Arbeit 4.0: Welche Arbeitsplatzform für welche Aufgabe?

Arbeit 4.0 ist die neue Heilsversprechung. Weg vom unflexiblen Kleinbüro hin zur Multi-Space-Arbeitswelt und mobil-flexiblen Arbeitsmodellen – die nebst dem Arbeitsplatz im Büro auch das Arbeiten im Homeoffice oder im Lieblingskaffee ermöglichen. Die Zustimmung zur flexiblen Arbeitsumgebung ist im Vorfeld hoch. Doch wenn es an die Umsetzung geht, werden oft Stolpersteine ersichtlich.

Multi-Space-Arbeitsumgebungen
Multi-Space Arbeitsumgebungen für mobil-flexibles Arbeiten.

Arbeit 4.0 und das kreative Kapital

Während Industrie 4.0 die intelligente Vernetzung von Mensch, Organisation und Produktion ist, kann Arbeit 4.0 als intelligente Vernetzen von Mensch, Organisation und Produkt/Aufgaben gesehen werden. Dabei sollen Aufgaben örtlich und zeitlich flexibel erledigt werden. Start-Ups leben diese flexiblen Arbeitsweisen bereits. Aber auch klassisch  hierarchische Organisationen machen an der Spitze einen Powershift durch und verwandeln sich zu Netzwerkorganisationen. Die Mitarbeiter:innen arbeiten virtuell und in wechselnden Teams und werden nicht mehr von einem Boss, sondern von einem Leader geführt. Der kreative Output dieser Netzwerk-Teams ist das neue Kapital der Firma. Innovationen hängen von vielen glücklichen Zufällen ab, weshalb sie als schwer oder gar nicht organisierbar gelten. Aber der Boden für Innovation kann – unter anderem – durch die optimale Ausgestaltung der Arbeitsmodelle und Arbeitsumgebung begünstigt werden.

Arbeit 4.0 und die Hochschulen

Hochschulen haben sich, so Lothar Zechlin, zu Managementorganisationen entwickelt. Dabei ist es zu einer Hierarchisierung gekommen. Während die früheren Ordinarienuniversitäten quasi von den Lehrstuhlinhabern (Ordinarien) kleinteilig geführt wurden, müssen die heute als Managementunternehmen organisierten Hochschulen ihre immer stärker in Verwaltungsprozessen organisierten Abläufe wieder flexibilisieren. Entsprechend offen stehen sie Veränderungen im Rahmen von Arbeit 4.0 gegenüber. Sie sind bereit, Investitionen in eine neue Arbeitsumgebung zu leisten. Multi-Space, Shared- und Clean-Desk sowie Homeoffice sind die Schlagworte. Eine Analyse an der Pädagogischen Hochschule Zug zeigt, dass die breite Zustimmung zur Einführung eines flexiblen Arbeitsplatzkonzepts nach einer genaueren Prüfung der Konsequenzen für die einzelnen Teams rasch schrumpft. Der Verlust des intimen Zweierbüro, der damit verbundenen eigenen Ablage sowie der Bedarf nach einer klar definierten und fix zugewiesenen «Homebase» wird seitens Mitarbeiter:innen gegen Multi-Space-Lösungen hervorgebracht. Ad hoc zu führende, vertrauliche Gespräche sowie vertrauliche Unterlagen werden seitens der Führung als Hinderungsgrund genannt.

Rahmenbedingungen der Organisation und Humanfaktor

Die Umgestaltung der Arbeitsumgebung muss einerseits zum Unternehmen passen und andererseits von der Führung aber auch von den Mitarbeiter:innen getragen werden. Entsprechend ist es wichtig, im Vorfeld einer Arbeitsweltreform das Unternehmen und die Menschen dahinter und darin zu analysieren:

  • Welches Arbeitsmodell leben wir? Ist orts- und zeitunabhängige Arbeitserbringung möglich und sinnvoll?
  • Wie digital sind wir bzgl. IT-Infrastruktur unterwegs?
  • Wie ist unsere Organisation strukturiert? Eher hierarchisch oder eher flexibel-agil?
  • Bezogen auf den Bürokomplex: Wie sieht unsere Architektur aus? Über welche Infrastruktur verfügen wir?
  • Wie sieht unsere Unternehmenskultur aus und welche Auswirkungen hätte eine Arbeitsweltreform?
  • Fordert die Führung Kollaboration und Teamleistung oder doch eher die Einzelleistung?

Fazit

Nicht jede Arbeitsform passt zu jedem Unternehmen. Ein flexibler Arbeitsplatz hängt stark vom Digitalisierungsgrad und vom Veränderungswillen des Unternehmens ab. Zudem kommt es darauf an, welche Form für welche Aufgabe passt.

Beitrag teilen

Samantha Lottenbach

Samantha Lottenbach war bis Ende 2021 Generalsekretärin der PH Zug und bloggt aus dem Unterricht des CAS Digitale Transformation.

Alle Beiträge ansehen von Samantha Lottenbach →

Schreibe einen Kommentar