«Cloud first» ist in vielen Unternehmen in Strategie-Papieren zu finden. Doch was ist unter «Cloud first» zu verstehen? Ist es sinnvoll, Applikationen in die Cloud zu verschieben und welche Migrations-Strategien gibt es? Dieser Blogbeitrag soll helfen, Licht auf diese Frage zu werfen.
«Cloud first» – aber was geschieht mit den bestehenden Applikationen?
In der Theorie der «Cloud first»-Strategie werden IT-Infrastrukturen, Plattformen oder Applikationen von Beginn weg cloud-basiert entwickelt und konsumiert.
«A cloud-first strategy promotes building software directly in the cloud rather than building on-premises and migrating to the cloud. The goal is to help you create software faster and reduce the overhead associated with on-premises resources and cloud migration.» (Quelle: NetApp BlueXP)
Allerdings hat jedes Unternehmen bestehende Applikationen, die für den Betrieb notwendig sind. Daher ist es wichtig, das bestehende Applikations-Portfolio hinsichtlich deren Eignung für eine Migration in die bevorzugte Cloud-Option zu bewerten. Hier stellt sich die Frage, ob es die alleinige Cloud-Migrations-Strategie für alle Applikationen für ein Unternehmen gibt?
Die sieben Ansätze für die Cloud-Migration
Ein etabliertes Framework für die Migration bestehender Applikationen in eine Cloud-Umgebung ist das sogenannte «7Rs Framework» (Quelle: AWS):
7Rs Framework (Bild: AWS)
- Retire (Ausmustern):
Diese Strategie kommt zur Anwendung, wenn nicht mehr benötigte Applikationen ausser Betrieb genommen werden können.
- Retain (Beibehalten):
Retain bedeutet, keine Migration einer Applikation in die Cloud durchzuführen. Dies kann beispielsweise gegeben sein, wenn die Auslagerung der Daten aus Compliance-Gründen nicht möglich ist.
- Re-host («Lift and Shift»):
Die Applikation wird aus der lokalen Hosting-Umgebung ohne Änderungen in die Cloud verschoben. Der Re-host-Ansatz eignet sich für Applikationen, die keinen Bedarf von erweiterten Cloud-Funktionen haben – oder für welche eine weitergehende Migration nicht zielführend ist.
- Relocate («Lift and Shift» auf Hypervisor-Ebene):
Dieser Ansatz ähnelt dem Re-host. Allerdings findet hier ein «Lift and Shift» auf Hypervisor-Ebene statt. Relocate kann sich aber auch auf den Wechsel von einem Cloud-Anbieter zu einem anderen beziehen. (Quelle: Volksbank-Vorarlberg)
- Re-purchase (Neukauf):
Bei dieser Strategie wird die Applikation ausser Betrieb gesetzt und durch eine cloudbasierte Alternative ersetzt, am häufigsten auf eine SaaS-Plattform, zum Beispiel Übertragung einer CRM-Anwendung auf Salesforce.
- Re-platform (Ändern der Plattform):
Ist eine Variation von «Lift and Shift» und beinhaltet die Optimierung der Umgebung für die Cloud. Die Kernarchitektur bleibt gleich. Hierbei wird die Applikation fast unverändert weitergeführt, während möglicherweise einige Komponenten ersetzt werden, um die Vorteile von Cloud nutzen zu können.
- Re-factor / Re-architect (Umgestaltung):
Entscheidet ein Unternehmen sich für diese Strategie, muss die Applikation von Grund auf neu erstellt werden. Treibende Faktor sind meistens geschäftliche Anforderungen zur Nutzung von Cloud-Funktionen, die in der lokalen Umgebung nicht verfügbar sind. (Quelle: Cisco)
Folgende Abbildung zeigt, welche Strategien mit wenig oder mit viel Aufwand verbunden sind.
Aufwand der sieben Migrations-Strategien (Bild: Thi Chi Hess)
Fazit
Es gibt nicht nur eine Migrations-Strategie. Die anwendbaren Migrations-Strategien sind abhängig von den spezifischen Applikationen, den Anforderungen und den strategischen Unternehmenszielen. Bei der Wahl der Entscheidung für die richtige Strategie sollten die Anforderungen, Bewertungskriterien und Architekturprinzipen analysiert werden. In der Praxis zeigt es sich oft, dass eine einheitliche Strategie nicht unbedingt zu empfehlen oder umsetzbar ist. Die Realität in den meisten Unternehmen ist, dass die verschiedenen Strategien gleichzeitig zum Einsatz kommen, um den spezifischen Anforderungen gerecht werden zu können.