Unter grossem Medienrummel wurde im Jahr 2019 die erste Immobilientransaktion auf der Blockchain in der Schweiz durchgeführt. Ein Teil der Liegenschaft «Hello World», rund drei Millionen Franken, wurde tokenisiert und verkauft. Wie hat sich die Situation entwickelt? Können wir bald alle Teile von Immobilien auf der Blockchain kaufen?
Mit der stetigen Weiterentwicklung der Blockchain und einer steigenden Anzahl an Anwendungsfällen bleibt auch der Immobiliensektor nicht verschont. In der Schweiz gibt es inzwischen mehrere Start-ups, die versuchen, die Vorteile der Blockchain auch in den Immobilienbereich zu übertragen. Unter anderem erhofft man sich dadurch günstigere Transaktionen, höhere Transparenz und eine beliebige Stückelung von Immobilien.
Tokenisierung
Damit eine Immobilie über Tokens verkauft und gekauft werden kann, muss die Liegenschaft erstmals auf der Blockchain abgebildet werden. Tokenisierung beschreibt den Prozess, wie reale Güter (in diesem Fall: Immobilien) auf die Blockchain projiziert und in Form von Tokens abgebildet werden. Die Tokens repräsentieren das reale Objekt in der digitalen Welt. Das Revolutionäre dabei ist, dass die Anzahl der Tokens und entsprechend deren Wert beliebig bestimmt werden können. Die dadurch resultierende Stückelung einer Immobilie eröffnet ganz neue Geschäftsmodelle. Grundsätzlich kann nun jede Privatperson bereits ab einem sehr geringen Investitionsvolumen Bruchteile von Immobilien auf der ganzen Welt erwerben.
Was gehört mir denn genau?
Die Idee klingt sehr verlockend. Immobilien werden in Tausende oder Millionen von Tokens aufgeteilt und jeder kann sich das eigene Wunschportfolio selbst zusammenstellen. Jedoch stellt sich die Frage «was gehört mir denn wirklich, wenn ich einen Immobilien-Token kaufe»? Rechtlich gesehen ist das in der Schweiz ziemlich einfach. Man hat den Token – nicht mehr und nicht weniger. Denn in der Schweiz müssen die Eigentumsverhältnisse eines Grundstücks zwingend im Grundbuch festgehalten werden und kann nicht über einen Token abgebildet oder übertragen werden.
Mit Hilfe eines Intermediärs lässt sich das Problem des Grundeigentums aber lösen. So werden Firmen gegründet, die rein dem Zweck dienen, als Intermediär zu agieren (englisch: Special Purpose Vehicle oder SPV). Diese Firmen kaufen ein breites Portfolio an Liegenschaften oder einzelne Gebäude und tokenisieren anschliessend ihre eigenen Aktien. Dies ist aufgrund der neuen DLT-Gesetzgebung in der Schweiz problemlos möglich. Die Eigentümer*innen der Tokens besitzen dadurch alle ökonomischen Rechte an der Firma und profitieren somit indirekt an Mieteinnahmen und potenziellen Wertsteigerungen der Liegenschaften.
Die Gründung einer solchen Zweckgesellschaft ist aber wiederum mit hohem Aufwand und Kosten verbunden und schmälert somit die gewünschten Vorteile der Tokenisierung. Ausserdem gibt es bereits unzählige Immobilienfonds, bei denen Privatpersonen breit gestreut in Immobilien investieren können und ein sehr liquider Sekundärmarkt vorhanden ist.
Also doch alles nur Show?
Die Technologie steckt in diesem Bereich noch in den Kinderschuhen. Die Vorteile von günstigeren und schnelleren Transaktionen liegen klar auf der Hand. Auch die Nachfrage, Bruchteile von Immobilien auf der ganzen Welt zu halten, scheint vorhanden zu sein. Solange aber die gesetzliche Grundlage für die Registrierung von Grundeigentum nicht gegeben ist, werden solche Transaktionen für Privatpersonen – zumindest in der Schweiz – nur Einzelfälle bleiben.