Erfolgreiche Digitalisierung in der Spitex ist Aufgabe aller Mitarbeitenden!

Digitale Hilfsmittel sollen das Pflegepersonal im ambulanten Bereich entlasten. In der Realität ist diese nicht immer spürbar. Lange Ladezeiten, Updates, Soft-und Hardwareprobleme sowie Angst vor Datendiebstahl. Die Liste der Probleme ist lang und oft zu Unrecht direkt an die Informatikabteilung gerichtet: „Wir pflegen und ihr habt euch um die Informatik zu kümmern“. Weshalb diese Trennung nicht so einfach möglich ist und Tipps zur Optimierung mit Fokus auf Schulung.

Die rasante Entwicklung der Digitalisierung im ambulanten Pflegebereich ist für das Personal sehr anspruchsvoll. Vor 10 Jahren waren viele Betriebe noch mit Papierdossiers unterwegs. Heute sind Smartgeräte und PC-Stationen mit ERP und E-Mailkommunikation und diversen zusätzlichen Applikationen meist Standard. Die korrekte Anwendung ist ein zentrales Element, sonst sind Probleme vorprogrammiert. Die Anwendung wird jedoch oft als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt.

Häufige Folgen, welche Nerven und Zeit aller Beteiligten kosten:

  • Hard- und Softwareprobleme (Abstürze, lange Ladezeiten, gesperrte Geräte, nicht anwendbare Programme) mit gegenseitiger Schuldzuweisung von Informatik (Einstellung und Programmierung) und Pflege (Anwendung)
  • Häufung von Supportanfragen bei Problemen und damit verbundenen Zeitverlust, die bei ausreichender Information oft schnell selbst behoben werden könnten
  • Defizite der Cybersicherheit und Datenschutz (Passwörter auf Post-IT oder unsichere Passwörter, Anwendung nicht gesicherter Geräte und Kommunikationskanäle)
  • Doppelspurige Arbeit, weil der Technik allein nicht vertraut wird (z. B. E-Mail und zusätzlich noch Telefon, Notizen auf Papier)

Die Technik alleine kann diese Probleme leider «noch» nicht lösen, der „Mensch“ gehört dazu.

Damit die Digitalisierung auch spürbar zur Entlastung wird, gibt es durchaus umsetzbare Massnahmen, die jeder Betrieb bei sich prüfen sollte:

Schulungsmassnahmen:

E-Learning Plattformen mit allen möglichen Inhalten werden breit angeboten. Durch die vorhandenen Smartgeräte können die Mitarbeitenden diese individuell erarbeiten. Dies ist weniger zeitaufwändig als grosse Massenschulungen. Zudem können sie in eigenem Tempo und je nach Wissenstand erarbeitet werden, da auch die Kenntnisse zu den Themen sehr unterschiedlich sind. Die Inhalte sind meist aktueller als wenn sie selbst im Betrieb erarbeitet werden oder dann mit grossem Aufwand verbunden. Themenbereiche im Bereich der Digitalisierung, die besonders beachtet werden sollten:

  • Cybersicherheit: 95 % aller Cybersicherheitsverletzung sind auf menschliches Versagen zurückzuführen. Phishing-Attacken sind ein beliebtes Mittel der Cyberkriminellen. Lernplattformen wie easylearn.ch oder sosafe.com bieten Lernkurse an, wie sich User verhalten online verhalten sollten. Durch die Förderung der Awareness zur Cybersicherheit (Sensibilisierung) der Mitarbeitenden wird die Sicherheit massiv erhöht und erkennen, dass sie ebenfalls ihren Beitrag leisten müssen. Cybersicherheit ist eine Grundeinstellung, welche die ganze Organisation betrifft, keine Option oder Einstellung der Informatik. Hilfreich sind ergänzend regelmässige Phishing-Tests durch den Betrieb. So bleibt das Personal wachsam und Mitarbeitende, die darauf «reinfallen» können via Link gleich zur «Nachschulung» aufgefordert werden.
  • Datenschutz: Datenschutz war schon immer ein zentrales Thema. Hemmungen und Wiederstand der Pflege zur Nutzung von Technik ist verständlich. Je sicherer der Umgang und  je mehr Wissen, desto mehr Vertrauen und Compliance zur Anwendung wird erwidert. Das neue Datenschutzgesetz in der Schweiz gültig per September 2023 bietet eine gute Chance, die Mitarbeitenden auf den aktuellen Stand zu bringen. E-Learning Lehrgänge zur individuellen Erarbeitung der Thematik stehen auf den Plattformen zur Verfügung. Tipp: HIN geschützte Mailkommunikation ist der Schweiz meist Standard. Auf hin.ch kann die gewünschte E-Mailadresse eingefügt werden um die HIN-Adresse zu prüfen. Telefonate können so vermieden werden
  • Privacy by Default and Design: (Datenschutz durch Technikgestaltung und datenschutzfreundliche Voreinstellungen): Das gelernte muss auch einfach umsetzbar ist. Privacy by Default and Design sind im neuen Datenschutzgesetz verankert! Smartgeräte sollten wo immer möglichst zentral von der Informatik via Mobile Device Management verwaltet werden und die Berechtigungen soweit eingeschränkt werden, dass der User möglichst keine Fehler machen kann. Hilfstools zu Passwortmanagement müssen wo notwendig zur Verfügung gestellt werden. Das Personal sollte mit Passwortmanagern wie Keypass oder Bitwarden oder wo immer möglich der Zugang via MDM und mit 2FA gesichert sein.

Die Kommunikation der Pflege und Informatik und sollte grundsätzlich gefördert werden. Klare Prozesse und der frühe Einbezug des Pflegepersonals in Digitalisierungsprojekte vermindert spätere Probleme. Insbesondere bei Projekten mit grösseren Firmen lohnt sich ein Zusammenschluss mit anderen Spitexbetriebe um die gewünschten Ziele zu erreichen.

Viel Erfolg!

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Philippe Anton Bürgler

Philippe Anton Bürgler bloggt aus dem Unterricht des CAS Digital Healthcare 3. Als Pflegefachmann FH in der aktiven Pflege und Leitung Projekte mit Affinität für die Technik ist er oft Ansprechperson bei wiederkehrenden Anwendungsproblemen für die Informatikabteilung

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