Was, wenn mein Smartphone streikt?
Vor einigen Tagen hat zuerst die Kreditkarten-App auf meinem Mobile Gerät den Dienst verweigert, kurz darauf die SBB-App. Weder ein Wareneinkauf noch eine Billetbestellung waren zu diesen Zeitpunkten möglich.
Im Nachgang hat mich dies zum Nachdenken angeregt: Was ist mit den Menschen, welche all die digitalisierten Services nicht nutzen können oder wollen? Wie können wir verhindern, dass Personen von der fortschreitenden Digitalisierung ausgeschlossen werden?
Digitalisierung im Alltag
Beinahe täglich gibt es neue Angebote von digitalen Services. Diese setzen ein Mobilgerät oder zumindest einen Zugang zum Internet voraus. Grundsätzlich kein Problem in der Schweiz – was aber, wenn jemand schlichtweg nicht vertraut ist mit dem Umgang mit all diesen Möglichkeiten?
Das Mobilgerät ist mittlerweile das wichtigste Gerät im Alltag – Geldtransfers erfolgen darüber, Logins mit 2 Faktor-Authentifizierung, Apps mit Komfortfunktionen und viele weitere sind an dieses eine Gerät gebunden. Schon nur ein einfacher Gerätewechsel zeigt auf wie viele Applikationen erneut verbunden oder registriert werden müssen. Das Gerät selbst dient vielerorts als Zugangsschlüssel oder stellt diese integriert in Apps zur Verfügung.
Wie vertraut bin ich mit der Digitalisierung?
Die jüngeren Generationen gehen spielerisch damit um, oftmals wird in diesem Zusammenhang von Digital Natives gesprochen. Dies umfasst die Generationen, die bereits mit dem Internet und den digitalen Geräten und Social Media Tools aufwachsen und die analoge Welt grösstenteils vom Hören Sagen her kennen.
Die etwas älteren Generationen, die Digital Immigrants, umfasst den aktuell grössten Personenkreis, der den Gebrauch von Computern und smartphones erst im Erwachsenenalter erlernt hat, aber beherrscht. Aber was ist mit dem restlichen Teil der Bevölkerung, welche mit der ganzen Digitalisierung nicht oder zu wenig vertraut ist?
Gemäss dem Bundesamt für Statistik (digitale Kompetenzen) verfügten 2022 schweizweit knapp 40% der erwachsenen Bevölkerung über erweiterte digitale Kompetenzen – und die restlichen 60%?
Der Schwerpunkt solcher Betrachtungen liegt hier meistens auf Seniorinnen und Senioren und wie diese an die Digitalisierung herangeführt werden können. Die HSLU selber hat hierzu bereits eine Studie im 2021 durchgeführt (Smart Aging – Studie zur Digitalisierung im Alter | Hochschule Luzern (hslu.ch).
Aber eine reine Konzentration auf die Senioren greift aus meiner Sicht zu kurz, es gibt noch weitere Bevölkerungsteile, welche berücksichtigt werden sollten: Einerseits kann Armut ein Hinderungsgrund für die fehlende Digitalisierungskompetenz sein oder bewusst oder unbewusstes «Verwehren» oder Ignorieren der Digitalisierung, zum Beispiel aufgrund von Sicherheitsbedenken. Wie sieht der Alltag dieser Personen in den kommenden Jahren aus, wenn grosse Teile der Services nur noch digital bezogen werden können?
Über kurz oder lang wird dies in vielen Bereichen zum gesellschaftlichen Ausschluss führen. Viele Privatwirtschaftliche Unternehmen können die Verlagerung der Kommunikation in den digitalen Bereich selbständig steuern, wie z.Bsp. die Bestellung eines Taxis oder das Anbieten von Dienstleistungen oder Waren ausschliesslich via digitalem Kanal.
Wer sich in diesen Bereichen verschliesst, nimmt in Kauf, dass mehrheitlich Komfortfunktionen wegfallen. Ich denke hier an die Steuerung der Hausheizung, Status- und Steuerungsanzeigen von Haushaltsgeräten oder ein Fernzugriff auf Fahrzeuge.
Anders sieht es bei Post- oder Finanzdienstleistungen aus. Oder staatlichen Dienstleistungen wie einer Steuererklärung oder Passbestellung. Vieles davon kann aktuell noch via Briefweg oder Telefon erledigt werden, aber wird dies auch zukünftig so bleiben? Mit fortlaufender Digitalisierung und dem Setzen von neuen Standards werden analoge Servicezugänge vermehrt in Frage gestellt werden.
Wie sieht die Lösung aus?
Meine Erwartungshaltung ist, dass wir als «Erbauer» von digitalen Lösungen für wichtige Services auch einen alternativen Zugang zur Verfügung stellen. Wir werden dankbar sein, wenn unser Mobilgerät das nächste Mal defekt ist oder ein wichtiger Service wie eine Zwei Faktor Authentifizierung ausfällt!
Fazit: Die Digitalisierung lässt sich nicht aufhalten, entscheidend wird aber sein, wie wir den Zugang zu digitalen Services einfach und unkompliziert gestalten, wo sinnvoll Alternativen vorsehen, ohne dass grössere Teile der Bevölkerung ausgeschlossen werden.