Der Ausdruck Kultur ist eines der beliebtesten Worte, um einem Thema eine noch stärkere Bedeutung zu geben. So sprechen wir im Business oft von Unternehmenskultur, Organisationskultur, Sicherheitskultur, Veränderungskultur, Arbeitskultur etc. Haben wir aber überhaupt ein Verständnis davon, was wir mit diesem Wortzusatz «-kultur» ausdrücken möchten? Es ist anzunehmen, dass viele Menschen die positiven Eigenschaften einer Kultur verstehen, jedoch im Businesskontext viel zu wenig dafür tun. Dieser Blog soll ein Versuch sein, die Bedeutung des Wortes Kultur in den Kontext der vielen verfügbaren Ausdrücke zu setzen, um Unternehmen dafür zu sensibilisieren, dass vor allem in der heutigen Zeit der digitalen Transformation die Unternehmenskultur ein unschätzbarer Wert ist.
Was ist Kultur?
Kulturen haben unglaublich viele Gesichter und sie entstehen durch Menschen mit deren Werten, Sprache, Herkunft, Normen, Religion etc. Kultur entsteht dort, wo Menschen zusammenkommen. Fons Trompenaars beschreibt in seinem Buch «Riding the Waves of Culture» ein Modell (Trompenaars, 1993), in dem er Kultur in drei Hauptbereiche aufteilt: Explicit (ausdrücklich), Implicit (implizit, als gegeben) sowie Normen und Werte. Je nachdem, in welcher Schicht wir etwas wahrnehmen, erleben wir Kultur anders.Erfahren wir Kultur «explicit», so nehmen wir eine Kultur wahr, welche wir direkt sehen können. Beispiele dafür sind Häuser, Märkte, Agrikultur, Mode, Musik etc. Beobachten wir in Indien auf dem Markt zwei Menschen (Käufer/-in und Verkäufer/-in), welche miteinander verhandeln, erleben wir Kultur auf der nächsten Ebene dieses Modells (Normen und Werte). Je nach Herkunft der beobachtenden Person wird diese erkennen, dass solche Verhandlungen ganz anders ablaufen als dies in ihrem Herkunftsland der Fall ist. Der implizite Teil des Modells ist der schwierigste um bewusst wahrzunehmen, zugleich er mit der Ebene Normen und Werte stark verbunden ist. Trompenaars beschreibt diese Schicht als unsere grundlegenden Überzeugungen über die Welt und ihre Existenz. In dieser Schicht passieren die meisten Irritationen, da das verhalten darin für den einen normal ist, für den anderen ungewöhnlich. Kultur ist ein komplexes Thema, aber dennoch müssen wir uns dafür interessieren und nicht nur die Wörter benutzen. Im Kontext einer Unternehmenskultur ist das von enormer Wichtigkeit!
Die Unternehmenskultur
Eine positive Unternehmenskultur – das Wort «positiv» ist in diesem Zusammenhang entscheidend, denn eine Unternehmenskultur hat jedes Unternehmen; die Frage ist nur: was für eine? Das erwähnte Modell von Trompenaars soll veranschaulichen, wie Kultur erlebt und wahrgenommen wird. Kultur hat aber noch weitere Eigenschaften, auf welche wir achten müssen und die in einem Unternehmen eine zentrale Rolle spielen. Darunter fallen Sicherheit, Akzeptanz, Toleranz, Vertrauen, Sinnhaftigkeit, Verständnis, Zugehörigkeit und es gäbe noch reichlich mehr zu erwähnen. Gerade mit diesen Eigenschaften haben viele Unternehmen aber ihre grösste Mühe.
