In der digitalen Revolution des 21. Jahrhunderts wird oft nur von Errungenschaften digitaler Geschäftsmodelle gesprochen. In Wahrheit finden bahnbrechende Revolutionen nicht nur in den Wissenschaften der Informationstechnologie, sondern auch in der Biotechnologie statt. Diese beiden Kategorien verschmelzt bieten Zündstoff für waghalsige Verschwörungstheorien. Doch sind dies nur Theorien, oder steckt auch ein wenig Wahres dahinter? Was bedeuten die Entwicklungen für uns Menschen. Sind wir den maschinellen Algorithmen machtlos ausgeliefert und manipulierbar? Macht euch Gedanken, es geht uns alle an.
BigData und Algorithmen
Im Zeitalter von BigData sammeln Unternehmen und Institutionen eine riesige Menge von Daten. Dank den technologischen Weiterentwicklungen von Halbleitern können Daten schneller gesammelt, prozessiert und gespeichert werden. Im Jahr 2015 wurden 90% der damals weltweit verfügbaren Datenmengen generiert. Seither verdoppelt sich das Tempo der Datenproduktion alle zwei Jahre. Mit den immensen Datenmengen werden maschinelle Lernmodelle oder Algorithmen gefüttert und entwickeln Fähigkeiten, die den menschlichen sehr nahekommen. KI, Künstliche Intelligenz übertrifft schon heute die Menschen im Lösen von komplexen Aufgaben oder erkennen von Mustern.
Menschliche Fähigkeiten
In der Evolution haben sich die Menschen immer weiterentwickelt. Wir können aber unsere Fähigkeiten in körperliche und kognitive Fertigkeiten unterteilen. Durch die industrielle Revolution sind die körperlichen Fähigkeiten mithilfe von Maschinen teilweise ersetzt worden. Mit den technischen Errungenschaften können wir schlicht nicht mehr mithalten – oder kann ein Mensch schneller Karton zu einem Paket falten als eine Maschine? KI-Revolutionen sind aufgrund Neuerungen in Bio- und Gesellschaftswissenschaften möglich. Sie können die menschlichen Emotionen in biochemische Mechanismen aufteilen und verstehen, wie wir Menschen denken, was wir für Wünsche haben und wieso wir welche Entscheidung treffen. Kurz gesagt, Computer verstehen menschliches Verhalten und können menschliche Entscheidungen vorhersagen.
Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften und der Verhaltensökonomie sprechen bei der menschlichen Intuition von Mustererkennung. Millionen von Nervenzellen berechnen in Echtzeit Wahrscheinlichkeiten auf deren Basis wir Entscheidungen treffen. Der ominöse freie Wille, hat gar nie existiert. Wenn du z.B. eine Schlange siehst, berechnen hochkomplexe biochemische Algorithmen in unserem Hirn die Wahrscheinlichkeit eines Todes. Diese Fertigkeiten sind im Laufe der Evolution immer weiter verfeinert worden. Wir Menschen nehmen diese unterbewussten Vorgänge nicht wahr und schliessen aus solchen Situationen die Existenz des freien Willens, die dir als Mensch die Entscheidung überlässt, was du tun willst.
Aus wissenschaftlicher Sicht existiert der freie Wille nicht. Du triffst Entscheidungen nach Wahrscheinlichkeitsrechnungen deiner Nervenzellen. Die menschliche Intuition ist also de facto eine Mustererkennung. KI konkurriert somit nicht mit menschlicher Intuition, sondern mit Wahrscheinlichkeitsberechnungen und Mustererkennungen neuroanaler Netzwerke. Emotionen sind biochemische Algorithmen, die durch Computer besser entschlüsselt werden als von dir.
Liberale Erzählung, „der freie Wille“
Der Liberalismus in modernen Gesellschaften basiert auf dem Ansatz „des freien Willen individueller Menschen“. Unser Handeln in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind geprägt von Gefühlen, Wünschen und Entscheidungen. Demokratien plädieren, dass Wähler wissen, was richtig und für die Wirtschaft hat der Kunde immer recht. Wir entscheiden oder wählen nicht rational, sondern sind von menschlichen Gefühlen gelenkt. Oftmals fehlt uns in Alltagssituation sowieso das nötige Hintergrundwissen, um rationale Entscheidungen zu treffen. Was passiert mit unserer Welt und uns Menschen, wenn diese Vorgänge in unserem Hirn „gehacked“ und manipuliert werden? In Frühzeiten entsprang die Macht den göttlichen Gesetzen. Durch Aufklärung und Wissenschaft hat der Mensch den Platz an der Macht eingenommen. Kommt nun die nächste Machtverschiebung hin zu den Algorithmen? Klar ist, die technologische Revolution etabliert die Macht von BigData Algorithmen.
Wir Menschen haben bereits heute in gewissen Bereichen im Alltag die Entscheidungen solchen Algorithmen überlassen. Google hat es in zwei Jahrzehnten geschafft, dass wir seinem Algorithmus die Suche nach relevanten und vertrauenswürdigen Informationen anvertrauen. Auch für die Orientierung und Navigation vertrauen wir nicht mehr unseren „Instinkten“, sondern lassen Google Maps entscheiden, welchen Weg wir wählen. Es ist eine Frage der Zeit, bis wir weitere wichtige Entscheidungen in unserem Leben, wie die Wahl einer Ausbildung, des Arbeitsplatzes oder des Ehepartners der künstlichen Intelligenz überlassen.
Wem gehören die Daten?
Wenn wir verhindern wollen, diesem Trend ausgeliefert zu sein, müssen wir den Besitz von Daten regeln. Dies ist vielleicht die wichtigste politische Frage unserer Zeit. Unsere Gesellschaft hat über Jahrzehnte gelernt den Grundbesitz zu regulieren, aber wie lassen sich Daten regulieren? Datenschutzgesetze versuchen die Rechte von uns Menschen in diesem Bereich zu verbessern. Aber ich bezweifle stark das wir dazu in der Lage sind, selbst über unsere Daten zu verfügen. Ich bin der Meinung, die Macht über die Daten muss zwingend verteilt werden und darf nicht einzelnen Institutionen vorbehalten sein. Aus meiner Sicht muss geklärt werden, wer entscheidet, was mit den Daten passiert – insbesondere durch die immer neu geschaffenen Datenmengen.
Fazit
Mir ist wichtig, dass DU dich mit der Thematik kritisch auseinandersetzt. Es geht uns alle an. Jeder muss sich seine Grenzen bei der Datenpreisgabe selbst setzten und für seine Ansichten einstehen. Hoffen auf politische, respektive gesetzliche Einschränkungen oder Korrekturmassnahmen sind mit einer gewissen Unsicherheit verbunden. Denn die Gesetzgebung bringt üblicherweise erst mit mehreren Jahren Verzug neue Regelungen und wird uns Individuen nie genügend schützen können.
Ich empfehle jedem sich aktiv mit dem Thema zu befassen, insbesondere denen, die in Unternehmen die Datensammlung und -Speicherung aktiv mitgestalten. Weiterführende Informationen sind im Buch „21 Lektionen für das 21. Jahrhundert“ von Yuvel Noah Harari zu finden. Er erläutert die diversen Theorien mit anschaulichen Beispielen und schafft es, den Leser zum Denken anzuregen.