digitalisierung aufgewachsen oder erfolgreicher «Digital Immigrant»? Dann übernehmen Sie Verantwortung. Nehmen Sie Sie Personen mit weniger Kenntnissen aktiv mit.
  • Vermeiden Sie wertende Aussagen in Beziehung auf das Alter, z.B. wenn Sie finden, dass sie in einer Situation ziemlich «alt aussehen».

Unterstützen wir die Idee einer Gesellschaft, in der es mehr auf die eigenen Fähigkeiten als auf das kalendarische Alter ankommt («altersirrelevante Gesellschaft»). Früher oder später wird diese Welt, wenn wir dann «alt» sind, ja auch unsere sein.

Jetzt sind Sie dran!

 

Literatur

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Stefanie Wolf

Stefanie Wolf bloggt aus dem Unterricht des CAS Digital Transformation. Sie ist als Mitarbeiterin Compliance/Kundendaten in einer Bank tätig. Ihr besonderes Interesse gilt den Themen Gestaltung von Veränderungsprozessen und lebenslanges Lernen.

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