Sicherheit hat viel mit Verständnis, Kommunikation und Akzeptanz zu tun. Zugehörigkeit findet eine hohe Bedeutung im Kontext von Teamspirit, Zusammenarbeit, Co-Working etc. Vertrauen ist oft an einen guten Führungsstil gekoppelt (Leadership). Gerade bei diesen Beispielen gibt es die grössten Defizite. Um das zu veranschaulichen, hier ein paar Beispiele: Oft ist den Mitarbeitenden nicht klar, welche Strategie ihr Unternehmen verfolgt und welchen Beitrag sie als Einzelner beitragen können. Durch die konstanten Veränderungen, welche den Mitarbeitenden oft unzureichend kommuniziert und erklärt werden, ist es schwierig, Sicherheit zu empfinden; vielmehr macht sich dabei Unsicherheit breit. Führungskräfte, die seit Jahren einen Command-&-Control-Führungsstil ausüben, schüren eher Misstrauen als Vertrauen. Dazu kommt, dass leider viel zu viele Führungskräfte für Ihre Führungsaufgabe gar nicht geeignet sind. Zugehörigkeit und ein Gemeinsamkeitsgefühl wird mit persönlichen Ziel (Management by Objectives) eher verhindert als gefördert
Gerade jetzt, da die digitale Transformation ein Umdenken, eine Veränderung fordert, ist es an der Zeit, sich den Eigenschaften einer positiven Unternehmenskultur mehr zu widmen. Passiert das nicht, wird auch die gewünschte Transformation nicht reibungslos ablaufen und viele Mitarbeitende werden unzufrieden, unglücklich und antriebslos sein und nur auf sich selbst schauen. Für ein Unternehmen eine Situation, welche sich auf Dauer nur negativ auswirken kann.
Die digitale Transformation und Kultur
Was mit der digitalen Transformation als Unternehmen alles erreicht werden kann, dafür gibt es unzählige Beispiele und reichlich Literatur. Wie es das Wort «Transformation» schon vorgibt, werden sich im Rahmen dieses Wandels unsere Arbeitsprozesse, Arbeitsmöglichkeiten und Arbeitsmodelle transformieren. Wir sind gefordert und müssen lernen, «Dinge anders zu tun». Dies kann aber nur stattfinden, wenn die positiven Eigenschaften einer Kultur in Betracht gezogen werden. Viele Mitarbeiter haben schon über Jahre diverse Veränderungen sowie Restrukturierungen erlebt, oft ohne deren Sinn zu verstehen. Gerade angesichts dieser Tatsache müssen wir es jetzt anders machen.
Wie können wir in eine positive Unternehmenskultur einzahlen, damit auch in den Zeiten der digitalen Transformation ein Unternehmen gestärkt und nicht geschwächt, wenn überhaupt noch existent, in die Zukunft schauen kann? Damit das gelingen kann, ziehe ich drei Hauptfaktoren in Betracht. Diese sind die transparente und stufengerechte Kommunikation, das Fördern und Identifizieren von Führungskräften mit Leadership-Fähigkeiten und eine Organisationsstruktur, die die Zusammenarbeit im Unternehmen fördert.
Dinge anders tun
Kommunizieren Sie transparent, einfach und verständlich; stellen Sie sicher, dass Ihre Mitarbeitende verstanden haben, in welche Richtung sich das Unternehmen entwickeln will. So finden sie ihren Platz darin und können mit ihren Fähigkeiten anknüpfen. Kollaborieren und kommunizieren Sie über neue Medien und adaptieren Sie Kommunikationsmodelle, welche die Mitarbeitende aus dem privaten Umfeld kennen (Blogs, Chats, Collaboration-Tools etc.).
Evaluieren Sie Ihre Führungskräfte nach verlangten Leadership-Fähigkeiten, evaluieren Sie die Beweggründe, warum jemand Mitarbeitende führen möchte, und stellen Sie sicher, dass Sie als Unternehmen ein Verständnis von Leadership (Trust & Inspire) haben und dies den möglichen Kandidatinnen und Kandidaten verständlich erklären können. Trennen Sie sich von Führungskräften, die diese Fähigkeiten nicht haben.
Schaffen Sie kollaborative Arbeitsumgebungen, brechen Sie Ihre Strukturen auf (Silos), schaffen Sie übergeordnete Ziele, die nur kollaborativ erreicht werden können. Hören Sie auf, Mitarbeitende an ihren einzelnen Fähigkeiten zu messen und sie dafür zu honorieren.
Eine positive Unternehmenskultur entsteht in der Gemeinschaft, indem alle in die gleiche Richtung gehen und sich dabei unterstützen. Dafür braucht es vor allem Vertrauen, Leadership und eine transparente Kommunikation, denn dann entsteht bei den Mitarbeitenden eine psychologische Sicherheit. Machen Sie diese drei Dinge richtig, dann werden Sie auch den Weg in der digitalen Transformation weit weniger steinig erleben können. Denn fühlen sich Ihre Mitarbeitenden in Ihrem Unternehmen wohl, verstanden und als Teil von etwas Grossem, dann werden sie auch der notwendige Accelerator sein, um Ihr Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich zu machen.