Manchmal hilft eine einfache Auseinandersetzung aus dem Alltag, um eine Idee durchzudenken, zu entwickeln und umzusetzen. Dabei können mögliche Stolpersteine aufgezeigt und so vorgängig vermieden werden. Anforderungen treten im Alltag oft auf. Bestimmt hast du auch in deinem Familien- oder Freundeskreis über Hotelbewertungen diskutiert und ihr hattet vielleicht sogar bei der gemeinsamen Ferienplanung unterschiedliche Anforderungen an die Übernachtungsmöglichkeiten bemerkt.
Kürzlich war ich mit meinem Arbeitskollegen auf einer Geschäftsreise in München. Wir waren zusammen an einem Kongress. Am nächsten Morgen haben wir über das Hotel diskutiert. Meinem Arbeitskollegen gefiel das Hotel nicht besonders. Das Zimmer sei viel zu klein und das Frühstücksbuffet biete nur eine minimale Auswahl. Ich fand das Hotel prima. Die Zimmer waren neuwertig und hinterliessen einen sehr sauberen Eindruck. Mein Arbeitskollege meinte, ein sauberes Zimmer sei nichts Besonderes, das darf man erwarten. Der Austausch brachte mich ins Grübeln. Beide haben unterschiedliche Anforderungen, obwohl wir zur gleichen Zielgruppe Geschäftsreisende gehören. Wie können bei einer neuen Produktentwicklung die Anforderungen korrekt erhoben und umgesetzt werden, insbesondere, wenn man mit einem MVP (engl: minimum viable product, deutsch: minimal funktionsfähiges Produkt) anfängt und sich im ersten Schritt nur auf die wichtigsten Anforderungen konzentriert? Das Hotel wird in erster Linie zum Übernachten gebraucht. Aber lediglich ein kleiner Teil der Kundschaft wäre nur mit einem Bett zufrieden. Wie kann sichergestellt werden, dass eine Kundin oder ein Kunde beim ersten Testen des Produktes nicht gleich die Hände verwirft und das Produkt nie mehr testen möchte, obwohl es gar noch nicht ausgereift ist. Nebst den Basisanforderungen muss das Produkt der Kundschaft sicher einen erheblichen Nutzen bringen. Dieser soll sich auch bei einer starken Konkurrenz klar abheben. Übernachtungsmöglichkeiten gibt es in München zur Genüge, aber mein Arbeitskollege und ich waren uns einig, der Hotelstandort war sehr gut. Es lag direkt neben dem Kongresscenter. Beide schätzten die Lage sehr. Dieser Vorteil hat auch meinen Arbeitskollegen überzeugt. So, dass er sogar wieder einmal dort übernachten wird.
Das Ziel mit einem MVP soll sein, möglichst gute Rückmeldungen direkt aus dem Markt zu bekommen, um das Produkt zu verbessern. Hier helfen sicher die Nachfragen der Mitarbeitenden an der Rezeption und der Fragebogen, den wir bei der Abreise ausgefüllt haben. Bei der nächsten Übernachtung ist dann das Frühstücksbuffet reichhaltiger und das Zimmer verfügt über eine moderne Einrichtung wie zum Beispiel eine im Nachttisch eingebaute kabellose Ladestation. Mein Kollege freut sich sehr, dass seine Rückmeldungen teilweise wahrgenommen und umgesetzt werden und er ist über die Neuerungen im Zimmer positiv überrascht. Das Hotel wird er diesmal bei der Abreise loben und auch gerne weiterempfehlen. Sollten noch weitere Hotels in der Umgebung eröffnet werden, verfügt dieses Hotel dank dem positiven Austausch mit der Kundschaft bestimmt einen Vorsprung.
Wie in diesem praktischen und einfachen Fallbeispiel beschrieben, könnte es auch bei einer komplexeren Produkteentwicklung ablaufen. Deshalb mein Fazit dazu:
MVP kann bei einer neuen Idee ein sehr gutes Konzept sein. Es hilft, das Produkt mit wenig Entwicklungsaufwand sehr früh direkt im Markt zu testen. Dennoch muss das Konzept gut durchdacht werden, um grosse Stolpersteine zu vermeiden. Eine passende Analogie bietet eine andere Betrachtungsweise und hilft, Herausforderungen reibungsloser zu meistern. Des Weiteren unterstützt es auch Stakeholders, die von der technischen Expertise etwas weiter entfernt sind, abzuholen.