FemTech: Wieso man(n) investieren will

Frauen haben es auf dem Investitionsmarkt schwer: Einerseits sind weibliche Firmengründerinnen bei der Erschliessung von Investitionskapital benachteiligt. Andererseits werden lediglich 4% der Forschungs- und Entwicklungsausgaben in FemTech investiert – obwohl 50% der Weltbevölkerung weiblich sind. Es ist an der Zeit, in Fem Tech zu investieren. Und dies aus guten Gründen: FemTech bietet riesiges Potenzial.

FemTech bezeichnet technologiebasierte Services, die auf die spezifischen gesundheitlichen Bedürfnisse von Frauen ausgerichtet sind: Fertilität, Schwangerschaft, Menstruation, Wechseljahre und Wohlbefinden. Bekannte Beispiele sind:

  • Ava – in der Schweiz gegründet – erkennt mittels Wearable die fruchtbaren Tage.
  • Das Schweizer Start-up Pregnolia hat ein Frühwarnsystem entwickelt, um Frühgeburts-Risiken besser abzuschätzen.
  • Elvie Trainer ist ein intelligenter Beckenbodentrainer, der Frauen bei den Übungen mittels Feedbacks über eine App korrekt anleitet.

Anreize, um den schlafenden Giganten zu wecken
Es gibt vier starke und einleuchtende Gründe, weshalb sich ein finanzielles Engagement als Investor:innen in FemTech-Unternehmen auszahlt:

  1. Grosses Marktvolumen
    FemTech-Gründer:innen erhalten oft kein Risikokapital, weil die meist männlichen Investoren FemTech-Services als «Frauending» bezeichnen. Was sie dabei aber nicht bedenken: 50% der Weltbevölkerung sind Frauen und diese nutzen zudem 75% häufiger digitale Gesundheits-Tools als Männer. FemTech ist strategisch also absolut kein Nischenmarkt!
  1. Riesiges Potenzial
    Dazu kommt, dass Frauen 29% mehr für medizinische Leistungen ausgeben als Männer. Wer diese Zielgruppe nicht bedienen will, verpasst schlicht eine riesige Geschäftschance. Zumal Studien von einem rasanten Wachstum der FemTech-Branche ausgehen und weltweit einen Umsatz von 50 Milliarden US-Dollar bis 2025 erwarten (2019: 820 Mio. US-Dollar).
  1. Return on FemTech Investment
    Wenn also ein Grossteil der Ausgaben für Medizinprodukte von Frauen getätigt wird, so ist es offensichtlich, dass FemTech nicht nur einen attraktiven ROI für Investor:innen bietet, sondern darüber hinaus einen volkswirtschaftlichen Nutzen stiftet. Gesündere Frauen und risikoärmere Schwangerschaften führen zu weniger Gesundheitsausgaben und somit zu weniger Belastung der weltweit angeschlagenen Gesundheitssysteme.
  1. Tue Gutes und sprich darüber
    Genderspezifisch spekulative Annahmen sind in der Medizin häufig und führen immer wieder zu falschen Behandlungen. Wir müssen endlich weg vom Gender-Data-Gap und hin zur gendersensiblen Medizin: Das kann Leben retten und Leid ersparen. Und genau da setzen FemTech-Services an, denn sie sind meist von Frauen für Frauen gemacht. Dank technologiebasierten Lösungen werden Frauen an entlegenen Orten erreicht und medizinische Unterstützung zu fairen Preisen wird möglich.

Fem Tech braucht Zugang zu Risikokapital
Nur ist die Tech-Welt nach wie vor männlich dominiert; Start-ups von Frauen werden am Risikokapital weit unterdurchschnittlich beteiligt. Doch es gibt auch Lichtblicke, zum Beispiel die Hochschule Luzern. Sie erleichtert mit «Funding Female Founders» Gründerinnen den Zugang zum dringend benötigten Kapital. Keine Selbstverständlichkeit, denn Frauen-Start-ups werden deutlich seltener unterstützt, da Investorinnen (noch) rar sind (diese aber öfters in FemTech-Start-ups investieren als ihre männlichen Pendants).

Zudem sind FemTech-Themen nach wie vor tabuisiert, vor allem bei Männern. Auch verbieten Google Adworks, Facebook und andere Werbeflächen etliche Wörter, die für das Bewerben von FemTech nötig sind. Somit haben die Produkte für Frauen oft weniger Möglichkeiten, bekannt gemacht zu werden und sind deshalb generell weniger interessant für Investor:innen. Im Jahr 2021, so sollte man meinen, sei die Zeit reif, dass weibliche Körperteile im Rahmen einer Produkterklärung benannt werden dürfen. Vor allem wenn es dazu beiträgt, dass die Hälfte der Weltbevölkerung Zugang zu medizinischen Services bekommt.

 

Weiterführende Links zum Thema

Vernachlässigter Milliardenmarkt – Warum es sich lohnt, in Menstruations-Apps zu investieren | Tages-Anzeiger (tagesanzeiger.ch)

Frost & Sullivan Defines Top FemTech Global Opportunities by 2024

Femtech | Time for a Digital Revolution in the Women’s Health Market (frost.com)

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Corinne Elvedi

Corinne Elvedi ist Project Manager bei Swissport International Ltd und bloggt aus dem Unterricht des CAS Digital Business Innovation. Sie will mit diesem Blogbeitrag dazu beitragen, dass ihre Kinder in einer Welt aufwachsen, in der die besten Ideen unterstützt werden - egal von welchem Geschlecht sie stammen.

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