Wie wurde Nearshoring innerhalb einer grossen IT-Abteilung eines schweizerischen Unternehmens implementiert? Wo liegen die Herausforderungen, welche innerhalb dieser Tätigkeit auf Unternehmen zukommen können? Das, gepaart mit dem Resultat, einfacher und schneller auf neue IT-Talente zugreifen zu können, lesen Sie in den folgenden Zeilen.
Jede und jeder der eine Rekrutierung geführt hat oder gerade eine initiiert kennt die Situation: Die dringend zu besetzende Stelle ist auf dem Job Portal veröffentlicht, das Profil so genau wie möglich beschrieben und die kreativsten Zeilen um potenzielle Kandidaten für die eigentliche Vakanz zu motivieren sind geschrieben. Tage und Wochen verstreichen und von wirklich interessanten Kandidatendossiers ist man weit entfernt. In meiner Rolle als Verantwortlicher eines Value Streams kenne ich die Situation zu Genüge. Der „war-for-talents“ bzw. Fachkräftemangel im schweizerischen IT-Markt ist real. Offene Stellen zu besetzen, besonders bei kritischen Profilen, eine immer schwierigere Herausforderung. DevOps from abroad bzw. Nearshoring mit DevOps Teams im europäischen Ausland kann hier einen Beitrag leisten.
So wurde DevOps from abroad implementiert
Die Mitarbeitenden aus den DevOps Centern sind bei eigenen Gesellschaften am jeweiligen EU-Standort beschäftigt und arbeiten innerhalb eines Dienstleistungsmodells für die Unternehmung in der Schweiz. Dies erfordert, dass Aufträge abschliessend und abgegrenzt eingekauft werden können. Wichtig zu verstehen ist, dass die schweizerische Gesetzgebung über Arbeitsvermittlung (SECO Vorschriften) einen sogenannten Personalverleih über die Landesgrenzen verbietet. Die Mitarbeitenden in den DevOps Centern sind somit nicht auf Stundenbasis beschäftigt – sondern wie eingangs erwähnt erbringen sie definierte Dienstleistungen innerhalb von z.B. paketierten Aufträgen oder Storys. (Story = Teil eines EPICs / grösseren Projekts in einem SAFe Arbeitsumfeld)
An den jeweiligen Standorten wird eine minimale Organisation aufgebaut, welche die wichtigsten Aspekte wie HR, Operations und Marketing abdeckt. Die Mitarbeitenden sollen einen engen Austausch mit ihren Kolleginnen und Kollegen am Standort pflegen können, welche in diversen Teams und Produkten mitarbeiten, um damit interdisziplinär sich entwickeln zu können. Die eigentlichen Tätigkeiten werden in Tenants (= Units aus der Schweiz im DevOps Center) eingeteilt. Jede Abteilung, welche Opportunitäten für ein Nearshoring in diesem Modell sieht, kann via einen Onboarding Prozess Mitarbeitende an den EU-Standorten rekrutieren.
Das macht es kompliziert
Wie im oberen Absatz ausgeführt, sind die Vorschriften über die Arbeitsvermittlung und dem Personalverleih, was eine definierte Auftragserteilung pro Service / Produkt voraussetzt, im täglichen Arbeitsalltag zwingend einzuhalten. Dies kann mittels eines einfachen Telefonats zwischen Mitarbeitenden in der Schweiz und einer Kollegin im DevOps Center bereits zu einer Herausforderung werden: Es darf zu keinem Abtausch von Aufgaben kommen.
Ein zweiter grosser Punkt sind Daten. Besonders kritisch wird es, wenn Banken- oder Militärdaten in Systemen gespeichert sind. An diesem Punkt muss im Unternehmen eine null Toleranz Kultur implementiert sein bzw. müssen die Systeme, auf welche die Mitarbeitenden aus dem Ausland zugreifen dürfen, abschliessend gesichert gegen Zugriffe auf nicht erlaubte Daten sein.
Fazit
Aus meiner eigenen Erfahrung nehme ich mit, dass die Leitplanken und Vorschriften eine disziplinierte Vorbereitung und Einhaltung erfordern, das eigentliche Ziel aber definitiv erreicht wird: Dank einer weniger restriktiven Arbeitsbewilligungspolitik in der EU, besonders im Falle von Drittstaaten, können Talente international rekrutiert werden und Stellen schneller und mit den gesuchten Kompetenzen besetzt werden.
Weiterführende Links zum Thema
SECO Private Arbeitsvermittlung und Personalverleih
Scaled Agile Framework (SAFe)