Security Token Offerings: eine Momentaufnahme für Liechtenstein 2022

STOs haben in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung erlebt und sich als alternative Form der Unternehmensfinanzierung für internetaffine Startups etabliert. Liechtenstein hat früh das Potential erkannt und dabei eine Schlüsselrolle eingenommen. Die FMA konnte so seit 2018 durch eine pragmatische Auslegung des geltenden Rechts den Weg für eine Reihe von STOs ebnen. 2021 folgte dann ein markanter Rückgang. Seit Kurzem verzeichnet die FMA wieder eine erhöhte Nachfrage.

Liechtenstein als «Crypto Country» zeigt sich gegenüber den neuen technologischen Entwicklungen der DLT sehr aufgeschlossen und möchte sich als attraktiver Standort für Startups präsentieren. Vor diesem Hintergrund hatte die Finanzmarktaufsicht (FMA) 2018 erstmals in Europa für ein Fintech einen Prospekt zur Durchführung eines STOs auf der Grundlage des europäischen Wertpapierprospektrechts gebilligt. Dies war der Startschuss für viele weitere Startups mit Fokus auf der Blockchain-Technologie, allen voran Ethereum. In Liechtenstein wurden jährlich vier bis fünf STOs durchgeführt. 2021 billigte die FMA dann nur noch einen einzigen Token-Prospekt. Dieser Rückgang war offensichtlich nur von kurzer Dauer, denn die FMA berichtet von einem regen Interesse von Fintechs, die in 2022 ein STO durchführen wollen. Der Trend scheint demnach ungebrochen.

Aus guten Gründen begeistern sich Fintechs weiterhin für diese attraktive Methode der Kapitalbeschaffung, die ohne traditionelle Banken oder Börsen auskommt. Ein STO ermöglicht neue Opportunitäten für ein Token-basiertes Fundraising in einem regulierten Umfeld, was den Investoren zusätzliche Sicherheit bietet. STOs senken die Kapitalkosten während Liquiditätspools Unternehmen, die nicht an die Börse gehen wollen, einen Sekundärhandel ermöglichen. Die steigende Popularität der Tokenisierung von Vermögenswerten – gerade auch mittels STOs – überbrückt die Kluft zwischen den traditionellen und den neuen Kapitalmärkten.

Was ist ein Security Token?

Je nach der konkreten Ausgestaltung und mit Rücksicht auf die digital „verkörperten“ Rechte, werden Token in Payment Token, Utility Token und Security Token (auch Asset Token genannt) unterschieden. Allerdings sind auch hybride Ausgestaltungsformen möglich. Security Token können gegenüber dem Emittenten digital gesellschaftsrechtliche (z.B. Gewinn- oder Dividendenansprüche) oder schuldrechtliche (z.B. Zinszahlungen, Rückkaufverpflichtungen) Ansprüche vermitteln. Hierin sind sie vergleichbar mit „klassischen Wertpapieren“ wie Aktien oder Anleihen. Die Rechtsnatur von Security Token ist nicht zweifelsfrei geklärt. Die Frage, ob die Ausgabe von Token mittels eines STOs aufsichtsrechtlich relevant ist, beurteilt die FMA in jedem Einzelfall technologieneutral anhand des bestehenden Rechts (Prinzip: „substance over form“). Neue Gesetze mussten dafür nicht geschaffen werden.

Wann ist ein Token ein Wertpapier?

Security Token qualifizieren unter bestimmten Voraussetzungen als übertragbare Wertpapiere. Daraus folgt, dass bei einem öffentlichen Angebot von Security Token grundsätzlich ein Prospekt erstellt werden muss. Die Voraussetzungen dafür, dass ein Token als Wertpapier im Sinne des Kapitalmarktrechts anzusehen ist, sind insbesondere:

  • seine Übertragbarkeit,
  • seine Handelbarkeit am Finanzmarkt bzw. Kapitalmarkt, wobei Handelsplattformen für Kryptoassets grundsätzlich als Finanzmärkte bzw. Kapitalmärkte angesehen werden können,
  • die Verkörperung von Rechten im Token, d.h. entweder Gesellschafterrechten oder schuldrechtlichen oder mit Gesellschafterrechten oder schuldrechtlichen Ansprüchen vergleichbaren Ansprüchen, die im Token verkörpert sein müssen, und
  • der Token darf nicht die Voraussetzungen eines Zahlungsinstruments erfüllen.

Die Verbriefung des Tokens in einer Urkunde ist selbstredend nicht notwendig.

Für Schweizer Fintechs bietet sich Liechtenstein als naher Hub zu den EU-/EWR-Staaten an. Ein von der FMA gebilligter Prospekt kann notifiziert werden (Passporting).

Links:

FINMA (CH) Wegleitung ICOs

ESTV (CH) Arbeitspapier ICOs

BaFin (D) Merkblatt ICOs

Beitrag teilen

Reinhold Schorer

Reinhold Schorer, Dr. iur., LL.M. (International Taxation), ist Jurist bei der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA), Vaduz, und bloggt aus dem Unterricht des CAS Blockchain. Schwerpunkte seiner beruflichen Tätigkeit sind die Aufsicht über Fondsleitungen und die Billigung von Wertpapierprospekten.

Alle Beiträge ansehen von Reinhold Schorer →

Schreibe einen Kommentar