Anforderungen dokumentieren – in drei Schritten zum Ziel

Kennen Sie das? Ihr Vorgesetzter hat sich entschieden eine Software anzuschaffen und Ihnen den Auftrag erteilt den Funktionsumfang festzuhalten. Doch wie geht das? Nachfolgend finden Sie drei einfache Werkzeuge als Hilfe.

Nicht nur die Entscheidung für den richtigen Anbieter, sondern auch der gut erfasste Anforderungskatalog kann Sie bei der Beschaffung neuer Software vor einer bösen Überraschung schützen. Sind Anforderungen an gewünschte Produkte zu ungenau angegeben, sind Missverständnisse und Kostenfolgen vorprogrammiert. Falls Sie in Ihrem Bereich also über niemanden mit Requirements Engineer Wissen verfügen, nutzen Sie nachfolgende Tipps. Minimieren Sie Unklarheiten mit einfachen Grundsätzen des natürlichsprachigen Verfassens von Anforderungen, des Schreibens von  Anforderungen in Schablonensätzen und der gezielten Abgrenzung des Systemumfangs.

1. Was gehört zur gesuchten Lösung? Wie definieren Sie die Systemgrenze? Anforderungskataloge decken selten 100% der gewünschten Anforderungen ab. Versuchen Sie deshalb mit Ihrem Team alle möglichen Arbeitsschritte für den Bereich vollständig aufzulisten. Grenzen Sie danach ab, was nicht im System enthalten sein soll.

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Eine moderne Videocall-Software wie Zoom erfüllt alle von Ihnen genannten Anforderungen. (Quelle: https://www.pexels.com/de-de/)

Beispiel: Beschaffung einer Telekommunikationslösung

Ein Kunde soll telefonisch kontaktiert werden können. Der Arbeitsablauf soll wie folgt aussehen:

  1. Kundendaten in Excel aufrufen
  2. Telefonnummer wählen
  3. Anruf erfolgt an die gewünschte Nummer
  4. Nach Anrufende verrechnet die Telekomfirma monatlich die anfallenden Gebühren für Anrufe

    Telefon mit Nummerndrehrad
    Ein älteres Telefon erfüllt fast genau so viele Anforderungen wie eine Videocall-Software. (Quelle https://www.pexels.com/de-de/)

Angenommen Sie lassen im obenstehenden Beispiel den Punkt «Kundendaten in Excel aufrufen» weg, weil die Kundendaten nicht zum Produkt gehören, dann hat dies starken Einfluss auf den Lösungsumfang! Ein Softwarelieferant wird Ihnen ein Produkt liefern, dass eine Videotelefonie-Lösung mit importierbaren Kundenkontakten z.B. Zoom oder aber ein kabelgebundenes Telefon enthält.


2. Nutzen Sie natürliche Sprache bei der Beschreibung der System-Anforderungen.

Verwenden Sie konkrete Wörter und verzichten Sie auf unklare, schwammige Ausdrücke. Andernfalls besteht zu viel Interpretationsspielraum, was zu unerwünschtem Verhalten oder falschem Erscheinungsbild der angeforderten Funktion führt.

Beispiel Buchhaltung: Ihre Leiterin der Buchhaltung fordert z.B.: «Die neue Software soll den Aufwand der Abteilung Finanzen minimieren.

Das Wort «minimieren» ist zu ungenau. Die einzuführende Software halbiert in der Finanzabteilung vielleicht die Kosten oder die Kosten sinken nur um 100.- CHF. In beiden Fällen stimmt die angeforderte Auswirkung für den Lieferant. Doch wird ihr Management Ihnen nicht in beiden Fällen zur Anschaffung gratulieren.

Verbesserung: Die neue Buchhaltungssoftware soll eine Reduktion des Personalaufwandes von heute 20 Vollzeitstellen innerhalb der nächsten 2 Jahren um mindestens 2 Vollzeitstellen ermöglichen.


3. Verwenden Sie Schablonen beim Verfassen der Anforderungen, um ihrem Vorhaben den notwendigen Feinschliff zu geben. Die natürlichsprachige Dokumentation ist nicht immer einfach zu erstellen. Für Abhilfe sorgen Sie dort mit der Verwendung von Satzschablonen. Sie gehen mit Ihrem Team so Punkt für Punkt durch ihre Prozesse und haben die Anforderungen innert kürzester Zeit spezifiziert.

Anforderung ist anhand einer Zielschablone spezifiziert.
Nach bekannten Ansätzen des Requirement Engineering hilft diese Schablone ihre Anforderung gezielt zu Beschreiben. Nutzen Sie dieses Hilfsmittel wo notwendig, achten Sie aber darauf ob die Schablone für diese Anforderung geeignet ist! (Grafikquelle: Christine Rupp, Die Sophisten: Requirements-Engineering und Management, ISBN 978-3-446-45587-0 / Carl Hanser Verlag )

Zum Schluss mein Tipp zur erfolgreichen Anforderungsdokumentation:

Nutzen Sie einen Mix aus diesen drei Werkzeugen für alle Anforderungen und ihre Vorgesetzte wird über das Resultat beeindruckt sein!


Weiterführende Literatur:

Christine Rupp, Die Sophisten: Requirements-Engineering und Management, ISBN 978-3-446-43893-4 / Carl Hanser Verlag

Ian F. Alexander, R. Stevens: Writing Better Requirements, ISBN 0-321-13163-0 / Addison-Wesley

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Christoph Weber

Christoph Weber ist Projektingenieur bei der IVU Traffic Technologies AG und bloggt aus dem Unterricht des CAS Requirement Engineering.

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