Innovatives Beleuchtungskonzept der Gemeinde Pfäffikon ZH erhöht die Lichtverschmutzung

Die Gemeinde Pfäffikon ZH setzt seit Herbst 2021 ein modernes LED-System für ihre Strassenbeleuchtung ein. Alle Leuchten sind mit Sensorik ausgerüstet und untereinander vernetzt. Diese digitale Plattform ermöglicht neue Einsatzmöglichkeiten und Dienstleistungen. Die hohe Energieeffizienz führt zu Energieeinsparungen gegenüber der bisherigen Beleuchtungstechnologie von über 70%.

Wo Licht ist, ist auch Schatten – oder in diesem Fall, wo Licht ist, ist auch Lichtverschmutzung

Die Gemeinde Pfäffikon ZH verfügt über ein digitales Monitoringsystem, welches Daten in Echtzeit übermittelt und eine intelligente Steuerung der Beleuchtung im ganzen Dorf ermöglicht. Jede einzelne Leuchte kann abgedimmt werden und ermöglicht so, neue Beleuchtungsszenarien einzusetzen. Nach der Umbauphase hat die Gemeinde beschlossen, die bisherige Nachtabschaltung zwischen 01:00 und 05:00 aufzuheben. Neu werden alle Quartiere mit einer auf 10% abgedimmte Beleuchtung permanent beleuchtet. Dies entspricht in etwa den Lichtverhältnissen einer klaren Vollmondnacht, was eine beträchtliche Lichtverschmutzung bedeutet. Der Entscheid zur Nachtbeleuchtung wurde aufgrund der Daten des Dashboards gefällt. Diese zeigen auf, wie stark die Lampen gedimmt sind und ob eine Bewegung in der Nacht detektiert wurde.

Abhängigkeit Dimmung zur Detektion von Bewegungen (Quelle: Gemeindewerke Pfäffikon ZH)

Ein «intelligenter» Service «dumm» eingesetzt

Digitale Services verleiten Dienstleistungsunternehmen dazu, den Kunden, in diesem Fall die Bevölkerung, nicht mit einzubeziehen. Die Gemeinde Pfäffikon ZH hat ihren Entscheid rein auf theoretischen Werten gefällt. Die Massnahme wurde ohne vorgängige Konsultation der Bevölkerung durch den Gemeinderat eingeführt. In Umfragen spricht sich eine sehr deutliche Mehrheit gegen eine permanente Nachtbeleuchtung aus.

Erst auf Nachfrage hin wurden die Daten genauer analysiert. Dabei wurde festgestellt, dass das Monitoring keinen Unterschied macht, ob ein Auto, eine Person oder ein Tier detektiert wird. Somit kann keine Aussage gemacht werden, ob Passanten die permanente Nachtbeleuchtung wirklich benötigen. Eine Reduktion der Dimmung auf 0% wurde abgelehnt, da die Gemeinde ihren Entscheid mit Sicherheitsbedenken begründet. Jedoch wurden auch diese vorgängig nicht analysiert.

Die Realität zeigt deutlich auf, dass Entscheide, welche rein auf Dashboards basieren, nie den gewünschten Kundennutzen erzielen. Die Lösung hätte sich am Human Centric Lighting (HCL) Konzept orientieren sollen. Dieses stellt bei Innenräumen den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt. Es orientiert sich nicht nur an visuellen Anforderungen, sondern zusätzlich auch an der emotionalen und biologischen Wirkung auf den Menschen. Diese Anforderungen sind auch auf Aussenräume anwendbar. Dazu muss die Nutzergruppe jedoch von Beginn des Projekts mit einbezogen werden. Die Gemeinde Pfäffikon ZH hat dies unterlassen und so aus der «intelligenten» Service eine «dummes» Angebot generiert.

Zudem sendet der Gemeinderat in einer Zeit, in der die Bevölkerung zum Energiesparen aufgerufen ist, ein völlig falsches Signal aus. Auch wenn tatsächlich sehr wenig Energie verbraucht wird, kann dies von vielen Menschen missverstanden werden und das persönliche Verhalten negativ beeinflussen.

Quartierbeleuchtung um 3 Uhr in der Nacht (eigene Aufnahme)

Fazit

In einem gewinnorientierten Unternehmen steht die Marktakzeptanz und der Kunde im Zentrum. Anpassungen werden aufgrund von Kundenfeedback vorgenommen. Eine Gemeinde orientiert sich oft an politischen Strömungen, anstatt die Bedürfnisse der Bevölkerung in den Mittelpunkt zu stellen. Glücklicherweise erlaubt es die Demokratie, Entschiede des Gemeinderats die Gemeindeversammlung zu korrigieren. Die Bevölkerung kann so entscheiden, die permanente Nachtbeleuchtung beibehalten werden soll. Die Abstimmung wird 2023 erfolgen.

 

Weiterführende Links zum Thema

Informationsblatt  der Gemeinde Pfäffikon ZH zur öffentliche Beleuchtung

maps.zh.ch GIS-Browser zur Visualisierung der Geodaten im Geografischen Informationssystem (GIS) des Kantons Zürich

Human Centric Lighting (HCL) Quelle: Wikipedia

Dark Sky Switzerland ist eine Non-Profit-Organisation, die über einen lebenswerten Umgang mit künstlichem Licht informiert. Sie setzt sich für einen bewussten Umgang mit Licht im Einklang mit Mensch und Natur ein.

 

 

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Thomas Glättli

Thomas Glättli ist Co-Geschäftsführer bei Bauen digital Schweiz / buildingSMART Switzerland und bloggt aus dem Unterricht des CAS Digital Business Innovation

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